März 2014

Das Problem: Es stürmt und scheint nicht immer, und private wie industrielle Stromverbraucher konnten sich bis dato nicht mit der Natur auf feste und damit verlässliche Einspeisezeiten einigen. Folgerichtig stellt sich also die Frage, wie zu Unzeiten gewonnener Strom so lange gespeichert werden kann, bis er dann auch benötigt wird. Die bisherigen Lösungen gingen da in große Dimensionen, beispielsweise Stausehen. Um die wichtigsten Bestandteile, Verzeihung: Mitarbeiter, eines alternativen Verfahrens zur Stromspeicherung zu sehen, braucht es allerdings ein potentes Mikroskop.

Wollmilchsau aus der Urzeit
Archäa, Mikroorganismen also, heißen die kleinen Helfer, die großes für die Energiewende leisten sollen. Sie setzen nämlich klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) in Verbindung mit Wasserstoff (H2) zu Methan (CH4) um. Und Letzteres ist relativ problemlos zu speichern und dann im Bedarfsfall wieder zu verstromen. Entwickelt hat das Verfahren das in Linz ansässige Unternehmen Krajete, das Ende 2013 eine in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Wien durchgeführte Pilotstudie zu diesem Projekt präsentierte. Ergebnis: Das Verfahren erfüllt die beiden wichtigsten Kriterien für einen Stromspeicher; einen geringen Ressourcenverbrauch und ein schnelles Speichern von Strom. Die Fähigkeit der Mikroorganismen, Energie in Methan umsetzen zu können, ist dabei ein bereits seit Längerem bekannter Mechanismus. Die kommerzielle Nutzung dieses Stoffwechsels war allerdings bis dato nicht möglich, da sich die kleinen Lebewesen im Laufe der Evolution auf sehr harsche Umweltbedingungen wie solche in vulkanischen Gebieten oder auch mit hohem Salzgehalt eingestellt haben und sich mittlerweile nur unter diesen richtig entwickeln können. Beispielsweise liegt das Wachstumsoptimum bestimmter Arten jenseits der
80 °C, andere Ableger bevorzugen ein stark saures Milieu mit einem pH-Wert von 0, eine dritte Art wiederum bevorzugt pH-Werte jenseits des zweistelligen Bereichs.  Der Biologe spricht hier auch von „Extremophilie“.

Gezähmte Überlebenskünstler
Dem Unternehmen von Dr. Alexander Krajete ist es nun gelungen, die Einzeller zu domestizieren und ihren methanproduzierenden Metabolismus im Bioreaktor unter vergleichsweise nutzerfreundlichen Bedingungen ablaufen zu lassen. „Unser Verfahren erlaubt den Ablauf des Prozesses bei milden Temperaturen von  40 bis 60 Grad Celsius und bei atmosphärischem Druck. Extreme Hitze oder hoher Druck wie an den Naturstandorten der Archäa sind nicht mehr notwendig. Das spart Ressourcen – und erfüllt damit ein wesentliches Kriterium für eine effiziente Stromspeicherung, erklärt Krajete. Das zweite, bereits erwähnte Kriterium ist die Reaktionszeit. Auch hier konnten die Forscher optimistisch stimmende Ergebnisse präsentieren: Den Prozess konnten sie innerhalb von nur einer Minute auf Volllast hoch- und wieder runterfahren. Und das über Monate. Die Ausgangsprodukte stellen die Entwickler ohnehin vor keine Schwierigkeiten. Kohlendioxid ist einfach aus der Luft zu entnehmen, den nötigen Wasserstoff beziehen sie mittels Elektrolyse aus Wasser. In den Wartephasen, wenn also gerade kein Überschussstrom für die Wasserstoff-Produktion vorliegt, verbraucht das Verfahren laut Unternehmen so gut wie keine Energie. „Es kommt dem Idealzustand der sofortigen Stromspeicherung in Form von Erdgas sehr nahe,“ kommentiert
Firmengründer Krajete.

Nicht nur Power-to-gas
Darüber hinaus lassen sich mit dem Verfahren auch Bio- und Abfallgase zu Erdgas veredeln, Verbrennungsgase aus Benzin- und Dieselkraftstoff, syngasähnliche Gase der Stahlindustrie oder Müllverbrennung sowie Rohbiogas zu Methan umwandeln – bei einem Reinheitsgrad von mehr als 95 Prozent. Durch das direkte Verwerten solcher industrieller Realgase lässt sich die Technologie laut Krajete direkt in die Energiekonzepte von Unternehmen integrieren. Eine seit vier Jahren betriebene Anlage im Semipilotmaßstab produziert bereits stündlich 200 l Methan; eine Anlage mit einem Produktionsvolumen bis 10 m3/h ist für dieses Jahr bereits in Planung. Dabei arbeitet das Verfahren mit einem chemischen Wirkungsgrad nahe 83 Prozent. Wer weiß, vielleicht hat BASF-Vorstandschef Dr. Kurt Bock eben nur bedingt recht, wenn er bezüglich der erneuerbaren Energien ein Ende des Streichelzoos fordert (siehe auch unser Spotlight am Ende dieser Ausgabe). Vielleicht ist es ja gerade die Tierwelt, die unsere Energieprobleme zu lösen hilft.

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