Juni 2010

Für den Kundenkontakt:
  • Eine Gesprächsvorbereitung kann über den erfolgreichen Verlauf des Gesprächs entscheiden.
  • Darauf kommt's an:
  • Sich in sein Gegenüber zu versetzen trägt zu Verständnis und flexiblerem Denken bei.
  • Die eigenen Ziele im Hinterkopf zu behalten, ermöglicht eine sachliche Gesprächsatmosphäre, auch „in der Hitze des Gefechts".
  • Alternative Lösungswege vorzudenken erleichtert es, dem Gegenüber im Gepräch entgegenzukommen.
In heißen Gesprächen einen kühlen Kopf bewahren, ist ein erfolgsentscheidender Faktor. Bild:Robert Lerich-Fotolia.com

In heißen Gesprächen einen kühlen Kopf bewahren, ist ein erfolgsentscheidender Faktor. Bild:Robert Lerich-Fotolia.com

Vor dem Hintergrund der aktuell angespannten Gesamtsituation ist es besonders nützlich, sich auf Gespräche auch mental gut einzustellen:
1. Gedanken strukturieren
Niemand startet ein Gespräch ohne Emotion. Vielmehr sind es die gefühlsbedingten Gedanken vor dem Gespräch, die maßgeblichen Einfluss auf Ihre Kommunikation nehmen: Von Sturheit – „Das steht mir zu, ich muss mich durchsetzen“ – bis zu Ängsten – „Ich könnte Ansehen verlieren“. Oder es kommen Ambivalenzen hinzu: „Ist meine Forderung überhaupt berechtigt?“ All dies beeinträchtigt die Klarheit von Gesprächen. Oft rutscht das Bild vom Gegenüber ins Negative – gerade wenn beide Seiten angespannt sind und es um viel geht. Es entsteht Raum für Projektionen: der Feind oder der Mächtige, nicht mehr der Partner, mit dem ich bisher zusammengearbeitet habe. Hier hilft es, die Gedanken vor dem Gespräch zu strukturieren und in eine klare Linie zu bringen. So lassen sich Handlungsoptionen finden, die beruhigen können – denn wer weiß, was er tun kann und wie er argumentiert, findet Sicherheit. Wichtig dafür ist, sich vorher einen Überblick über die verschiedenen Ideen, Befürchtungen und Hoffnungen zu verschaffen.
So ging es auch einem Projektleiter, dem in einem ersten entscheidenden Projekt für einen potenziell großen Kunden ein erfahrener Ingenieur fehlte. Ein Ingenieur aus einem anderen Projektteam hatte bereits für einzelne Themen ausgeholfen und war für die Aufgabe sehr gut geeignet. Er würde sogar gerne wechseln. Seine Abteilung gab ihn allerdings nicht frei; außerdem war keine Planstelle in dem Projektteam vorgesehen, auf die er sich bewerben konnte. Dem Projektleiter gehen viele Gedanken durch den Kopf. Sie reichen von „Ich will den Mitarbeiter, er möchte in mein Team – er soll wechseln, wieso ist das ein Problem?“, „Keiner hilft mir, alle stellen sich quer“, „Es wäre so einfach! Eine Planstelle ist doch nicht erforderlich, die Personalabteilung soll einmal unbürokratisch sein“, über „Das ist der wichtigste Kunde, den wir gerade haben! Wenn wir gute Ergebnisse präsentieren, gewinnen wir große Aufträge über Jahre. Das wird ein Riesenerfolg für alle“ bis zu „Wie soll ich das schaffen? So geht das nie!“
Klar strukturiert werden daraus sachliche und vernünftige Überlegungen:

  • Unternehmensinteresse ist es, diesen wichtigen Kunden zu gewinnen und die anderen Kunden ebenfalls zufrieden zu stellen.
  • Alle Projekte möchten die besten Mitarbeiter und alle sollen erfolgreich sein.
  • Unser Projekt hat erklärtermaßen eine sehr hohe Priorität und ganz akuten Zeitdruck.
  • Mein Wunschkandidat ist motiviert und hat bereits Erfahrung in diesem Projekt, er muss nur noch wenig eingearbeitet werden – weniger als andere.
  • Es sind außer ihm auch andere geeignet. Der Einarbeitungsaufwand wäre höher.
  • Wir brauchen die Unterstützung sofort.

2. Perspektivwechsel
Es gilt außerdem, die Interessen des Gegenübers und seine Sichtweise zu verstehen. So lassen sich leichter Argumente und Angebote finden:

  • Auch die andere Abteilung will ihre Aufgaben gut bearbeiten und braucht diesen Ingenieur. Kann ihn jemand anders ersetzen? Wenn er wechseln möchte, was wäre eine faire Frist dafür?
  • Die Personalabteilung kann eine neue Stelle nicht einfach so schaffen. Wann und unter welchen Umständen wäre das möglich? Gibt es andere Wege, Mitarbeiter zu versetzen – gerade wenn sie es selbst wünschen? Die Abteilung fühlt sich von mir unter Druck gesetzt.
  • Ich stelle Forderungen ohne die Interessen der anderen zu berücksichtigen -es ist verständlich, dass sie mich für egoistisch halten. Vielleicht kann ich im Gegenzug Unterstützung anbieten?
  • Finden wir gemeinsam eine – eventuell andere – Lösung?
  • Mit diesen Vorüberlegungen ist der Projektleiter in der Lage, das Gespräch auf einer viel sachlicheren Ebene zu führen. Vermutlich wird er so sehr viel mehr erreichen.

