Mai 2015
  • Großanlagenbauer investieren weltweit jährlich rund 300 Mrd. Euro. Dabei sind hohe Investitionen und komplexe Risiken zwei prägende Kennzeichen von Anlagenbauprojekten.
  • Um Risiken zu erkennen und gegenzusteuern haben sich Monte-Carlo-Simulationen etabliert. Mit ihnen ist es möglich, alle Projektphasen einer Prüfung zu unterziehen, denn die Simulation rechnet sämtliche Szenarien unter Berücksichtigung von Risiken und Chancen durch.

Mit Zufallsszenarien zu validen Aussagen
Die Simulation errechnet unter zufälliger Kombination der verschiedenen erfassten Einzelrisiken und -chancen deren Auswirkungen auf Meilensteine und den Fertigstellungstermin des Neu- oder Erweiterungsbaus. Diese Simulation wiederholt der Rechner automatisch tausendfach mit unter-schiedlichen Kombinationen der Risiken, sodass im Ergebnis eine Wahrscheinlichkeitsverteilung des möglichen Projektausgangs auf einer Skala zwischen Best und Worst Case vorliegt. Im Ergebnis erhalten Planer also eine Aussage darüber, welche Risiken den größten Einfluss haben und wie wahrscheinlich das Erreichen von Einzelterminen und des Projektendtermins sind. So kann die Wahrscheinlichkeit, einen deterministisch bestimmten Projektendtermin zu erreichen, bei nur 20 Prozent liegen. Um die angestrebte 80-prozentige Wahrscheinlichkeit zu erreichen, ist ein weiteres Optimieren des Terminplans notwendig. Mögliche Optionen sind dabei das Identifizieren und Umsetzen von Gegenmaßnahmen zum Abwenden der erkannten Risiken, das Überprüfen des Ressourceneinsatzes oder Verkürzen von Durchlaufzeiten. Ist die Wahrscheinlichkeit zum Erreichen der Projektdauer auch durch das iterative Optimieren weiterhin nicht zu erhöhen, sollte der Planer diese auf eine realistische Länge anpassen. Grundlage für ein aussagekräftiges Simulationsergebnis ist die Qualität des Terminplans. Wichtig sind dabei sowohl die inhaltliche Qualität, das heißt das vollständige Abbilden aller geplanten Aktivitäten im Terminplan, als auch die terminplantechnische Qualität, also das dynamische Verknüpfen aller voneinander abhängigen Aktivitäten. Im nächsten Schritt wird der Terminplan durch Prüfen des kritischen Pfades, der eingesetzten Ressourcen oder dem Parallelisieren von Aktivitäten so optimiert, dass er eine realistische aber anspruchsvolle Abbildung des geplanten Projektes darstellt. Anschließend werden für jedes Arbeitspaket die optimistische, realistische und pessimistische Dauer (Dreipunktschätzung) sowie bekannte Projektrisiken und Chancen erfasst. Da diese Daten in der Regel nicht einfach zur Verfügung stehen und jedes Projekt seine eigenen spezifischen Risiken beinhaltet, müssen die Verantwortlichen diese Informationen im Vorfeld durch entsprechende Interviews mit den beteiligten Personen erheben. Der zeitliche Aufwand für den Aufbau des Risikomodells ist überschaubar und zahlt sich am Ende aus. Ultimatives Ziel ist das Optimieren der Projektdauer bei transparentem und beherrschbarem Risiko.

Risiken aktiv managen
Ein Beispiel aus der Industrie: Ein Chemiekonzern fällte die Entscheidung, seine Produktionskapazitäten zu erhöhen. Die Marktsituation war günstig, der Bedarf stieg und daher sollte eine Anlage innerhalb eines bestehenden Standortes entstehen. Fast 400 Mio. Euro Investitionsvolumen wurden bewilligt. Dem Projekt lag ein ambitionierter Zeitplan zugrunde, um die günstigen Marktbedingungen zu nutzen und einen beschleunigten Return on Investment der Produktionsstätte zu ermöglichen. Bereits nach zwei Jahren Bauzeit sollte die Anlage fertiggestellt sein und die Produktion aufnehmen. Eine Herausforderung für die lokal verantwortlichen Ingenieure und das Planungsteam, denn die Bedingungen entpuppen sich alles andere als einfach: Aufgrund der ambitionierten Planungs- und Bauzeit erwies sich das Beschaffen benötigter Anlagenteile in einem Markt mit begrenzten Kapazitäten als schwierig. Des Weiteren mussten die Planer aufgrund der klimatischen Bedingungen am gewählten Anlagenstandort in Nordamerika mit Verzögerungen durch widrige Witterungsbedingungen rechnen. Zusätzlich mussten sie mögliche Probleme beim Anliefern der vorgefertigten Anlagenteile, insbesondere der benötigten Kolonnen, einkalkulieren. Die durch die identifizierten Risiken zu erwartende Dynamik und Komplexität des Projektes und deren Auswirkung auf die Projektdauer wurden bereits in einer frühen Phase in einer Terminplan-Monte-Carlo-Simulation modelliert. Im Ergebnis lag eine Anzahl möglicher Projektszenarien vor, auf deren Basis die Verantwortlichen präventive Gegenmaßnahmen identifizieren konnten. Die Analyse ergab, dass unter Berücksichtigung der Risiken das avisierte Projekt­ende nur mit einer Wahrscheinlichkeit von unter 40 Prozent zu erreichen war. Das Planungsteam traf auf dieser Basis organisatorische Vorkehrungen, beispielsweise Maßnahmen, um auch bei extrem niedrigen Temperaturen weiterhin effektiv arbeiten zu können. Des Weiteren wurden auf Basis der Monte-Carlo-Analyseergebnisse „Plan-B“-Aktionen festgelegt, um auf während der Projektumsetzung eintretende Risiken, die im Vorfeld nicht abgewendet werden konnten, reagieren zu können. Gleichzeitig wurden auf Basis der Simulation die Vorgaben des Top-Managements für das Projekt neu verhandelt. Das Ergebnis war eine um zwei Monate verlängerte Projektdauer, die den realistischen Zeithorizont wiedergab und trotzdem einen raschen Return on Investment versprach. Insgesamt konnten die Beteiligten den Bau der Anlage so mit einem kalkulierbaren Risiko und hoher Terminsicherheit fertigstellen.

Zu Capex 2015
Großprojekte erfolgreich managen

Der Beitrag zeigt, dass eine erfolgreiche Umsetzung von Großprojekten eine enorme Herausforderung für die Projektorganisationen von Industrie- und Infrastrukturunternehmen darstellt. Die T.A.-Cook-Tagung „Großprojekte erfolgreich managen“ vom 01. bis 02. Juli in Berlin diskutiert die wichtigsten Stellschrauben von der Auftragsklärung bis zur Abwicklung. Referenten renommierter Unternehmen geben ihre Projekterfahrungen weiter und zeigen auf, wie es möglich ist, die verschiedenen Phasen großer Projekte effektiv zu durchlaufen.

 

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