Bei der Planung einer verfahrenstechnischen Anlage ist das Rohrleitungs- und Instrumentenfließbild (R&I) ein zentrales Dokument. Im Vordergrund der Darstellung steht dabei nicht der verfahrenstechnische Prozess, sondern eine symbolische Abbildung der Anlagenelemente. Dargestellt werden sowohl die Verbindungen zwischen den Anlagenelementen, als auch die automatisierungstechnischen Verknüpfungen zwischen Mess- und Regelapparaturen. Das R&I-Fließbild beinhaltet somit alle wesentlichen Bestandteile der Anlage und ist ein Dokument, das über den gesamten Lebenszyklus hinweg gepflegt wird.

Vielfach verwenden die in den weiteren Planungsschritten eingesetzten Werkzeuge das R&I-Fließbild als Planungsgrundlage. Hierfür nutzen sie die im R&I abgelegte Struktur und reichern diese mit ihren aufgabenspezifischen Inhalten an.
Exemplarisch stellt sich dieser Vorgang wie folgt dar: In der graphischen Darstellung des R&I-Fließbildes wird beispielsweise eine Pumpe mit dem zugehörigen Symbol eingefügt, eindeutig gekennzeichnet und mit den umgebenden graphischen Symbolen verbunden. Daraus resultiert die Struktur der Anlage. In der Aufstellungsplanung wird diese Struktur eingelesen und die Pumpe im dreidimensionalen Raum positioniert. Der elektrische Anschluss der Pumpe an die Energieversorgung erfolgt in der Elektroplanung wiederum auf Grundlage des R&I-Fließbildes. Auch der für die Automatisierungstechnik relevante PLT-Stellenplan wird auf Grundlage des R&I erstellt. Letztendlich werden die Anlagenelemente im R&I-Fließbild erstmalig identifiziert und in den darauf aufbauenden Planungsschritten mit zusätzlichen Informationen angereichert.

Vielfältige Planungswerkzeuge nutzen das R&I

Zu jedem der zuvor dargestellten Planungsschritte existiert eine Vielzahl verschiedener Werkzeuge unterschiedlicher Hersteller, die dazu dienen, den Bearbeiter zu unterstützen. Intern speichern diese Werkzeuge die mit ihnen erzeugten Teilergebnisse der Planung häufig in einem werkzeugabhängigen Datenformat. Das R&I-Fließbild wird häufig ebenfalls auf Basis dieser werkzeugabhängigen Datenformate an Werkzeuge nachfolgender Planungsschritte weitergegeben. Dabei ist es notwendig, dass die nachfolgenden Werkzeuge dieses Austauschformat problemlos interpretieren können. Für aufeinander abgestimmte Werkzeuge bzw. Werkzeuge eines Herstellers existieren angepasste Schnittstellen, über welche die notwendigen Informationen barrierefrei weitergegeben werden. Diese Schnittstellen verursachen aufgrund der laufenden Neu- und Weiterentwicklung der Werkzeuge ständige Anpassungskosten und erschweren die Integration weiterer Werkzeuge in die Planungskette.

Das natürliche Bestreben der für einen Planungsschritt verantwortlichen Person, das für die jeweilige Aufgabe bestmögliche Werkzeug zu verwenden, muss aus diesem Grund der nahtlosen Integration aller an der Planung beteiligten Werkzeuge untergeordnet werden. Der Planer kann also durch die zur Verfügung stehenden Schnittstellen der Werkzeuge in seiner Auswahl eingeschränkt werden.

Einheitliches Austauschformat nötig

Um die für die Schnittstellen anfallenden Kosten zu reduzieren, und um das volle Potenzial der am Markt zur Verfügung stehenden Werkzeuge ausschöpfen zu können, bedarf es eines einheitlichen Datenaustauschformates. Dies bedeutet neben der Einigung auf eine gemeinsame Syntax mit der zugehörigen Semantik, wie z.B. in der IEC 62424/CAEX erfolgt, die Definition der zur Abbildung der Anlage eingesetzten Elemente. Hierzu ist neben der Auswahl der Elemente auch die Festlegung der zu den Elementen zugehörigen Attribute und Schnittstellen nötig. Genau diese datentechnische Abbildung des graphisch standardisierten R&I-Fließbildes (vgl. u.a. ISO 10628 und DIN 19227) fehlt derzeit und sollte durch ein ggfs. zu gründendes Normungsgremium festgelegt werden. Für eine allgemeine Akzeptanz ist die Mitarbeit aller am Planungsprozess Mitwirkenden unerlässlich.