3. Ankersätze formulieren
Sich während des Gesprächs auf diese Vorüberlegungen zu besinnen ist meist eine zweite Hürde. Sind die eigenen Gedanken klar strukturiert und die mögliche Sichtweise des anderen analysiert, dienen daher konkret vorformulierte Ankersätze dazu, Nerven zu bewahren und Konflikte zu entschärfen. Denn gerade in kontroversen Situationen ist es für die Verhandlungspartner bisweilen schwer, sachlich zu bleiben. Vielleicht wird die Gegenseite provozieren oder versuchen, Druck auszuüben – darauf kann man sich vorbereiten und die passenden Strategien planen. Der Verweis auf die eigentlichen Ziele und mögliche Optionen ist fast immer erfolgversprechend. Die genauen Sätze lassen sich vorher zurechtlegen; sie „verankern“ später das Gespräch in der Sachlichkeit. So verlieren sich die Gesprächspartner nicht in Gefühlen und Streit, sondern bringen sich und die Gegenseite zurück zum Thema: die Lösung eines gemeinsamen Problems. Ein Beispiel: Ein Hauptkunde möchte aufgrund der Wirtschaftskrise einen Nachlass für das kommende Jahr von 15 Prozent, sonst droht er mit Auftragsentzug. Es gilt zunächst, die Situation des Kunden zu verstehen und Anknüpfungspunkte für Argumente zu finden. Was steckt hinter dieser Forderung?
Mögliche Ankersätze lauten:

  • „Natürlich möchten wir sie unterstützen, diese Zeit der Krise gut zu überstehen. Welche weiteren Möglichkeiten gibt es, wie wir etwas für Sie tun können, ohne selbst Schaden zu nehmen?“
  • „Könnten Sie selbst Ihre Preise um 15 Prozent senken? Welche Auswirkungen hätte das?“
  • „Wieso gerade 15 Prozent – und nicht 5, 10 oder 20 Prozent?“
  • „Sie kennen unsere Kalkulation. Mit 15 Prozent Preisnachlass können wir unsere Kosten nicht mehr decken.“

Denkbare Alternativen können hierbei sein: die Abnahme von weniger Volumen, Abstriche an Qualität oder Ausstattung und die Reduktion auf das Notwendige, die Verlängerung des Zahlungsziels, die Lagerung beim Hersteller, Preisreduktion für ein Jahr mit anschließender Preiserhöhung, langfristigere Verträge etc. Auch so bietet das Unternehmen dem Kunden ein Entgegenkommen an, und fördert so die Möglichkeit, sich auf einem dritten Weg zu einigen.

4. Flexibel sein und ruhig bleiben
Es gibt nie eine Garantie dafür, die eigenen Interessen tatsächlich durchzusetzen – je nach Situation und Gesprächspartner ist der Ausgang zwar beeinflussbar, aber nicht vorhersehbar. Entscheidend für die Gelassenheit ist daher, sich bereits vorab für Alternativen zu öffnen. Was wäre deutlich besser als ein schlechtes Verhandlungsergebnis? So könnte sich der Projektleiter im ersten Beispiel einen Plan B zurechtlegen für den Fall, keinen erfahrenen Ingenieur in sein Team zu bekommen. Dann könnte er zum Beispiel den Kunden einladen, ihm ein schönes Programm bieten und eine Laufzeitverlängerung zum selben Preis aushandeln. Er kann sich außerdem dafür einsetzen, Budget für einen externen Mitarbeiter zu bekommen, wofür die Schaffung einer Planstelle nicht mehr notwendig ist. Mit diesen Möglichkeiten im Kopf wird er wesentlich gelassener im Gespräch auftreten – und damit seine Position wiederum stärken. Auch im Fall der Preisverhandlung sind weitere Möglichkeiten denkbar. Kommt es nicht zur Einigung und verliert der Anbieter den Auftrag, bietet er eben anderen Kunden Produkte zu Sonderpreisen, was durch die dann frei werdenden Kapazitäten geht. Oder er versucht, mehr neue Kunden zu gewinnen.
Während eines schwierigen Gesprächs gelassen zu bleiben, ist dennoch oft schwer. Vor allem zu Beginn sind Aufregung und Anspannung normal. Aber jeder Schritt, bei dem man sich nicht provozieren oder unter Druck setzen lässt, ist ein Erfolgserlebnis – und macht deutlich, wie die eigene Strategie wirkt und auch der Gesprächspartner sachlicher wird. Ohne Mühe und Vorarbeit geht das kaum; aber mit strukturierten Gedanken, einer guten Vorbereitung und einer klaren Linie in der Argumentation die eigenen Ziele kennen und verfolgen – so lassen sich Gespräche gut zum Erfolg führen.

 

 

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