Dr. Andreas Helget, Geschäftsführer Yokogawa Deutschland.

Dr. Andreas Helget, Geschäftsführer Yokogawa Deutschland. (Bild: Yokogawa)

CT: Yokogawa Deutschland ist ja das europäische Kompetenz-Zentrum für Batch, Food und Pharma. Bleibt diese Ausrichtung?
Helget: Generell kann man sagen, dass wir in der Chemie und Feinchemie, in Food und Pharma einen Schwerpunkt setzen. Und das bleibt auch so. Das ist insbesondere derzeit wichtig, weil das andere Standbein von Yokogawa, nämlich das Öl- und Gasgeschäft, schwächelt. Wir versuchen mit vereinten Kräften in den Bereichen Food, Pharma und generell den GMP-Industrien mehr Projekte zu holen – und das gelingt uns auch.

CT: Sie nutzen derzeit den Slogan „Co-innovating Tomorrow“ – wollen Sie ihre Kunden als Produktentwickler einspannen?
Helget: Co-innovating ist nicht nur die Zielrichtung, mit den Kunden Neues zu entwickeln, sondern durchaus auch mit dem Wettbewerb und mit anderen Marktbegleitern. Wir wollen sowohl unseren Kunden. als auch anderen Teilnehmern der Automatisierungslandschaft einen Co-innovation-Prozess zur Verfügung stellen.

CT: …mit dem Ziel, daraus eine vermarktbare eigene Yokogawa-Lösung zu erstellen?
Helget: Eher ein Öko-System für Lösungsanbieter in der Automatisierung. Ein Beispiel: Ein Kunde von uns hat eine besonders effiziente Art der Auswertung von Brennerdaten selbst entwickelt und sich das patentieren lassen. Er bietet uns an, diese Technik zu vermarkten – durchaus auch an seine Wettbewerber. Wir verhandeln die Voraussetzungen und Konditionen dafür. Daraus entsteht ein Kooperationsmodell, das es so bisher nicht gab.

CT: Welche Voraussetzungen muss ein Systempartner erfüllen?
Helget: Die Lösung des Partners sollte ergänzend zu unserem Portfolio sein. Wir versuchen, unser Angebot zu komplettieren. Ein weiteres Beispiel ist das Projekt „Secure Plant“, das Shell gemeinsam mit Yokogawa und Cisco gestartet hat und eine Co-innovation für die Information-Security einer Anlage zum Ziel hat. Secure Plant stellt eine sichere IT-Umgebung auf Anlagenniveau zur Verfügung. Darin sind sowohl die Büro-IT als auch sämtliche Embedded Systems von uns und unseren Wettbewerbern enthalten.

CT: Die Prozessindustrie versucht, die Büro-IT von den Automatisierungssystemen abzutrennen – das Motto: „1 cm Luft ist die beste Firewall“.
Helget: Diese Zeiten – wenn es sie denn jemals gab – sind vorbei. Jeder Package-Lieferant in einer Anlage hat schon Möglichkeiten zur Fernwartung oder zum Fernzugriff während der Inbetriebnahme, die sich überhaupt nicht in diese Sicherheitsphilosophie einfügen. Und auch viele eingebettete Systeme bieten solche Zugriffsmöglichkeiten. Und darauf basiert zum Teil auch die Effizienz einer Anlage. Wir müssen nun im Nachhinein eine Möglichkeit schaffen, diese sicher zu managen. Und dafür gibt es keine Patentlösung oder geradlinige Vorgehensweise, wie das in der Bürowelt möglich ist. Die Büro- und Automatisierungswelten sicher zusammenzubringen, erfordert neue Lösungen.

CT: Unter dem Schlagwort „Transformation 2017“ hat sich Yokogawa einen ehrgeizigen Veränderungsprozess auferlegt. Was ist der Hintergrund dafür und was wollen Sie ändern?
Helget: Die Notwendigkeit für Transformation 2017 ist für uns aus dem Geschäftsumfeld entstanden. Vor allem Kunden aus der Öl- und Gasindustrie sind gefordert, mehr Informationen aus ihren Prozessen herauszuholen und zu nutzen, um ihre Prozesse optimal zu fahren. Wir überlegen uns, was wir verändern müssen, um diese Veränderungen mit schnelleren Innovationszyklen begleiten zu können. Zu den ersten Schritten gehört, dass wir mit KBC und Industrial Knowledge zwei Unternehmen akquiriert haben, mit denen wir neue Wege der Datennutzung schneller entwickeln und nutzen wollen. Wir müssen uns für neue Märkte neu aufstellen und unser Portfolio neu ausrichten. Die Know-how-Basis dafür ist da, und die Werkzeuge ebenfalls – und das spannende Marktumfeld wird den Transformationsprozess weiter beschleunigen.

