Engineered Products 028
  • Der Markt im Bereich der Prozessdruckentlastung entwickelt sich stetig weiter, und immer wieder eröffnen sich neue Möglichkeiten. Damit können Unternehmen sowohl die Sicherheit ihrer Mitarbeiter und Anlagen steigern.
  • Eine korrekt ausgewählte Lösung ermöglicht Betreibern nicht nur die besten Prozessbedingungen bei optimaler Sicherheit, sondern auch die eigenen Kosten zu kontrollieren. Denn: Je größer die Anlage, desto verheerender die Auswirkungen einer Fehlfunktion.
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Die Berstscheiben sind in Durchmessern bis 1.000 mm erhältlich. Bild: Fike + zera93 – Fotolia

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Berstscheiben sind in der Prozesstechnik fast überall im Einsatz. Bild: Fike

Eventuell ein unscheinbares Ersatzteil, zugekauft mit der Maschine eines bekannten Anlagenbauers, erfüllt die Prozessberstscheibe dennoch die wichtigste Funktion überhaupt: Sie unterstützt bei der Arbeitssicherheit von Mitarbeitern sowie den Schutz des Equipments. Während Fachleuten sicherlich sofort einige Anlagenteile einfallen, die einen Überdruckschutz benötigen, wird oft übersehen, welche Bandbreite es bei möglichen Lösungen gibt. Für bestimmte Überdruckschutzanwendungen kommen stets eine Prozessberstscheibe oder ein Sicherheitsventil zum Einsatz – denn das war schon immer so und gilt als Standard. Doch was wird an Alternativen geboten? Ein simpel erscheinendes und dennoch in der Industrie noch kaum verbreitetes Konzept sind Prozessberstscheiben mit großen Durchmessern als Ersatz für Ventile, die gesteuert in langen Intervallen (z. B. einmal jährlich) oder im besten Fall gar nicht auslösen. Im Gegensatz zu typischen Prozessberstscheiben in Handflächengröße haben diese Durchmesser von 500 bis 1.000 mm.

Eine Scheibe, viele Möglichkeiten

Wo solche Berstscheiben zum Einsatz kommen können, zeigen die folgenden Anwendungsbeispiele:

  • Raffinerien: Diese Betriebe unterscheiden sich stark in Größe und Komplexität. Einen typischen Prozess stellen hier GTL-Anwendungen (gas to liquids) dar. Bei diesen trennt die Anlage Wasser und andere Kondensationsprodukte von der Gasphase. Danach wird das Gas abgekühlt und ein Destillationsverfahren eingeleitet, woraufhin Methan verbleibt. Ein externes Feuer oder Fehlfunktionen im Ablauf des Prozesses können schnell zu extremen Überdrucksituationen führen, welche Betreiber durch Prozessberstscheiben mit entsprechenden Durchmessern mit optimalen Ansprechzeiten entlasten können. Je umfangreicher eine Anlage, desto mehr sekundäre Umwandlungsprozesse kommen gemeinhin zum Einsatz. Unter diesen gibt es natürlich weitere Anwendungsmöglichkeiten wie im Bereich der FCC-Installationen (fluid catalytic cracking). Es handelt sich hierbei um einen chemischen Prozess, der unter Einbringung eines Katalysators vorhandene Moleküle aufbricht, um zusätzliche Produktionseffizienz zu gewinnen. Zwischenfälle in solchen Anlagen sorgen für extreme Druckanstiegsgeschwindigkeiten, welche eine unverzügliche Druckentlastung notwendig machen, um Schäden an der Anlage zu vermeiden.
  • Reaktoren: Röhrenartige Reaktoren stellen eine in der Chemieindustrie weit verbreitete Bauform dar. Hier laufen oft Prozesse ab, welche entweder große Mengen an Hitze generieren oder wobei es wichtig ist, Substanzen in Suspension zu halten. Diese Geräte operieren bei Drücken von mehreren Hundert bar und finden Anwendung in der Produktion vieler wichtiger Vorprodukte in der Industrie; beispielsweise Maleinsäureanhydrid oder Acrylsäure. Während Ersteres in vielen Beschichtungen und Polymeren zum Einsatz kommt, nutzen Anwender Zweiteres neben der Weiterverarbeitung zu Acrylsäureäthylenester auch in Farben und anderen Haftmitteln. Diese Prozesse neigen zu instabilen Konditionen, welche zu schnellen Druckanstiegen bei hohen Temperaturen führen können. Um die optimale Prozesseffizienz ebenso wie die Sicherheit des Personals sicherzustellen, muss eine Druckentlastungslösung mit möglichst geringen Toleranzen und hoher Effizienz arbeiten.

Natürlich gibt es noch diverse andere Anwendungsmöglichkeiten im Kraftwerksbereich, bei größeren Abgasanlagen oder Gasfackeln, denen man sicherlich jeweils einen eigenen Artikel widmen könnte.

