August 2010
  • Jenoptik Katasorb ist es gemeinsam mit Forschern des Instituts für Technische Chemie und Umweltchemie (ITUC) der Universität Jena gelungen, eine mikrowellen-basierte Technologie für die Abgasreinigung zu entwickeln und in die Praxis zu überführen.
  • Dabei wird ein Katalysatorbett durch Mikrowellenstrahlung innerhalb weniger Minuten aufgeheizt.
  • Es lassen sich wesentlich höhere Heizraten als mit klassischen Technologien realisieren.
  • Da nur der Katalysator geheizt wird, ist das Verfahren sehr energieeffizient.
  • Die Anlage kann deutlich schneller auf wechselnde Betriebszustände bzw. Grenzwertüberschreitungen reagieren.

Mikrowellen sind elektromagnetische Wellen mit einer Wellenlänge von 1 m bis 1 mm. Im elektromagnetischen Spektrum liegen sie mit einer Frequenz von 300 MHz bis 300GHz zwischen dem Bereich der Radiowellen und der Infrarotstrahlung. Um Störungen der zivilen, maritimen und militärischen Telekommunikation zu vermeiden, wurden für Anwendungen im industriellen, wissenschaftlichen und medizinischen Bereich eine Reihe von eng begrenzten Frequenzen, sogenannte ISM-Frequenzen, festgelegt. Die wichtigsten sind hierbei die eher im industriellem Bereich verwendete Frequenz 915MHz(l= 33,3 cm) sowie die in Haushaltsgeräten verwendete Frequenz 2,45GHz (l=12,2 cm). Die bedeutendsten Anwendungen sind:

  • Radar (Verkehrsüberwachung, Wetterbeobachtung, Astronomie, Füllstandmessung),
  • Nachrichtentechnik (Richtfunk, Satellitenkommunikation, TV-Satelliten),
  • Wärmeerzeugung (Mikrowellenofen, Mikrowellentherapie in der Medizin),
  • Spektroskopie (Absorptionsspektroskopie an Molekül-Rotationsübergängen)

Im Bereich Anlagentechnik sind die Hauptanwendungsfelder für Mikrowellen bisher die Gütertrocknung, die Compoundierung von Verbundwerkstoffen, die Hochtemperatursinterung und die Plasmabeschichtung. Entsprechende Anwendungen im Bereich der Abgasreinigung scheiterten bisher daran, dass keine geeigneten Katalysatormaterialien vorhanden und die zu berücksichtigenden Phänomene noch nicht theoretisch durchdrungen waren.

Mikrowellentechnik für die Abgasreinigung nun praxisreif

Jenoptik Katasorb ist es gemeinsam mit Forschern des Instituts für Technische Chemie und Umweltchemie (ITUC) der Universität Jena gelungen, diese Probleme zu lösen und eine Technologie für die Abgasreinigung zu entwickeln und in die Praxis zu überführen. Das ITUC der Jenaer Universität beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der Aufklärung und Anwendungen des alternativen Energieeintrags (MW, US, Mechanochemie u.a.) auf Stoffwandlungs- und Schadstoffabbauprozesse.

Dabei bietet der Energieeintrag durch Mikrowellenstrahlung gegenüber klassischen Heizverfahren den Vorteil, dass Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung anstelle von Wärmeleitung, Konvektion und Wärmestrahlung übertragen wird. Somit ist eine schnelle Durchdringung von mikrowellentransparenten Stoffen (Isolatoren) möglich. Die Umwandlung von Energie in Wärme findet im Idealfall gleichzeitig und gleichmäßig über das gesamte Volumen des Mikrowellen absorbierenden Heizgutes, Wärmeüberträgers oder Katalysators statt, wodurch sich wesentlich höhere Heizraten als mit klassischen Technologien realisieren lassen. Bild 2 illustriert diesen Sachverhalt. Während man zur Erwärmung eines Katalysatorbetts von 10 l mittels Konvektion 1 h benötigt sind zur Aufwärmung mittels Mikrowellenstrahlung nur 4 min notwendig.
Die Anlage arbeitet dabei nach folgendem Prinzip (Bild 3): Das Rohgas, welches nicht vorgewärmt sein muss, tritt in den von Mikrowellen durchdrungenen Reaktor ein. Dort wird das Katalysatorbett mittels Energieübertragung durch die elektromagnetische Strahlung innerhalb weniger Minuten auf Betriebstemperatur geheizt und werden die Schadstoffe abgebaut. Wenn der vorgelagerte Prozess keine Schadstoffe mehr generiert, können die Magnetrone abgeschaltet und dadurch die Energiezufuhr sofort unterbrochen werden. Dadurch arbeitet der Prozess sehr energieeffizient.

Schnell zu regeln und hohe Leistungsübertragung

Durch diese Verfahrensführung wird eine ganze Reihe positiver Effekte erreicht: Durch die selektive Erwärmung lediglich der mikrowellenaktiven Materialien bleiben Reaktorteile und Isolierung „kalt“. Lediglich der Katalysator wird erhitzt. Im Vergleich zum klassischen Heizen entsteht ein inverses Temperaturprofil. Der Prozess lässt sich schnell regeln und überträgt hohe Leistungen. Dadurch sind sehr hohe Heizraten möglich, die Temperatur lässt sich gut kontrollieren und nach Abschalten der Heizquelle entsteht kein „Nachheizen“. Da im gesamten bestrahlten Volumen gleichzeitig erwärmt wird, lässt sich der gesamte Katalysator sehr viel schneller nutzen, als beim klassischen Wärmetransport. Typische Probleme des klassischen Wärmetransports (Wärmeübergang, -leitung, Konvektion) werden so gemindert.

Die entwickelten Katalysatormaterialien sind gleichzeitig mikrowellen- und katalytisch aktiv. Aufgrund ihrer Nanoskalierung sind sie sehr reaktiv gegenüber allen Arten von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC). Sie sind resistent gegenüber einer Reihe von Katalysatorgiften und besitzen eine hohe Thermostabilität. Durch die gewählte Bauform besitzen sie einen vergleichsweise geringen Druckverlust.
Aus der Kombination von Mikrowellentechnologie und dem besonderen Katalysatormaterial ergeben sich eine Reihe von vorteilhaften Eigenschaften und daraus resultierende Anwendungsfeldern für die katalytische Nachverbrennungsanlage. Ihr Betrieb ist energieeffizienter als mit einer klassischen Technologie möglich, da Wärmetransportverluste beim Aufheizen und Abkühlen minimiert werden. Die Anlage kann deutlich schneller auf wechselnde Betriebszustände reagieren, d.h. bei Grenzwertüberschreitung kann sie sofort zugeschaltet und nach Unterschreitung abgeschaltet werden. Dies erspart in vielen Anwendungsfällen sowohl Investitions- als auch Betriebskosten indem auf eine vorgeschaltete Adsorptions-/Desorptionsstufe, die die abzureinigenden Schadstoffe aufkonzentriert, verzichtet werden kann und lange Vorheizzeiten zum Erreichen der Betriebstemperatur des Katalysators nicht notwendig sind.

Aufgrund der beschriebenen Eigenschaften ist die Anlage insbesondere für diskontinuierliche und kontinuierliche Prozesse, bei denen der Schadstoffgehalt stark schwankt, und/oder zur strikten Einhaltung von Emissionsgrenzwerten im Havariefall geeignet. Sie ist modular aufgebaut und lässt sich den Nutzeranforderungen gemäß anpassen.

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