September 2012

Fünf Kernpunkte zur VDI 2290:
  • Die neue VDI-Richtlinie bezieht sich nicht nur auf die jeweilige Dichtung, sondern auch auf die Qualität der Montage. Diese gehört ab sofort auch zur Qualitätssicherung.
  • Das Umsetzen von VDI 2290 wird das Niveau der diffusen Emissionen an Flanschverbindungen deutlich verringern und die Qualität der Montage steigern.
  • Die Montage der Flanschverbindungen darf von nun an nur noch von qualifiziertem Personal umgesetzt werden. Verantwortlich hierfür ist der Anlagenbetreiber, wobei es keine Rolle spielt, ob eigenes Personal oder Dienstleister im Einsatz sind.
  • Die Vorgabe einer Dichtheitsklasse zum Berechnen einer Flanschverbindung beeinflusst die Dimensionierung von Flanschverbindungen für TA-Luft Medien; die Verbindungen müssen neu gerechnet, bislang verwendete Dichtungen ausgetauscht werden. Unter Umständen kann der notwendige Nachweis nur mit höherfesten Schrauben erbracht werden.
  • Die Richtlinie schreibt vor, dass die Qualität durch stichprobenartige Prüfung der Drehmomente gesichert und unter Umständen auch dokumentiert werden.
1209CT608 TOP2CT1012 1305ct907 1306ct900 Top31311 1312ct909

Dichte Flanschverbindungen sind insbesondere in der chemischen und petrochemischen Industrie seit jeher wichtig – sei es aus Gesichtspunkten der Sicherheit, des Arbeits- und Umweltschutzes oder der Ökonomie. Die bislang maßgeblichen Regelwerke wie DGRL (Druckgerätericht­­linie),  BetrSichV (Betriebssicherheits-ver­ordnung), WHG (Wasserhaushaltsgesetz) oder BImSchG (Bundesimmissionsschutzgesetz) und die TA Luft machten vor allem qualitative Vorgaben zur Definition von technisch dichten Flanschverbindungen.

Erst durch die Richtlinie VDI 2290 zieht die quantitative Betrachtung mit zusätzlichen Vorgaben zur Dichtheit, Dokumentation und zum Qualitätssicherungsnachweis ein. Die Richtlinie 2290 „Emissionsminderung – Kennwerte für dichte Flanschverbindungen“ wurde von der VDI-Kommission „Reinhaltung der Luft“ verfasst und ist mit der rechtlich bindenden Verordnung TA Luft verzahnt. VDI 2290 regelt das Prüfen der technischen Dichtheit für die Flanschverbindungen, für die emissionsbegrenzende Anforderungen nach der TA Luft festgelegt sind.  Nicht anwendbar ist VDI 2290 auf Rohr- oder Flanschverbindungen ohne Schrauben.

Wie und mit welchen Vorgaben eine Dichtverbindung nachzuweisen ist, geht ebenfalls aus der Richtlinie hervor; hier erfüllt nur noch das Europäische Regelwerk EN 1591-1 die Berechnungsanforderungen. Gleichzeitig definiert die VDI 2290 Dichtheitsklassen und steckt die Eckwerte für eine Flanschberechnung fest. Erstmalig gibt es verbindliche Dichtheitsklassen für neue und alte Anlagen.

Die Montageklassen werden in Zusammenhang mit der Gefährdungsbeurteilung abhängig von Betriebssicherheitsverordnung und TA Luft unterschiedlich definiert. Aus diesen drei Klassen ergibt sich ein „Mindestaufwand für Prüfung und Dokumentation“. Hieran gekoppelt sind auch die Maßnahmen zur Qualitätssicherung, die bei gewissen Rohrleitungen Stichprobenkontrollen durch einen zweiten Monteur vorsehen oder bei der höchsten Montageklasse (Klasse 3) bei besonders sensiblen Flanschverbindungen eine Gegenkontrolle durch eine unabhängige Person vorsieht. Bei den Montageklassen 2 und 3, die rund jede sechste Flanschverbindung betreffen, wird zudem auch eine Dokumentation der Arbeitsvorgänge notwendig.

Unverzichtbar: qualifiziertes Personal und passendes Werkzeug

Die Richtlinie legt auch fest, dass kein ungeschultes Personal mehr montieren darf. Fehlt die entsprechende fachspezifische Ausbildung zur Montage von Flanschverbindungen, muss diese durch Schulungsmaßnahmen und praktische Übungen erworben werden. Der Erfolg der Maßnahmen ist zu dokumentieren. Kommen Dienstleister zum Einsatz, müssen diese dem Betreiber der Anlage auf Verlangen die Qualifikation und Identifikation ihres Montagepersonals belegen können. Um besonders niedrige Leckageraten zu erreichen, ist eine möglichst hohe und dauerhafte Flächenpressung anzustreben. Die Berechnung von Schraubverbindungen muss daher mit dem Ziel einhergehen, eine möglichst hohe und dauerhafte Montagevorspannkraft zu erreichen.

Je nach Anziehmethode steht im ungünstigsten Fall weniger als ein Viertel der angestrebten, optimalen Schraubenspannung für das Verpressen der Dichtung zur Verfügung. Das schlechteste Ergebnis stellt sich ein, wenn von Hand ohne Messung des Drehmoments angezogen wird. Am besten schneidet das reibungsoptimierte Schraubverfahren mit der Sechskant-Reaktionsscheibe Disc ab. Aufgrund des maximalen Anzugsfaktors von 1,22 lassen sich die Leckage und damit auch die Sicherheit einer Flanschverbindung verbessern, wie sich am Beispiel einer Flächenpressung – maximal mögliche Schraubenkraft: 40 Mpa – mit dem Prüfmedium Helium – 40 bar – im Zeitraum von zwölf Monaten zeigt.

Nimmt man den ungünstigsten Fall an, dass der Anzugsfaktor voll zum Tragen kommt, ergeben sich mit den Versuchswerten folgende minimale Flächenpressungen und Leckagewerte:

  • Mindestflächenpressung beim impulsgesteuerten Anziehen mit Schlagschrauber ohne Kontrolle durch Drehmomentschlüssel: 10 MPa/rund 14,2 kg pro Jahr und Meter Dichtungslänge
  • Mindestflächenpressung beim reibungsoptimierten Anziehverfahren mit Disc: 32,8 MPa/rund 0,1 kg pro Jahr und Meter Dichtungslänge.

Schritt hin zu mehr Qualität

Es liegt auf der Hand, dass ohne eine qualifizierte Montage die Dichtheit von Flanschverbindungen nicht zu steigern ist. Daher müssen die heute schon vorliegenden Verfahrensanweisungen zur Auslegung, Montage und Qualitätssicherung durch das Verzahnen der Anforderungen der VDI 2290 erweitert werden. Alle Flanschverbindungen an Maschinen und Rohrleitungen müssen nach DIN EN 1591-1 mit Dichtungskennwerten nach DIN EN 13555 mit der Dichtheitsklasse L 0,01 neu berechnet werden.

Doch nicht nur die Technik muss stimmen. Auch der Mensch rückt stärker in den Fokus der Qualitätsbemühungen. Ohne hinreichende Schulung des Personals und anschließender Nachweise über die Qualifikation für Montage und Prüfung lässt sich die neue Richtlinie nicht vorschriftsgemäß umsetzen.

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Hytorc

Justus-von-Liebig-Ring 17
82152 Krailling
Germany