Ventil vs. Scheibe

Eine Prozessberstscheibe mit hohem Durchmesser stellt immer dann eine geeignete Lösung dar, wenn sehr schnelle Druckanstiege zu erwarten sind oder es gilt, große Volumina zu schützen. Weiterhin bietet sich der Einsatz solcher Berstscheiben immer dann an, wenn hohe Entlastungskapazitäten und Effizienz notwendig sind oder die Dichtigkeitsanforderungen an das System sehr hoch ausfallen. Und nicht zuletzt sind auch solche Fälle interessant, in denen Betreiber Wartungskosten für Sicherheitsventile minimieren wollen. Die nicht wiederverschließende Natur von Prozessberstscheiben sowie die Notwendigkeit einer Halterung gelten bei Anwendungen dieser Dimension oft als Kriterium, um den Einsatz eines Sicherheitsventils zu begründen. In der Realität sind aber Sicherheitsventile mit solchen Abmessungen, wenn überhaupt verfügbar, oft Sonderanfertigungen und damit preislich deutlich über einer Halterung mit mehreren Ersatzberstscheiben anzusiedeln. Bekannte Produzenten listen hier in extremen Fällen auch Lieferzeiten von einem halben Jahr und mehr. Zusätzlich ist der Wartungsaufwand für Ventile solcher Größe besonders hoch, falls eine teilweise Demontage vonnöten ist, was die Folgekosten des Systems deutlich über denen durch einen eventuell notwendigen Austausch der Prozessberstscheibe anfallenden ansiedelt.

Geschwindigkeit entscheidet

Kommen gleich mehrere Ventile zum Einsatz, um die notwendige Entlastungskapazität zu erzielen, ist es im realen Betrieb eine Herausforderung, stets sicherzustellen, dass der Nenndruck der Ventile zu allen Zeitpunkten identisch ist und diese nicht leicht verzögert auslösen. Das resultiert aus den Prüfzyklen, welche es oft nicht ermöglichen, alle Ventile an einer Installation binnen eines kurzen Zeitraums zu testen. Im Zusammenwirken mit dem zu erwartenden Flattern kann es zu einer unausgeglichenen Entlastung des anstehenden Druckes kommen, was Leitungen zusätzlichem Stress aussetzen oder gar Equipment schädigen kann.

Dass diese Risiken auch bei bekannten Routineprozessen durchaus real sind, beweisen diverse Zwischenfälle mit schweren Material- und Personenschäden, welche in den oben beschriebenen Industriesparten immer wieder auftreten. So beispielsweise 2007 in Jacksonville, als eine „Runaway Reaction“ in einem bestehenden Reaktor zu einer Explosion mit massiven Schäden, 32 Verletzten und zwei Todesopfern führte: Nach einer Reinigung des Reaktors am Vorabend wollte der Betreiber am Folgetag eine Standardbatch MCMT produzieren lassen. Während der Schmelzvorgang des Natriums noch wie geplant verlief, gab es nach dem Zuschalten des Mischers einen plötzlichen Temperaturanstieg. Die Reaktion geriet außer Kontrolle und führte zur Zerstörung der Anlage. Die Untersuchungen des Vorfalls ergaben, dass das Kühlsystem für diesen Fall nicht optimiert war und dass das auf einen anderen Schadensfall ausgelegte Druckentlastungssystem nicht die notwendige Reaktionsgeschwindigkeit bieten konnte, um mit seiner Entlastungskapazität das Schlimmste zu verhindern.

Hoher Durchmesser, niedrige Leckage

Der Lösungsanbieter Fike hat für solche Anwendungsfälle auf Basis bereits bestehender Produkte eine Neuentwicklung eingeführt, welche alle relevanten Anforderungen der Industrie in diesem Bereich abdeckt: Die Berstscheibe Typ Atlas nutzt hierbei Neuerungen im Bereich der Laserfertigung und der chemischen Vorschwächung, um eine hohe Gegendruckbeständigkeit zu realisieren, hohe Nenndrücke für die Öffnung abzudecken und die Zyklusbeständigkeit typischer Prozessberstscheiben zu übertreffen; bei deutlich erhöhten Durchmessern. Durch das einteilige Design der Berstscheibe und die überarbeitete Halterkonstruktion lassen sich Leckagen minimieren. Außerdem ermöglichen die Berstscheiben ein fragmentationsfreies Auslösen in allen Größen. Die Applikationen sind voll vakuumbeständig und erzeugen keine lokalen Stresszentren in die Metallstruktur durch mechanische Bearbeitung.

Bei einem aktuellen Projekt konnte ein Kunde mit diesem Produkt eine signifikante Verbesserung des Schutzsystems herbeiführen: Es handelt sich hierbei um eine Umkehrberstscheibe, die auch bei hohen Durchmessern entgegen der Erwartungen des Auftraggebers ohne Messersatz funktionsfähig ist. Das Verletzungsrisiko durch die Schutzeinrichtung selbst und bei deren Montage oder Wartung ist hierdurch minimal. Die Anzahl der notwendigen Einbaupositionen für Druckentlastung konnte der Betreiber durch die freie Platzierbarkeit und die hohen Durchmesser von vier auf zwei reduzieren. Die Optimierung der Position ermöglichte bei Schadensfällen, welche lokale Druckanstiege im zu schützenden Gerät verursachen, einen gleichmäßigen Abstand zu den neuen Entlastungsöffnungen über die gesamte Länge zu realisieren. Dies erhöhte die Zuverlässigkeit und Ansprechgeschwindigkeit des Systems. Zusätzlich wurde durch den Austausch der maximal mögliche Arbeitsdruck des Systems angehoben, ohne eine Leckage zu riskieren. Ein weiterer Nebeneffekt ist das deutlich einfachere Einhalten der Grenzwerte gemäß TA-Luft des Gesamtsystems und reduzierte Wartungskosten.

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