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Offshore-Bohranlagen sind aggressiven Einsatzbedingungen wie Meerwasser, Kohlendioxid, hohen Temperaturen, Drücken und Abrasion ausgesetzt. (Bild: Edelstahl Rostfrei)

  • Die extremen Belastungen von Anlagen und Komponenten in der Offshore- oder Onshore-Industrie gehen mit enormem Kosten- und Zeitdruck für die Betreiber einher.
  • Um den aggressiven Einsatzbedingungen dauerhaft standzuhalten, sind Werkstoffe gefordert, die Funktionssicherheit und Haltbarkeit der Systeme nachhaltig ermöglichen.
  • Weltweit leisten Rohre und Anlagenbestandteile aus hochbelastbarem Edelstahl Rostfrei einen wichtigen Beitrag zur Erschließung neuer Rohstoff-Vorkommen.

Auf der Suche nach neuen Lagerstätten sieht sich die Öl- und Gasindustrie mit zunehmend anspruchsvollen Rahmenbedingungen konfrontiert. Denn Explorationsstätten in schwer zugänglichen Gebieten machen das Erschließen neuer konventioneller oder unkonventioneller Bohrfelder immer komplexer. Einsatztiefen von mehreren Hundert oder sogar Tausend Metern, Naturgewalten und enorme Transportdistanzen bedeuten technisch wie logistisch große Herausforderungen. Korrosive Medien wie Meerwasser oder Kohlendioxid, hohe Temperaturen, Drücke und Abrasion greifen die eingesetzten Materialien stark an. Die zunehmende Größe der zu überbrückenden Distanzen setzt Gewicht und Belastbarkeit der eingesetzten Komponenten konstruktive Grenzen.

Eine wirtschaftliche Erschließung und Förderung von Öl oder Gas verlangt aber maximale Produktivität und Standzeiten. Mehr denn je entscheidet also die Effizienz der Prozesse über ihre Zukunftsfähigkeit. Diesen Herausforderungen im globalen Wettbewerb stellen sich die Unternehmen mit neuesten Technologien, modernsten Geräten und Hochleistungs-Werkstoffen. Dazu zählen insbesondere korrosionsbeständige austenitische Stähle aus Chrom-Nickel- oder Chrom-Nickel-Molybdän-Legierungen sowie nicht rostende Stähle mit Duplex-Gefüge und Sonderlegierungen. Anwendungsabhängig wählt die Öl- und Gasindustrie aus dem breiten Werkstoffspektrum, das die strengen Qualitätsanforderungen der Branche erfüllt, die geeignete Güte aus.

Vielfältiger Einsatz

In Offshore-Bohranlagen ist austenitischer Edelstahl vielfach Werkstoff der Wahl für mechanische Rohre mit hoher Dehngrenze. Typische Einsatzfälle dieser Rohre sind Bohrlochköpfe und Eruptionskreuze. Unter der Erde steigt der Druck je 10 m Tiefe um etwa 1 bar. Die auch „Christmas tree“ genannten Absperrvorrichtungen verhindern, dass Öl und Gas am Bohrloch unkontrolliert austreten. Auch als Förderleitung zur Wasser­einspritzung oder für den Transport des geförderten Rohstoffs stellt austenitischer Edelstahl seine Leistungsfähigkeit unter Beweis. Auf dem Meeresgrund leistet er in Förderleitungen wertvolle Dienste als Verbindung von Rohrverteilerstücken. Längsnahtgeschweißte, mit nicht rostendem Edelstahl metallurgisch plattierte Rohre ermöglichen geringere Wanddicken als austenitische Vollwandrohre. Einsparpotenziale bei Gewicht und Materialkosten qualifizieren diese Rohre deshalb in großer Meerestiefe für Bogen und Fittings sowie als Prozessrohre oder Pipelines.

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Bohrtiefen bis 1.450 m verlangen vom Werkstoff alles ab.

Hohe Beständigkeit

Zu den in der Öl- und Gasindustrie am häufigsten eingesetzten Werkstoffen gehören die verschiedenen Kategorien von Duplex-Edelstählen: als Standardduplex-Edelstahl beispielsweise die Werkstoffnummer 1.4462, Superduplex-Edelstähle wie 1.4410 oder 1.4501 sowie 1.4568 als Hyperduplex-Edelstahl. Durch die nahezu gleichen Gefügeanteile von Austenit und Ferrit bewähren sich nicht rostende Duplex-Stähle bei den hier herrschenden Einsatzbedingungen durch extreme Korrosionsbeständigkeit, geringe Neigung zu Spannungsriss-Korrosion, hohe Festigkeit und Streckgrenze. Zudem sind sie für Einsätze bei Tieftemperaturen bis -60 °C geeignet.

