April 2011

  • Hersteller von Ansynchronmotoren können diese ab Juni in der EU und weiteren Staaten nur dann vertreiben, wenn sie im Leistungsbereich 0,75 kW bis 375 kW bestimmten Mindestwirkungsgradwerten entsprechen.
  • Für die Anwender sowie Maschinen- und Anlagenbauer bedeutet die Neuerung, dass sie durch die verbesserten Wirkungsgrade Energie einsparen können.
  • Mit der neuen Regelung gehen oftmals veränderte Baugrößen der Geräte einher, die bei der Konstruktion von Maschinen zu berücksichtigen sind.
  • Motoren mit verbesserter Energieeffizienz bieten Vorteile wie geringere Abwärme und längere Lebensdauer.

Energieersparnis ist ein Thema, das längst den Alltag beherrscht. Über Gesetzesvorgaben hinaus, die mit dem Einsatz von Stromsparlampen oder E10-Kraftstoff das private Umfeld betreffen, haben Richtlinien zur Ressourcen- und Energieeffizienz oft weitreichende Folgen, beispielsweise für die Industrie. Regelmäßig müssen Komponentenhersteller sowie Maschinen- und Anlagenbauer ihre Produktion umstellen, um aktuellen Normen und Vorgaben Genüge zu tun. Zum 16. Juni 2011 greift nun der erste Teil der EU-Verordnung Nr. 640/2009 aktiv und bezieht sich auf die IEC-Norm (International Electrotechnical Commission) 60034-30, die die Wirkungsgradwerte für Motoren vorgibt. Darauf ist das Gros der Motorenhersteller inzwischen vorbereitet.

„Viele hätten sich sicherlich eine längere Übergangsfrist gewünscht. Aber sie haben nun die bittere Pille geschluckt, dass sie die neuen Bestimmungen nicht umgehen können, zumal auch in anderen Wirtschaftsräumen vergleichbare Verschärfungen greifen“, erklärt Friedrich Klütsch. Er ist Referent für Technik beim Fachverband Pumpen + Systeme im Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau, VDMA, und dort insbesondere für Normen und Regelwerke zuständig. Klütsch berichtet, dass er nur verhaltene Reaktionen der Firmen auf die Aussage hin erhalten habe, dass eine neue Verordnung kommt, die höhere Wirkungsgradklassen vorgibt, als bisher gefordert. Hersteller von Ansynchronmotoren können diese ab Juni in der EU sowie weiteren Staaten wie China und Brasilien nur vertreiben, wenn sie im Leistungsbereich 0,75 kW bis 375 kW bestimmten Mindestwirkungsgradwerten entsprechen. Sie werden künftig in die Klassen IE1 (Standard Efficiency), IE2 (High Efficiency), IE3 (Premium Efficiency) und IE4 (Super Premium Efficiency) eingeteilt. Ab Juni 2011 dürfen nur noch Motoren der Effizienzklasse IE2, ab Januar 2015 ausschließlich solche der Effizienzklasse IE3 bzw. der Klasse IE2 im Bereich 7,5 bis 375 kW mit elektronischer Drehzahlregelung in Verkehr gebracht werden. Diese Regelung umfasst auch Komponenten, in denen Antriebe verbaut sind, nimmt vorerst jedoch noch solche Motoren aus, die beispielsweise für den Betrieb bei Umgebungstemperaturen von über 40 °C oder in explosionsgefährdeten Bereichen ausgelegt sind. Die EU plant aber bereits, diese in spätere Bestimmungen mit aufzunehmen.

Auch für den Maschinenbau relevant

Für die Anwender, Maschinen- und Anlagenbauer sowie Betreiber bedeutet die Neuerung einerseits, dass ihre Anlagen durch die verbesserten Wirkungsgrade Energie einsparen. Laut Angaben des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie, ZVEI, ließen sich bei den rund 35 Mio. Antrieben, die in Deutschland laufen, durch denEinsatz von intelligenter Antriebstechnik rund 38 Mrd. kWh pro Jahr einsparen, was bei ständig steigenden Strompreisen einen finanziellenAnreiz geben sollte.

Zwar sind Motoren, die dem IE2-Level entsprechen, aufgrund von höherer Blechqualität und mehr Aktivmaterial in der Anschaffung meist teurer als die, die nur nach IE1-Level konstruiert sind. Trotzdem haben sie sich, je nach Art des Einsatzes, durch niedrigere Energiekosten oft nach ein bis drei Jahren amortisiert. Dies sollten auch die Anwender und Maschinenbauer in Betracht ziehen, bevor sie sich vor dem Juni die Lager mit weniger effizienten Motoren füllen, um der Richtlinie und den mit ihr verbundenen Widrigkeiten wenigstens noch für ein paar Monate ein Schnippchen zu schlagen. Denn auf lange Sicht lässt sich über die Energieeinsparung innerhalb der Betriebskosten eines Antriebes deutlich mehr sparen, als über die reinen Anschaffungskosten. „Einige Firmen haben außerdem bereits komplett auf die Ausrüstung ihrer Produkte mit Antrieben in IE2- und IE3-Klassifikation umgestellt, um eine Zweigleisigkeit in der Produktion zu vermeiden“, erklärt Friedrich Klütsch. So bleibt vielen Anwendern keine Wahl, sie müssen sich zwangsläufig mit der Thematik befassen.
Ein Stolperstein, der mit der neuen Regelung einher geht, ist die oftmals veränderte Baugröße der Geräte. Planer müssen nicht nur eventuell erhöhte Kosten und veränderte technische Unterlagen, sondern gegebenenfalls auch einen anderen, teils höheren Platzbedarf der Motoren in der Maschine einkalkulieren, in Einzelfällen auch einen komplett anderen Motor einplanen. „Die Techniker müssen also gegebenenfalls umkonstruieren, und das kostet Geld. Betriebsintern sollten aber zwischenzeitlich Regelungen aufgestellt sein, die den neuen Anforderungen im Engineering Rechnung tragen“, so Klütsch. „Ernsthafte Probleme gab es meist nur bei der Konstruktion komplexer Maschinen.“ Wenn Firmen frühzeitig auf die neuen Modelle umstellen, vermeiden sie mögliche Lieferengpässe, sobald die Regelung akut wird. Außerdem bieten die optimierten Motoren weitere Vorteile, wie geringere Abwärme und längere Lebensdauer.

Wo Hersteller und Anwender weitere Potenziale zur Energieeinsparung finden können, wird auch in diesem Jahr wieder Thema auf der Hannover Messe sein. Dort finden die Sonderveranstaltungen unter dem Thema „Smart Efficiency“ statt. Die „Efficiency Arena“ in Halle 15 setzt sich mit Energieeffizienz in industriellen Prozessen auseinander. Dort werden neue Technologien, Dienstleistungen und Umsetzungsbeispiele gezeigt und in Vorträgen thematisiert. So können sich Anwender Ideen holen, wo im Prozess – sei es beim Fördern, Verdichten, Pumpen, Heizen oder Kühlen – sie ihre Energiebilanz optimieren können.

„Ernsthafte Probleme gab es meist nur bei der Konstruktion komplexer Maschinen“, Friedrich Klütsch, Referent für Technik beim Fachverband Pumpen + Systeme im VDMA

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