CT: Was bedeutet das für die Entwicklung von Automatisierungstechnik?
Helget: Wir wollen die Entwicklungszyklen deutlich beschleunigen. Von der Idee über die Entwicklung bis hin zum einsatzfähigen Prozessmessgerät vergehen bislang rund fünf Jahre. Eine Anforderung im Transformationsprogramm 2017, das ja selbst nur zwei Jahre dauert, ist deutlich schnellere Entwicklungen. Ein aktuelles Beispiel ist unser Sushi-Sensor: Dieser kann Temperatur und Druck messen und weiß, wo er ist. Der wird irgendwo in der Anlage dran geklebt und liefert drahtlos Prozessdaten. Braucht man beispielsweise zum Anfahren einer Anlage temporär mehr Messwerte, sind diese eine halbe Stunde später im Leitsystem verfügbar. Dadurch ist es möglich, in einer neuen Art und Weise Daten zu nutzen und Anlagen schneller in Betrieb zu nehmen. Und wenn der Sensor jetzt noch lernt, wo er und auf welcher Höhe er in der Anlage installiert ist – das wäre echt der Bringer!

CT: Und Ihre Botschaft zur Namur Hauptsitzung?
Helget: Die Transformation von Yokogawa wird ein wesentliches Element sein. Wir werden die wesentlichen Neuerungen mit Beispielen belegen und greifbar machen. Es ist heute nicht jedem klar, wie das Internet der Dinge in sichtbaren Nutzen umgesetzt werden kann. Dazu werden wir einige Beispiele zeigen. Die erwähnten Neuakquisitionen erfolgten nicht per Zufall zur gleichen Zeit – da wird aus Synergien Neues entstehen. Und das wollen wir vorstellen. Die Namur Hauptsitzung wird ein spannendes und für Yokogawa sehr wichtiges Event, ich bin sehr stolz darauf, dass die Entscheidung für das Sponsoring schon kurz vor meinem Eintritt bei Yokogawa gefallen ist. Als global aufgestelltes Unternehmen nimmt Yokogawa die Namur wirklich wichtig. Außerdem unterstreicht das für uns die weltweite Bedeutung der deutschen Chemie. Und natürlich erhoffen wir uns neue Geschäftspotenziale.

Zur Person: Dr. Andreas Helget

Seit 1. April 2016 ist Dr. Andreas Helget CEO der Yokogawa Deutschland GmbH und verantwortet in dieser  Funktion die  Geschäftsbereiche  Industrielle Automatisierung  am  Hauptstandort  in Ratingen, die Test- und Messtechnik in Herrsching sowie die drei Customer Centric Offices in Deutschland. Der Chemie­ingenieur promovierte 1996 im Fachgebiet Systemdynamik und  Regelungstechnik  an  der  Universität  Stuttgart.  Es folgten erste berufliche Aufgaben bei der BASF-Gruppe in Ludwigshafen und Antwerpen, in der Fachstelle für  regeltechnische  Optimierung  und  anschließend  als  Leiter  der  Fachstelle Optimierung  von  verfahrenstechnischen  Produktionsprozessen.  2004 wechselte Helget zu Siemens nach Erlangen, in den Bereich Öl- und Gas-Lösungen, wo er  den  Verkauf  und  die  Abwicklung  zunächst  für  Deutschland,  dann  in  weltweiter Verantwortung  leitete. Zuletzt verantwortete Helget bei Siemens u. a. die Gesamtleitung des Geschäftssegments Öl- und Gas-Solutions des Unternehmens.

Die Namur Hauptsitzung wird auch in diesem Jahr wieder der Nabel der Prozessautomatisierer und Automatisierungsanwender in Deutschland sein. Bild: CHEMIE TECHNIK

Die Namur Hauptsitzung wird auch in diesem Jahr wieder der Nabel der Prozessautomatisierer und Automatisierungsanwender in Deutschland sein. Bild: CHEMIE TECHNIK

Zur Veranstaltung: Namur Hauptsitzung 2016

Die 79. Namur Hauptsitzung, die am 10. und 11. November 2016 in Bad Neuenahr stattfinden wird, steht in diesem Jahr unter dem Motto „Lösungen zur Optimierung in der globalen Prozessindustrie“. Inhaltlich soll dem Trend Rechnung getragen werden, dass Chemie- und Pharmaindustrie mehr und mehr ihre Prozesse und Abläufe global steuern und optimieren müssen. Um Spezialprodukte künftig zu den gleichen Kosten und in der gleichen Geschwindigkeit wie die Massenprodukte herstellen zu können, sind neue, kooperative Ansätze notwendig. Unterschiedliche Unternehmen und Organisationen müssen dazu in der Lage sein, ihre jeweiligen Technologien und Fachkompetenzen zu bündeln und produktiv zusammenzuarbeiten. Als Sponsor wird der Automatisierungs-Lösungsanbieter Yokogawa Produkte, Dienstleistungen und Lösungen zur Prozessoptimierung zeigen.

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