November 2011
  • Die Anforderungen an den Korrosionsschutz haben sich aufgrund neuer Anwendungen und gesetzlicher Vorschriften geändert.
  • Bei der Geräteentwicklung sollte die Gestaltung der Teile bzw. die Konstruktion korrosionsschutzgerecht ausgelegt sein.
  • Ein wirksamer Korrosionsschutz ergibt sich durch das Zusammenwirken mehrerer Maßnahmen.
  • Bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit sollten sowohl die Investitionskosten als auch die Instandsetzungsintervalle berücksichtigt werden. Mit Korrosionsschutzmaßnahmen beeinflusst man wesentlich die gesamte Wertschöpfungskette.
Für Hersteller
  • Ein fachgerechter Korrosionsschutz ist für den Anwender heute selbstverständlich.
  • Bei der Konstruktion besteht in Bezug auf Korrosionsschutz noch Optimierungspotenzial. Scharfe Kanten sollten möglichst vermieden werden.
  • Das Gerät darf aufgrund der Korrosionsschutzmaßnahmen nicht teurer werden.

In den vergangenen Jahren hat sich Korrosionsschutz vom klassischen Farbanstrich zu einem wichtigen Qualitätsmerkmal in der Industrie gewandelt – der Anwender erwähnt Korrosionsschutz kaum noch, er ist für ihn schlicht selbstverständlich. Der Begriff Korrosionsschutz umfasst alle wesentlichen Bereiche, die für einen langfristigen Schutz von Investitionsgütern wichtig sind. Das zieht sich von der Bewertung der Risiken, der Auswahl des richtigen Korrosionsschutzes, Laborprüfungen bis hin zu Arbeitssicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz sowie Regelwerke und Normen.

Wandel im Laufe der Zeit
„Das bestellte Gerät muss den Bedingungen standhalten, denen es ausgesetzt wird – so einfach ist das“, konstatiert Michael Herbstritt, technischer Redakteur beim Antriebshersteller Auma Riester. Fakt ist, dass sich die Anforderungen an Korrosionsschutz in den letzten Jahren geändert haben, etwa durch neue Einsatzfelder wie Offshore, Öl und Gas, aber auch durch gesetzliche Vorschriften. „Dazu zählen verschiedene Umweltschutzgesetze, beispielsweise die VOC-Richtlinie, die den Ausstoß an Lösemitteln bei Lackierungen reglementieren“, erklärt Elena Weinbender, Abteilung Oberflächentechnik bei Samson. Bei Samson und anderen Armaturenherstellern werden daher neue Prozesse und Lackiersysteme eingesetzt. Das sind Cr(VI)-freie Passivierung für Aluminium, hochtemperaturbeständige Lackiersysteme und Lackiersysteme für Korrosivitätskategorien bis C5-I/M gemäß DIN EN ISO 12944-5. Weiter Erik Stephan, Verkaufsleiter bei Exlar: „Bedingt durch die geänderte Gesetzeslage sind einige altbewährte Beschichtungen – zum Beispiel Bleimennige und manche Chromatierungen – heute nicht mehr überall zulässig.“
Technisch gesehen haben sich Alternativen ergeben; heute stehen neue Lacke und neue Beschichtungsverfahren zur Verfügung. Als Alternativen zu Auskleidungen und Korrosionsschutzanstrichen sind Kunststoffbeschichtungen bei komplizierten Geometrien oder für Stückzahlen, bei denen sich das Erstellen einer Spritzform nicht rechnet, eine sinnvolle Möglichkeit. Das ist das Metier von Thomas Adelhelm, Geschäftsführer von Adelhelm Kunststoffbeschichtungen: „Unterschiedliche, speziell auf den Einsatz zugeschnittene Polymer- und Fluorpolymerkunststoffe ermöglichen Kombinationen der Korrosionsschutzeigenschaften mit Antihaft- oder Gleiteigenschaften, elektrischer Schichtleitfähigkeit und sehr guten Permeationscharakteristiken.“ Im Bereich der Gleitlackbeschichtungen auf Metallen sind ebenfalls Kombinationssysteme entstanden. Sie vereinen Gleit- und Korrosionsschutzeigenschaften, die durch entsprechende Vorbehandlungen noch verstärkt werden und darüber hinaus Kaltverschweißungen bei ungünstigen Materialpaarungen zuverlässig verhindern.