Ob als Förderleitung oder Rohrsystem, als Verteiler in Bohrlöchern unter Wasser, für Absperrarmaturen und Mehrwegeventile am Kopf des Futterrohres oder als Pipelines für das korrosive Öl und Gas: Die hier eingesetzten Hochleistungsrohre für Nieder-, Mittel- oder Hochdruckanwendungen sind als gerade Rohre oder Ringrohre in einem breiten Spektrum an Größen und Wandstärken erhältlich. Superduplex-Edelstähle sind durch ihren höheren Gehalt an Molybdän und Chrom noch korrosionsbeständiger und hochfest. Das qualifiziert sie speziell in der aggressiven Umgebung der Offshore-Industrieanwendungen für lastbeanspruchte Bauteile wie Pumpenstangen für Ölförderanlagen, als flexible Rohre oder auch als Versorgungsleitungen unter Wasser.

Nahtlose Rohre aus Superduplex-Edelstahl dienen in diesen sogenannten Umbilicals beispielsweise als bis zu 70 km lange Hydraulikleitung zur Steuerung der Bohrköpfe. Auch für das Einpressen von Chemikalien, um Druck oder Fließfähigkeit des geförderten Öls zu verbessern, kommen sie häufig zum Einsatz. Durch die besondere Zugfestigkeit und Streckgrenze des Materials ist es möglich, das Gewicht der Rohre ohne Leistungseinbußen durch dünnere Wandstärken zu reduzieren. Hyperduplex-Edelstähle übertreffen diese Materialfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit nochmals. Deshalb kommen sie vor allem bei Tiefseebohrungen in Wassertiefen bis 1.450 m und bei hohen Temperaturen oder Drücken innerhalb der Anlagen zum Einsatz. Materialbedingt sind Rohre mit noch dünneren Wandstärken möglich, was für die extrem langen Versorgungsleitungen in Tiefseeanwendungen wertvolles Gewichts- und Materialeinsparungspotenzial erschließt.

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Auch zum Schutz der Elektronik kommt Edelstahl zum Einsatz.

Schutz der Messtechnik

Aber nicht nur in Rohren ist nicht rostender Edelstahl mit Qualitätssiegel bei Explorationsprojekten unverzichtbar: Um Anlagen und Prozesse dauerhaft zu schützen, verbrennen Betreiber auf Ölplattformen anfallende Abgase mit Fackelsystemen. Messgeräte überwachen die damit verbundenen Prozesse und erkennen Leckagen. Gehäuse aus austenitischem kohlenstoffarmen Edelstahl 1.4404 ermöglichen, dass die empfindlichen Messkomponenten auch auf rauer See in korrosiver Umgebung zuverlässig funktionieren. Gleiches gilt für Schaltgeräte, die Korrosion keine Angriffsfläche bieten dürfen. Offshore-Varianten von Spezialfußschaltern aus nicht rostendem Edelstahl weisen die geforderte extreme Korrosionsbeständigkeit auf. Gasfilter, die bei der Exploration zum Einsatz kommen, müssen maximale Sicherheits- und Präzisionsanforderungen erfüllen. Filtergehäuse aus nicht rostendem austenitischen Edelstahl, Duplex- oder Superduplex-Edelstahl können solchen herausfordernden Umgebungsbedingungen dauerhaft standhalten.

Hält LNG flüssig

Auch bei API-konformen Exzenterschneckenpumpen zum Fördern von Bohrgut oder Bohrspülungen, die mit schwimmenden Feststoffen versetzt sind, ermöglichen diese Werkstoffe die für Offshore-Einsätze erforderliche Robustheit. Auf hochmodernen Membrantankern umhüllen hauchdünne, flexible Membranen aus Edelstahlgewebe Hightech-Tanks aus Aluminium, die LNG transportieren. Das geförderte Erdgas kühlt das Personal auf der Bohrinsel für den Transport auf -162 °C ab, wodurch es sich verflüssigt. Dabei schrumpft sein Volumen um den Faktor 600 und ermöglicht so den wirtschaftlichen Schifftransport von der Bohrinsel zum Empfängerhafen. Eine mehrlagige Außenhaut aus mikrofeinem Edelstahlgewebe und Isolierschichten aus Polyurethanschaum verhindert, dass sich das LNG in den Aluminiumtanks ausdehnt, erwärmt und dadurch zu viel Druck erzeugt.

Hier gelangen Sie zur Informationsstelle Edelstahl Rostfrei.

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