Der Automatisierungsgrad von Produktionsanlagen wird in Zukunft zunehmend über die Wettbewerbsfähigkeit entscheiden. Hierbei spielt die Kommunikationstechnik innerhalb der Anlage eine entscheidende Rolle. Während bislang noch Feldbussysteme und RI/Os das Feld bestimmen, nimmt der Anteil an leistungsfähigeren Ethernet-Lösungen zu – auch und mit besonderenAnforderungen bei der Modernisierung oder Erweiterung von verfahrenstechnischen Anlagen.

Wettbewerbsfaktor Automatisierung

Die industriellen Kommunikationstechnologien werden in Zukunft immer mehr die Produktivität und die wirtschaftliche Effizienz prozesstechnischer Anlagen bestimmen. Wie das Ergebnis der Mercer- Management-Consulting Studie aus dem Jahr 2004 belegt, ist die Automatisierungstechnologie der Schlüssel zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Kernaussage dieser Studie war: “Die Anlagenverfügbarkeit muss bei gleichzeitiger Senkung von CAPEX (Investitionskosten) und OPEX (Betriebskosten) vergrößert werden“. Zentraler Faktor bei den Automatisierungslösungen ist die Kommunikationstechnik.

Typisches Kommunikationsnetzwerk

Ein typisches Kommunikationsnetzwerk in einer Verfahrenstechnischen Anlage unterteilt sich in Betriebsleitebene, Prozessleitebene und Feldebene. Die Betriebsleitebene mit den Softwaresystemen zur Unternehmenssteuerung ist mit Ethernet vernetzt. Hier findet man auch häufig einen Zugang zum Internet, was einen weltweiten Daten- und Informationsaustausch sicherstellt. Das Ethernet bildet auch häufig das Backbone für die Prozesssteuerungen und Leitsysteme. Unterhalb der Prozesssteuerungen befindet sich die Prozessleitebene. Hier findet man Feldbussysteme wie Profibus oder Modbus. Der Signalaustausch zwischen Feldebene und Prozessleitebene wird wieder mit einem anderen Übertragungsstandard realisiert. Dazu zählen die Gerätebusse wie Profibus PA oder Foundation Fieldbus.

Im gesamten Kommunikationsnetzwerk sind nun drei verschiedene Physical Layer und drei Protokolle zum Informationsaustausch zwischen der Feld- und der Betriebsleitebene nötig. Dieses Netzwerk funktioniert im Normalfall zuverlässig. Doch im Fehlerfall ist es für die Bediener nicht einfach, einen Fehler zu lokalisieren. Die Konverter zwischen den verschiedenen Busprotokollen verkomplizieren die Fehlersuche. Dies gilt besonders für sporadisch auftretende Fehler.

Vom Büro ins Feld

Um Geschäfts- und Produktionsprozesse zu vernetzen, ist eine horizontale und vertikale Integration von Informations- und Automatisierungstechnologien in die Betriebsabläufe nötig. Das Ziel ist die durchgängige Kommunikation auf einem einheitlichen Physical Layer. Da Unternehmen üblicherweise bereits über ein Ethernet-LAN für die Vernetzung der Office-PCs verfügen, ist es mit Industrial Ethernet möglich, in das vorhandene LAN die Geräte mit einzubeziehen, die für die Steuerung und Kontrolle von Produktionsprozessen benötigt werden. Im Rahmen von Industrial Ethernet werden Switches, Hubs und Medienkonverter entwickelt, die an industrielle Umgebungsbedingungen angepasst sind. Dazu gehören insbesondere die Befestigung auf einer DIN-Schiene, ein erweiterter Betriebstemperaturbereich, eine erhöhte Schutzart, Vibrationsfestigkeit und vielfach auch besondere Vorkehrungen zur hohen Verfügbarkeit. Da die Netzwerkverbindung im industriellen Umfeld häufig von Maschine zu Maschine in Reihe erfolgt, werden Industrial Ethernet-Netze oftmals in einem Ring realisiert. Dadurch kann ein Störfall auf maximal einen Switch beschränkt werden. Fällt eine Leitung aus, kann das Netzwerk vollständig weiterarbeiten.

