Juni 2010

  • Kunststoffe, die das Endprodukt beeinflussen könnten, z.B. die Verpackungsfolie, die das Lebensmittel direkt umschließt, oder eine Getränkeflasche, müssen rückverfolgbar sein.
  • Mit oder ohne ERP, Auftrags- und Rezepturdaten sind so oder so vorhanden. Ein gut implementiertes System aber führt den Produktionsleiter im Ablauf, gewährt jederzeit Übersicht und entlastet ihn vom Protokollieren aller Daten.
  • Dank der permanenten Verbindung zum ERP-System ist der Lagerist jederzeit im Bild. Seine Chargendaten kann er über sein Erfassungsgerät einscannen. Tippfehler werden so vermieden.
  • Bei zeitkritischen Aufträgen erlaubt gut integrierte Software mehr Spielraum und besorgt automatisch auch „Nebensächlichkeiten“ wie das Ausdrucken von Speditionspapieren, während der Fahrer die letzte Kiste verzurrt.

Mit einer der ersten Produktionsanlagen für Masterbatches in Europa produziert das mittelständische Unternehmen Granula Farb- und Additiv-Masterbatches für Kunden in Europa, Afrika und Asien. Die bald 50jährige Firma mit ihren rund 40Mitarbeitern hält Ihre Produktionsanlagen in Merenschwand (CH) und in Rudolstadt (Thüringen, D) auf dem neuesten Stand, beispielsweise durch ISO 9001:2008-Rezertifizierung. Und seit 1. Januar 2010 mit der Implementierung eines integrierten ERP-II-Systems Casymir.

Auf den ersten Blick scheint die Herstellung von Masterbatches ganz einfach, wenn Geschäftsführer Jürg Weibel Besucher durch den Betrieb geleitet und anschaulich die Produktionsetappen erklärt: das Mischen von Farbpigmenten mit dem Trägerkunststoff, das Extrudieren und Granulieren, gefolgt von Analysetests und Spedition – basta.
Bald allerdings wird offensichtlich, dass ein gewaltiges Know-how erforderlich ist, um einen Farb- oder Additiv-Masterbatch so zu konzipieren, dass er als 0,5 bis 6%ige Beimischung – bei Folien in der Regel etwas mehr – dem Kunststoff und damit dem Fertigprodukt die vom Anwender geforderten Eigenschaften „einimpfen“ kann. Die kaum überschaubare Vielfalt an Kunststoffprodukten erfordert eine Unmenge an sofort abruf- und umsetzbaren Produktionsparametern. Soll ein wetterexponiertes Autokarosserieteil entstehen? Handelt es sich um ein kompliziert gestaltetes Instrumentengehäuse mit engen Grenzen bezüglich Längs- und Querschwund beim Spritzgießen? Oder muss eine dünne Folie zwar firmentypisch eingefärbt sein, dabei aber transparent bleiben?
Die Erfahrungswerte, um derartige Materialeigenschaften zu erzielen, stecken zu einem großen Teil in der Konstruktion und im Aufbau der Extrudierschnecken (Bild2), welche das Gemisch aus Farbpigmenten und Kunststoffgranulat unter hohem Druck (200 bar) und bei Temperaturen um 150 bis 200 °C plastifizieren, homogenisieren und kontinuierlich durch viele runde Formdüsen auspressen. Die gedankliche Assoziation mit einer Teigwarenproduktion drängt sich auf. Diese „Spaghetti“ also durchlaufen eine Kühlstrecke im Wasserbad, erstarren dabei und werden zu Granulat zerhackt (Bild3).
Bei bestimmten komplexen Anwendungen stößt die Verwendung von Masterbatches an Grenzen. Für solche Fälle entwickelt Granulamaßgeschneiderte Compounds, zugeschnitten auf die spezifischen Anforderungen an das Endprodukt. Compounds sind spezielle Werkstoffmischungen, die aus einem oder mehreren polymeren Kunststoffen sowie Füllstoffen oder Zuschlagstoffen bestehen. Die Firma produziert selber keine Standard-Compounds, sie stellt vielmehr ihr breites Know-how in diesem Sektor zur Verfügung.
Nicht selten kommt es vor, dass der Kunde „eine bestimmte Farbe“ sucht oder bei seinen Lebensmittelverpackungen gewisse Geruchsanforderungen voraussetzt. Im firmeneigenen Labor und Technikum –auf Wunsch im Beisein des Kunden– lassen sich Farben nach Mustern nachstellen und in Masterbatches umsetzen. Präzise Farbbestimmung und raffinierte Combi-Masterbatches, beispielsweise für Kunststoffteile im Innenraum von Automobilen, kann sogar das Lackieren erübrigen, was zu signifikanten Kosteneinsparungen führt.
Es liegt auf der Hand: Die vielfältigen Einsatzgebiete von Kunststoffprodukten führen zu einer fast unüberschaubaren Palette an Herstellungsparametern – Rezepturen eigentlich. Spätestens, wenn dann noch Chargenrückverfolgbarkeit gefordert wird (ein großer Teil der Masterbatches ist für die Lebensmittelindustrie bestimmt), führt kein Weg vorbei an einer integrierten und auf die Firma angepassten Business-Software.

