CT: Herr Pütz, welche Ziele hat sich Rockwell Automation für den Prozessautomatisierungsmarkt in Deutschland gesetzt?

Pütz: Vor zehn Jahren hat Rockwell Automation die Entscheidung getroffen, in der Prozessindustrie stärker wachsen zu wollen. Das ist ein interessanter Markt mit einem überproportional hohen Wachstum. Inzwischen sind wir hier zu einem ernstzunehmenden Anbieter gewachsen – allein in Karlsruhe haben wir 200 Mitarbeiter für die Projektabwicklung im Life Science-Sektor – und werden in den Projekten in Deutschland in der Regel mit angefragt. Unser Wachstum liegt in diesem Marktsegment bei rund 20%.

CT: Wo liegen Ihre Schwerpunkte und warum der Fokus auf Pharma und Biotech?

Pütz: Ein Schwerpunkt ist die Batch-orientierte Produktion. Hier ist ein hohes Wachstum in den verschiedenen Segmenten der Life Science-Industrie zu sehen. Und in diesem High Tech-Segment fühlen wir uns auch technologisch besonders stark. Wir können nicht alles anbieten und wollen das auch nicht. Aber im Bereich der MES- und Batchlösungen für Life Science-Unternehmen sind wir in der Lage, alles aus einer Hand anzubieten. Unsere Stärken liegen in den Automatisierungssystemen im Feld bis hin zur Leitebene. Den Markt der chemischen und petrochemischen Industrie haben wir sehr selektiv im Fokus. .

CT: Dennoch hat Ihr Unternehmen in den vergangenen Monaten einige Investitionen in dieser Hinsicht getätigt.

Pütz: Es stimmt, mit der ICS Triplex gehört nun ein Spezialanbieter für hochverfügbare Automatisierungssysteme zu uns, der seinen Arbeitsschwerpunkt im Raffinerie- sowie Öl- und Gasgeschäft hat. Auch die Akquisition des Simulations-Spezialisten Pavilion Technologies zielt auf die Prozessindustrie. Außerdem hat Rockwell Automation den irischen Systemintegrator Proscon gekauft. Dieser hat einen deutlichen Fokus auf die Life Science-Branchen. Sie sehen, das Geschäft mit der Prozessindustrie hat in unserem Unternehmen einen hohen Stellenwert.

CT: Im vergangenen Jahr haben Rockwell Automation und der Feldgeräte-Anbieter Endress+Hauser eine strategische Partnerschaft bekannt gegeben. Was erhoffen Sie sich dadurch?

Pütz: Die strategische Partnerschaft mit Endress+Hauser ist für uns, neben der technologischen Seite, vor allem ein Vertriebsthema. Wir üben diesen Schulterschluss noch – zum Beispiel durch regelmäßige Treffen der regionalen Vertriebsbüros. Auch hier geht es darum, als ein Anbieter auftreten zu können, der in einem Projekt die Gesamtverantwortung für die Automatisierung übernehmen kann. Und da Sensorik für uns selbst kein Schwerpunkt ist, diese aber in Projekten einen wichtigen Anteil hat, haben wir in Endress+Hauser einen sehr kompetenten Partner gefunden.

CT: Welches sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Trends bei Ihren Kunden in der Pharma- und Biotech-Industrie?

Pütz: Die Pharmaindustrie erwartet vom Automatisierungs-Lösungsanbieter, dass er die Gesamtverantwortung übernimmt. Gerade in Deutschland werden ja kaum neue Anlagen auf der grünen Wiese gebaut. Es geht um die Erweiterung oder Änderung der Anlagen. Und hier ist ein entscheidender Punkt, dass der Anbieter in der Lage ist, seine Lösung in die existierenden Strukturen einzubinden. Gerade bei hoch integrierten Prozessen, wie zum Beispiel in Wirkstoffbetrieben, sind in der Regel Systeme vorhanden, die sich von den weiteren Produktionsschritten bis hin zur Verpackung stark unterscheiden. Und da ist die Integration in den Bestand ganz wichtig. Hier arbeiten wir mit einem Hybridansatz: Einerseits übernehmen wir die Gesamtverantwortung, andererseits arbeiten wir mit spezialisierten Systemintegratoren vor Ort zusammen, die das spezielle Know-how über die Prozesse haben.

CT: In den deutschen Chemieunternehmen werden derzeit viele Leitsysteme abgelöst und migriert. Wie schätzen Sie die Situation im Pharmabereich ein?

Pütz: Auch hier stehen eine ganze Reihe von Systemen zur Ablösung an. In der Regel wird in der Praxis aber nicht das gesamte Automatisierungssystem ausgetauscht, sondern ein Stufenplan abgearbeitet. Und da muss man als Anbieter in der Lage sein, neue und alte Technik integrieren zu können. Hier ist es um so wichtiger, das Wissen lokaler Systemintegratoren zu nutzen.

CT: Was hat sich in den vergangenen Jahren in der Projektabwicklung geändert?

Pütz: Qualifizierungs- und Validierungsaktivitäten werden mehr und mehr auf die Lieferanten verlagert. Die Installationsqualifikation IQ wurde schon immer vom Lieferanten erwartet. Zudem wird auch das Operational Qualification OQ immer stärker auf den Lösungsanbieter verlagert. Dabei muss die Schnittstelle zur Performance Qualification PQ so gut bearbeitet sein, dass der Betreiber reibungslos weiterarbeiten kann.

CT: Welches sind die treibenden Kräfte für Automatisierungsprojekte?

Pütz: Die Operational Excellence wird für Pharmazeuten immer wichtiger. Und als Anbieter müssen wir hier den Nutzen unserer Lösungen detailliert nachweisen. Das geht bis dahin, dass wir gemeinsam Key Performance Indikatoren, KPIs, definieren, anhand derer wir uns nachher auch messen lassen und dafür auch Teilverantwortung übernehmen. Im Einzelfall vereinbaren wir auch eine Bezahlung nach Performance-Kriterien. [AS]

„Man muss als Anbieter in der Lage sein, neue und alte Technik integrieren zu können“
Hartmut Pütz ist Geschäftsführer der Rockwell Automation Deutschland GmbH

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Rockwell Automation GmbH Zweigniederlassung der Rockwell International GmbH

Parsevalstraße 11
40468 Düsseldorf
Germany