Vorteil: Ethernet

Bislang waren Feldbusse das Medium für den Informationsaustausch zwischen der Feld- und der Leitebene. Die am Markt verfügbaren Feldbusstandards sind bewährt, können aber nicht sämtliche Anforderungen der Anwender erfüllen – vor allem die Forderung nach einem einheitlichen Physical Layer, der sämtliche Protokolle überträgt. Darüber hinaus ist auch die Echtzeitfähigkeit der existierenden Feldbusse begrenzt.
Bereits heute wird das Industrielle Ethernet von vielen Experten und Lieferanten als zweite Feldbus-Generation eingestuft. Als Protokolle sind Ethernet IP, Profinet, Modbus TCP, FF HSE für den Physical Layer „Ethernet“ verfügbar.
Ethernet in Verbindung mit dem Profinet-PTC-Protokoll (IEC 61158) oder der Priorisierung (IEEE 802.1p) ist quasi echtzeitfähig. Dagegen übertragen Feldbusse Daten vergleichsweise langsam. Generell ist die Ethernet-Bandbreite den Feldbussen überlegen. Typische Reaktionszeiten im TCP / IP-Protokoll sind < 1 ms. Auch die EMV-Festigkeit ist definiert nach IEC 60068–2.

Ethernet statt und mit Feldbus

Aber nicht nur statt Feldbus, sondern auch mit Feldbussystemen wird Industrial Ethernet in Zukunft die Anlagenkommunikation dominieren. Industrial Ethernet kann die bewährten Protokolle der Feldbus-Standards übertragen und ist somit sehr gut in bestehende Anlagen integrierbar.

Das ist angesichts der Tatsache, dass in Europa nur wenige Anlagen neu gebaut werden ein wichtiges Kriterium. Der gängige Fall ist die Anlagenerweiterung. Dabei stellen sich die Betreiber die Frage: Soll der bereits existierende Standard weiter verwendet werden? Oder, soll ein leistungsfähigerer, modernerer Standard für den erweiterten Anlagenteil die Lösung werden? Bei diesen Fragen gilt es zwei Gegebenheiten zu bedenken. Wird das bestehende, vielleicht nicht so leistungsfähige Buskonzept verwendet, verzichtet man auf moderne Funktionalität und kann neue Funktionen nicht nutzen. Verwendet man dagegen das neue Buskonzept, hat man mit Inkompatibilität zwischen der neuen und der alten Hard- und Software zu kämpfen. Unter diesem Aspekt entscheiden sich Anlagenbetreiber sicher in den meisten Fällen für den bereits verwendeten Standard.

Feldsignale ins Ethernet einbinden

Wie kann Ethernet in Verbindung mit bestehenden Automatisierungslösungen verwendet werden? Herausforderung sind dabei die Umgebungsbedingungen in den verfahrenstechnischen Anlagen:

  • extreme Umweltbedingungen
  • Übertragung von Hilfsenergie und Signalen auf denselben Kabeln
  • eigensichere Signalübertragung (Ex ia)
  • höchste Verfügbarkeit für kontinuierliche Prozesse.

 

In einem typischen Kommunikationsnetz werden konventionelle Feldgeräte mit Normsignalen (4…20 mA oder binäre NAMUR-Signale) mittels Remote I/O verarbeitet und über den Feldbus an die Prozesssteuerung geleitet. Die Automatisierung eines neue Anlagenteils mit Ethernet kann über eine Gateway erfolgen. Dieses setzt den Physical Layer Ethernet auf einen Physical Layer RS 485 um. Das Datenprotokoll kann beispielsweise Profibus sein. So lassen sich klassische Feldsignale in das Ethernet-Automatisierungskonzept via Standard-Remote I/O einbinden. Die Anwender müssen nicht auf Feldgeräte mit Ethernet-Schnittstelle warten und brauchen keine neue Feldbus-Schnittstelle in die Geräte zu implementieren. Dafür sind Komponenten mit eigensicherer Zulassungen und Power-over-Ethernet erhältlich.

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