IT-Insellösungen durch ERP-II-System ersetzt

So ersetzte Granulaper 1.Januar diesen Jahres ihre IT-Insellösungen durch ein ERP-II-System. Jürg Weibel weiß die Verbesserungen seit der Casymir-Einführung zu schätzen, zum Beispiel die bequeme und tippfehlerfreie Datenerfassung via Strichcode-Scanner und die schnelle Reaktionsmöglichkeit – nicht selten muss ein Masterbatch innerhalb von 24Stunden erzeugt werden. Sukzessive soll die Funktionalität erweitert werden. Zum Beispiel die Stapler mit Handheld Scannern auszurüsten und so direkt in die mobile Lagerverwaltung zu integrieren, was dank des modularen Aufbaus des ERP-Systems jederzeit möglich ist. Doch auch in der derzeitigen Ausbaustufe zeigen sich bereits deutliche Verbesserungen in Verwaltung und Produktion.

Barcodes mit ihrer gebündelten und jederzeit lokal abrufbaren Information sind ein wichtiges externes Vehikel der Chargenverfolgung entlang des logistischen Ablaufs. Intern bilden die im System hinterlegten Herstell- und Prüfvorschriften die Basis für die Produktionsplanung und die Fertigungssteuerung. Beide dienen der integrierten Qualitätsunterstützung.
Rollende Inventarisierung ist nur einer der Gründe, mit Online-Datenerfassung die Vorteile eines ERP-Systems auf die ganze logistische Kette einer Firma auszudehnen. Ein ebenso gewichtiger Grund ist, dass das Team „draußen“ im Lager mit aktuellen Daten stets auf dem Laufenden bleibt. Solche Daten sind wichtige Referenzpunkte in der Wertschöpfungskette, vom Rohstofflieferanten bis zum Endverbraucher.
Nahezu unabdingbar wird eine Betriebsführungssoftware, wenn einerseits die neuen rigiden Lebensmittelvorschriften (EU und CH) einzuhalten sind, gleichzeitig Bestell- und Lieferintervalle kürzer werden sowie generell höhere Kundenansprüche bezüglich Qualität und Produktdeklaration bestehen, welche die Logistiksysteme zunehmend fordern. Ein ERP-System entlastet vom akribischen Protokollieren aller Parameter, berücksichtigt Mengenveränderungen durch Produktionsverluste und deklariert mehrsprachig und länderspezifisch die Inhaltsstoffe, inklusive möglicher Allergene auf der Verpackung.
Richtig zum Glänzen aber kommt die Business Software als Führungsinstrument bei Ausnahmesituationen. Das ist nicht erst bei einem Lebensmittelskandal oder einer landesweiten Rückrufaktion der Fall. Es genügt schon, dass ein Kunde, eine behördliche Instanz oder eine Qualifizierungsvorschrift die Rückverfolgbarkeit der Inhaltsstoffe über alle Herstellungs-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen verlangt.

Auch die IT-Basis muss den Erwartungen gerecht werden. So überlegt sich JürgWeibel, aus Preis- und Stabilitätsgründen auf ein anderes Server-Betriebssystem zu wechseln. Da kommt ihm die Plattformunabhängigkeit des ERP-Systems zugute: Der Betreiber ist bei der Wahl der Server-Hard- und Software nicht eingeschränkt. Und offensichtlich sind Casymir-Arbeitsstationen benutzerfreundlich: Beim Rundgang durch den Betrieb bediente sie der Chef gleich selbst, um typische Geschäftsvorfälle zu demonstrieren!

 

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