Maßnahmen für den Korrosionsschutz
Vor Korrosion zu schützen heißt, die Korrosionsreaktionen zu verlangsamen oder zu unterbinden. Ein entscheidender Schritt die Geräteentwicklung betreffend war bei Auma die Umstellung auf eine zweischichtige Pulverbeschichtung. Die erste Schicht sorgt für eine optimale Haftung der Deckschicht auf der vorbehandelten Gehäuseoberfläche. Die zweite Schicht zeichnet sich durch Chemikalien- und Witterungsbeständigkeit sowie eine hohe mechanische Widerstandsfähigkeit aus. Dahinter verbirgt sich ein Paradigmenwechsel: Erfolgte früher die Endlackierung erst nach der Endmontage der Geräte, wird nun jedes Gehäusebauteil vor der Endmontage beschichtet.  Bei der Installation eines Geräts an seinem Einsatzort ist es unumgänglich, das Gerätegehäuse zu öffnen. Bei den nach altem Verfahren lackierten Geräten wurde dabei der Decklack beschädigt, sodass eine erhöhte Gefahr für Korrosionsansätze entstand. Heute hat das Öffnen des Gerätegehäuses, zu welchem Zweck auch immer, keine nachteiligen Auswirkungen auf die Beschichtung und somit den Korrosionsschutz.
Zu den wichtigsten Maßnahmen beim Korrosionsschutz zählen eine angepasste Materialauswahl bzw. die Kombination geeigneter Werkstoffe. Hinzu kommen korrosionsschutzgerechtes Planen und Konstruieren. So sollten Spalten, Fugen und direkter Kontakt verschiedener Metalle, die korrosionsfördernde Lokalelemente bilden können, vermieden werden. Wichtig ist auch ein Anpassen von Lager- und Transportbedingungen: Hier sind konstante Temperaturen, niedrige Luftfeuchtigkeit, Vermeiden von Schwitzwasser und der Kontakt mit aggressiven Medien, wie beispielsweise Salz oder Schweiß, sowie die Wahl der geeigneten Verpackung ausschlaggebend. Weitere Maßnahmen sind der Schutz der Metalloberflächen durch Überzüge, die galvanisch oder chemisch aufgebracht werden können, sowie durch organische Beschichtungen, also Lackierungen, und ein Verhindern von Redoxprozessen bzw. Abgabe von Eisen-Ionen durch Erzeugen künstlicher Oxidüberzüge, häufig mit anschließenden Lackierungen.

Korrosionsschutz beeinflusst
Geräteentwicklung

Eine überragende Bedeutung hat der Korrosionsschutz in der Geräteentwicklung. Nach wie vor besteht Optimierungspotenzial bei der konstruktiven Vorbereitung. „Zur Geräteentwicklung gehören zwei wesentliche Aspekte: die Auswahl des richtigen Werkstoffs und vor allem konstruktive Maßnahmen“, weiß Andreas Hoyer, Technische Beratung und Verkauf Bereich Korrosionsschutz beim Korrosionsschutzprodukt­anbieter International  Farbwerke. Der Korrosionsschutz ist ein integraler Bestandteil bei der Geräteneu- und Weiterentwicklung, die Beschichtung muss regelrecht in das Bauteildesign aufgenommen werden. „Grundlage hierfür“, erklärt Thomas Adelhelm, „ist die DIN 14879-1+2 für beschichtungsgerechte Konstruktion.“ Damit können auch große Bauteile als Einzelstücke mit maßgeschneidertem Korrosionsschutz versehen werden.
Bereits konstruktiv können ungünstige Materialpaarungen vermieden werden. „Glatte Oberflächen erleichtern den Wasserablauf“, so Erik Stephan. Schweißnähte sind Niet- oder Schraubenverbindungen vorzuziehen. Bei Ventilen sollten scharfe Kanten möglichst vermieden werden, denn: Beschichtungen neigen dazu, von scharfen Kanten abzulaufen, und dünnere Beschichtungen führen zu einem geringeren Schutz“, führt Elena Weinbender aus. Bei Auma bedingte die Umstellung des Beschichtungsverfahrens auch konstruktive Maßnahmen an den Bauteilen. „Das Gerätedesign muss so gestaltet sein, dass es an sich schon möglichst wenig Ansatzpunkte für Korrosion bietet“, erklärt Michael Herbstritt. Neue Materialien und Verfahren werden immer wieder auf ihre Korrosionsschutzeigenschaften und ihre Eignung für den Einsatz an den Geräten getestet.

Unterm Strich zählt die
Wirtschaftlichkeit

Worauf sollte der Anwender bei der Auswahl und beim Einsatz achten? „Ein ganz wichtiger Aspekt ist natürlich die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit, einmal im Hinblick auf Investitionskosten, zum anderen natürlich auf die Instandhaltungsintervalle“, fasst Andreas Hoyer zusammen. Namhafte Hersteller orientieren sich beim Festlegen der Korrosionsschutzklassen an der DIN EN ISO 12944-2. Hierin werden die einzelnen Korrosivitätskategorien definiert. Diese Norm bietet dem Anwender eine solide Basis, um festzustellen, wie er für seinen Einsatzfall die Korrosionsschutzanforderungen spezifizieren muss. Nicht jede Beschichtung widersteht allen Umwelteinflüssen; so sind zum Beispiel verchromte oder „rostfreie“ Teile in salzhaltiger Atmosphäre eher weniger geeignet. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Angabe der eingesetzten Medien und der Betriebstemperatur. Und nicht zu vernachlässigen: Ist neben den chemischen Einflüssen auch eine mechanische Belastung zu erwarten?
Das Thema Korrosionsschutz ist äußerst umfangreich und ein wichtiger Gesichtspunkt im gesamten Produktionsprozess. Bei sorgfältiger Planung und korrektem Umsetzen der geeigneten Korrosionsschutzmaßnahmen trägt man einen wesentlichen Teil zur gesamten Wertschöpfungskette bei. Für eine erfolgreiche Applikation ist der Zusammenhang „Oberflächenvorbereitung, Beschichtungssystem, Applikationsbedingungen“ zu berücksichtigen, da jeder Schritt dieser Prozesskette ein erfolgreiches Ergebnis beeinflusst. Bis in Sachen Korrosionsschutz für alle außenliegenden Gerätebauteile das optimale Material und das optimale Verfahren gefunden ist, sind Zeit und Investitionen beim Hersteller notwendig, aber die rechnen sich für den Anwender. Hier liegt ja auch eine Chance zur  Abgrenzung gegen Billiganbieter. Das gilt vor allem für Anwendungen, in denen eine hohe Zuverlässigkeit der Komponenten essentiell für den sicheren und wirtschaftlichen Betrieb einer industriellen Anlage ist.

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