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(Bild: Andrei Merkulov – Fotolia)

  • Der deutsche Anlagenbau steht beim Thema Digitalisierung noch ganz am Anfang.
  • Einer aktuellen Studie von VDMA und Maexpartners zufolge hat die Engineering-Branche inzwischen aber die Bedeutung der Industrie 4.0 für sich erkannt.
  • Erste Großanlagenbauer setzen bereits neue digitale Geschäftsmodelle um, die vor allem auf einer intensiven Vernetzung mit den Kunden basieren.
Dr. Savas Lazaridis, Head of Engineering bei Thyssenkrupp Industrial Solutions: "Wir stehen noch ganz am Anfang und haben enorme Herausforderungen vor uns."

Dr. Savas Lazaridis, Head of Engineering bei Thyssenkrupp Industrial Solutions: "Wir stehen noch ganz am Anfang und haben enorme Herausforderungen vor uns."

Prof. Dr. Stephan Reimelt, CEO von GE Deutschland und Österreich: "Wir brauchen eine Plattform-technologie für den Anlagenbau."

Prof. Dr. Stephan Reimelt, CEO von GE Deutschland und Österreich: "Wir brauchen eine Plattform-technologie für den Anlagenbau."

Von Daten-Durchgängigkeit ist im Anlagenbau noch nicht viel zu sehen: Die IT-Landschaft ist stark diversifiziert, der Aufwand für das Managen von Schnittstellen ist riesig. Dazu kommen von Unternehmen zu Unternehmen stark individualisierte Prozesse und Abläufe, die nicht nur die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen erschweren, sondern auch das Etablieren von Standards, wie sie für eine erfolgreiche Digitalisierung notwerndig sind. „Wir stehen noch ganz am Anfang und haben enorme Herausforderungen vor uns“, bringt Dr. Savas Lazaridis, Head of Engineering bei Thyssenkrupp Industrial Solutions, die Situation auf den Punkt. Laut Lazaridis fehlt es derzeit noch an einer gemeinsamen Vision dafür, wie Digitalisierung zum Nutzen des Anlagenbaus umgesetzt werden kann.

 

Digitalisierung beflügelt Servicegeschäft

Anhaltspunkte dafür liefert eine aktuelle Studie der VDMA Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau, die vom Beratungsunternehmen Maexpartners durchgeführt wurde: Demnach erhoffen sich die Unternehmen des Anlagenbaus in erster Linie Umsatzsteigerungen durch neue Produkte und Dienstleistungen. Vor allem im Servicegeschäft, bei der Wartung von Anlagen sowie durch Big-Data-Analyse wollen die Anlagenbau-Anbieter Wertschöpfung mit digitalen Methoden betreiben. Doch auch die aktuelle Studie zeigt, „dass die Digitalisierungsstrategien der Unternehmen nicht klar priorisiert sind“, resümiert Marc Artmeyer, Partner bei Maexpartners. Zudem, so Artmeyer, ergreifen die Unternehmen noch zu wenig Maßnahmen, um die Potenziale zu nutzen und Risiken einzudämmen. Dabei bestehen selbst in den aktuell vorhandenen Prozessen schon genügend Verbesserungsmöglichkeiten. „Fangen Sie mit kleinen Schritten an und vermeiden Sie den Big Bang“, empfiehlt Dr. Savas Lazaridis. Seiner Erfahrung nach verbringen Ingenieure bis zu 40 % ihrer Zeit damit, auf Baustellen Material und Dokumente zu suchen. Inkonsistente Daten und Änderungen sind für 20 % der Kostenüberschreitungen und Verspätungen verantwortlich. „Das Einsparpotenzial ist riesig“, so Lazaridis.

Auf dem 5. Engineering Summit skizzierte der Engineering-Chef eine digitale Vision für den Anlagenbau: ein „Emelia“ genanntes System, das ähnlich wie die digitalen Assistenten von Amazon (Alexa), Microsoft (Cortana) oder Google (Home) Ingenieure bei ihrer Arbeit unterstützt. „Wir brauchen eine Plattformtechnologie für den Anlagenbau“, sieht auch Prof. Dr. Stephan Reimelt, CEO von GE Deutschland und Österreich, die Notwendigkeit für neue Ansätze in der Digitalisierung des Anlagenbaus. Denn die bisherigen am Markt verfügbaren Engineering-Lösungen sind aus Sicht der Anwender nicht für den „großen Wurf“ geeignet.

Digitale Infrastruktur ermöglicht „digitale Kundenbindung“

Integration tut not: Künftig werden von der Angebotsphase bis zur Verschrottung einer Anlage immer mehr digitale Funktionen ergänzt werden müssen. Einige Stichworte sind Augmented Reality, der digitale Zwilling oder vorausschauende Analyse und Wartung. Der Metallurgie-Anlagenbauer SMS etabliert dafür eine digitale Infrastruktur, an die künftig Produkte und Kunden angeschlossen werden sollen. Der Hersteller will sich über die intensive Vernetzung mit dem Kunden auch Einsicht in die Kundenbedürfnisse erschließen: „Das ist die Basis für innovative digitale Services und für neue Geschäftsmodelle“, erklärt Dr. Markus Reifferscheid, Vice President Research and Development bei SMS. „Wir sehen hier enormes Potenzial für Änderungen in der Wertschöpfungskette sowie für Verbesserungen bei Anlagen, Verfahren und Produktqualität.“ Reifferscheidt skizzierte in Mannheim eine „intelligente metallurgische Anlage“, die sich selbst optimiert, indem sie den Produktionsprozess automatisch anpasst – vom Rohmaterial bis hin zum fertigen Produkt. Die Anlage ist dabei Teil einer integrierten Lieferkette, und die Selbstoptimierung nutzt Prozesswissen sowie Modelle auf der Basis von Physik und Daten.

Für Jörg Winkler, Head of Communications Solutions, des Voith-Tochterunternehmens Digital Solutions bietet die Digitalisierung außerdem die Möglichkeit, Maschinen und Anlagen mit eigener Elektronik und eingebetteter Software abzusichern. „Wir bringen unsere Maschinen dazu, sich mit ihrer virtuellen Kopie zu unterhalten“, so Winkler. Auf diesem Weg lassen sich Reiseaufwand und Präsenz von Ingenieuren vor Ort verringern. „Industrie 4.0 ermöglicht es, im Servicegeschäft zu wachsen“, erklärt Winkler.

Die Beispiele zeigen, dass in die Digitalisierung des Anlagenbaus Bewegung geraten ist. Obwohl die künftigen Geschäftsmodelle noch nicht vollständig klar sind, überwiegt inzwischen die Erkenntnis, dass das Thema zu wichtig ist, um der Angst vor technischen Risiken die Oberhand zu lassen. Für GE-Chef Reimelt ist insbesondere das Security-Argument nicht stichhaltig: „Angst vor der Digitalisierung ist ein schlechter Berater.“ 1709ct923

CT-Bericht 5. Engineering Summit.

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