Anhand des zuvor eingeführten Beispiels der Pumpe soll die Problematik verdeutlicht werden: Die symbolische Darstellung der Pumpe im R&I-Fließbild wird durch vorhandene Normen eindeutig geregelt. Eine datentechnische Abbildung des mit dieser Pumpe und weiteren Anlagenelementen dargestellten Fließbildes ist bisher aber nicht genormt. Dies führt dazu, dass aus n verschiedenen Werkzeugen auch bis zu n verschiedene datentechnische Abbildungen entstehen, wie links in Bild … schematisch dargestellt.
Näher betrachtet, erzeugt beispielsweise Werkzeug 1 als datentechnische Abbildung der Pumpe ein Element vom Typ „pump“ mit den Attributen „x“, „y“ und „angle“ sowie den Produktschnittstellen „NIn“ und „NOut“. Ein anderes, ebenfalls zur Erstellung des R&I vorgesehenes Werkzeug, würde aber aus der identischen graphischen Darstellung das Element vom Typ „Pumpe“ mit den Attributen „xPos“, „yPos“ und „Phi“ sowie den Stutzen „N1“ und „N2“ erzeugen. Dieses einfache Beispiel zeigt bereits die Komplexität mit der ein weiterverarbeitendes Werkzeug umgehen können muss. Dabei handelt es sich hier lediglich um zwei der am Markt vorhandenen Werkzeuge. Außerdem sind die vorgestellten Abbildungen lediglich in ihrer Namensgebung unterschiedlich, während sich in der Realität deutlich größere Divergenzen zwischen den eingesetzten Werkzeugen zeigen.

Allgemeingültige Typisierung verringert den Aufwand

Eine eindeutige und allgemeingültige Typisierung der Elemente auf Basis einer gemeinsamen Norm (z.B. ISO 10628) und einer gemeinsamen Attributierung (z.B. NE100) sowie der eindeutigen Schnittstellenbeschreibung (z.B. IEC 62424) bietet den Vorteil, den Aufwand für den Austausch der Daten zwischen Werkzeugen zu reduzieren. Insbesondere die Einführung neuer bzw. weiterentwickelter Werkzeuge wird somit deutlich beschleunigt. Dies ermöglicht eine Konzentration auf die Kernaufgabe des Planungsschrittes, ohne die ansonsten notwendige Beachtung der Integrationsfähigkeit in die vorhandene Werkzeugkette.

Der Anlagenbetreiber erhält durch das Vorliegen der Anlagenplanungsdaten in einem neutralen und standardisierten Format zukunftssichere Unterlagen, auf deren Grundlage jederzeit ein Reengineering der vorhandenen Anlage ohne den ansonsten entstehenden Migrationsaufwand erfolgen kann. Das erneute Abbilden der Anlage in zu diesem Zeitpunkt aktuelle Werkzeuge erübrigt sich, da dies von den Werkzeugen direkt unterstützt wird. Dem Anwender der Werkzeuge ermöglicht das beschriebene Vorgehen die freie Wahl des Werkzeuges und eine teilweise Automatisierung des Engineering-Vorganges. Die heute immer noch häufig auftretende Problematik der Integration neuer Werkzeuge in die bestehende Werkzeugkette entfällt.
Für den Werkzeughersteller entfällt die beschriebene Schnittstellenproblematik beim Austausch der Daten zwischen den Werkzeugen unterschiedlicher Planungsphasen. Dies stellt ein deutliches finanzielles Einsparpotenzial dar. Somit bietet die Einführung eines einheitlichen Datenaustauschformates durch Festlegung der Elemente mit den zugehörigen Attributen und Schnittstellen allen Beteiligten Vorteile.
Eine zukünftige Weiterentwicklung des gemeinsamen datentechnischen Verständnisses könnte hin zu einem generellen Austauschformat für alle an der Planung beteiligten CAE-Werkzeuge führen. So würde jedes Werkzeug einer Planungsphase das Modell um die Engineering-Informationen der jeweiligen Phase ergänzen. Die in einem Werkzeug erzielten Planungsfortschritte stünden auf diese Weise direkt in allen beteiligten Werkzeugen zur Verfügung, wie es bisher nur bei der Verwendung aller Werkzeuge aus einer Hand möglich ist.

Um dieses Ideal zu erreichen, ist die gemeinsame Diskussion zwischen Werkzeugherstellern, Anwendern und Anlagenbetreibern notwendig. Zusammen müssen sich diese über die benötigten Anlagenelemente sowie deren zugehörige Attribute und Schnittstellen einig werden. Dazu ist es nötig, diese in einem einheitlichen und allgemein verständlichen Format festzuhalten. Auf Basis der IEC 62424 wurde von den Autoren eine entsprechende erste Anregung auf dem Kongress Automation im Juni 2008 vorgestellt.

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