Aufmacher

(Bild: Sashkin / Andrei Merkulov – Fotolia)

  • Ruths-Dampfspeicher können kurzzeitige Belastungsschwankungen im Dampfnetz einer Anlage kompensieren, indem sie Dampf bei Spitzenlast speichern und bei gedrosselter Leistung freigeben.
  • Die für den effizientesten Betrieb notwendigen Dimensionen eines Dampfspeichers  sind mit mathematischen Modellen präzise zu bestimmen.
  • Im Beispielfall kann eine mit Dampfspeicher betriebene Entsalzungsanlage ökonomisch und ökologisch sehr effizient Trink- und Prozesswasser aus Meerwasser gewinnen.

Er besteht aus einem wärmeisolierten Tank, der bis zu 95 % mit Heißwasser gefüllt ist. Der Ladedampf wird durch eine Rohrleitung mit Düsen im Boden des Speichers eingeblasen und gibt Wärme an das Wasser ab. Der Dampf verflüssigt sich und somit steigen Druck und Temperatur an. Umgekehrt sinken bei der Dampfentnahme Druck und Temperatur. Diese aus hochwertigen Werkstoffen konstruierten Apparate kommen liegend und stehend in vielen Bereichen zum Einsatz. Bilfinger Bohr- und Rohrtechnik bietet kosteneffiziente Lösungen unter anderem für Industrie- und Energieerzeugungsanlagen nach nationalen und internationalen Normen und Standards.

Dampfspeicher in der Meerwasserentsalzung

Um Dampfspeicher bestmöglich vordimensionieren zu können, sind zuerst „Speichervermögen-Druckgefälle“-Diagramme notwendig, basierend auf Massen- und Energiebilanzen des Speichers. Der Speicher wird solange mit Dampf bei Drücken von üblicherweise 5–100 bar beladen, bis der Druck im Speicher den Ladedampfdruck erreicht. Je höher der Ladedruck und je niedriger der Entladedruck ist, desto kleiner lassen sich Dampfspeicher auslegen. Ein dynamisch im Programm „Mathematica“ implementiertes Speichermodell mit Hilfe mathematischer Modellierung ermöglicht es, die Speicherwärmeverluste nach außen, die von den Speicher-Wänden absorbierte Wärmemenge und den Zustand dieses thermodynamischen Systems in Abhängigkeit von der Zeit zu berechnen.

Eine Meerwasserentsalzungsanlage im Nahen Osten entfernt Salze aus dem Meerwasser  mittels einer mehrstufigen Entspannungsverdampfungsanlage (MSF-Anlage), welche sehr energieintensiv ist. Die Anlage gewinnt täglich bis zu 50.000 m³ Prozess- und Trinkwasser, als Nebenprodukt fällt Kochsalz an. Der MSF-Anlage steht die Abwärme (Niederdruckdampf bei ca. 2 bar) eines in der Nähe befindlichen Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerks (GuD-Kraftwerk) zur Verfügung.

Um die Betriebs- und Trinkwasserherstellung auch bei gedrosselter Leistung des Kraftwerks zu sichern und die Schwankungen im Dampfsystem zu bewältigen, ist der Einsatz eines Dampfspeichers von etwa 100 m3 zur Unterstützung der MSF-Anlage als kurzfristige Reserveleistung geplant. Dieser Dampfspeicher wird meist nur wenige Stunden pro Tag beladen und entladen und lässt sich gut regeln.

Stufenweise effizientes Verdampfen

Das Meerwasser strömt durch die einzelnen Stufen eines Rohrwendel-Wärmeübertragers und erhitzt sich von Stufe zu Stufe auf 100 °C. Anschließend steigt die Meerwassertemperatur im mit dem Niederdruckdampf betriebenen 100 t schweren Hauptwärmeübertrager, dem sogenannten „Brine Heater“, auf maximal 122 °C. Dieses erwärmte Salzwasser strömt zur ersten Entspannungsstufe beim niedrigeren Druck und verdampft spontan. Der entstehende Süßwasserdampf kondensiert an der Außenfläche des Rohrwendel-Wärmeübertragers.

Das Destillat jeder Stufe wird durch ein Becken gesammelt und in die nächste Stufe geführt. Die Temperatur und der Druck sinken von Stufe zu Stufe ab, damit in jeder Stufe ein Teil des Meerwassers thermisch effizienter verdampfen kann. Die rund 3 kt schwere Verdampfungsanlage besteht aus 20 Stufen und benötigt bis 1 kg Niederdruckdampf für das Herstellen von 9,5 kg Trink- oder Prozesswasser.

Das Kraftwerk erzeugt bei unterschiedlichen Druckniveaus überhitzten Dampf, der je eine Hochdruck-, Mitteldruck- und Niederdruckturbine antreibt. Die Hochdruckturbine (135 bar und 520 °C), die Mitteldruckturbine (45 bar und 490 °C) und die Niederdruckturbine (9 bar und 340 °C) werden nur mit dem überhitzten Dampf betrieben.

Der vom Kessel kommende Hochdruckdampf gelangt in die Turbine und entspannt sich beim Durchfließen. Um seine Temperatur zu erhöhen und den Kraftwerk-Wirkungsgrad zu verbessern, wird der Dampf wieder zum Kessel geführt. Danach strömt der Dampf in die Mitteldruck-Turbine und anschließend durch eine Rohrleitung in die Niederdruck-Turbine. Zum Schluss wird Niederdruckdampf in den Kondensatoren verflüssigt und in den Kessel gepumpt, um wieder Hochdruckdampf erzeugen zu können.

Reserve aus dem Dampfspeicher

Die Leistung des GuD-Kraftwerks lässt sich zwischen 20  und 100 % regeln. Nur wenige Stunden pro Tag muss das Kraftwerk für hohe Leistungsnachfragen im Netz zur Verfügung stehen, welche in der Regel sehr gut vorherzusehen sind. Die Spitzenlast nähert sich den maximalen Werten zwischen 11:30 und 13:30 Uhr sowie zwischen 16:00 und 18:30 Uhr an. Die Leistung des Kraftwerks lässt sich also je nach Strombedarf variieren und dem Tagesfahrplan anpassen.

Der Kraftwerkbetreiber versucht, die Kraftwerkleistung bei Schwachlastzeiten, vor allem nachts, langsam unter 50 % Nennleistung zu drosseln. Die Leistung der Meerwasserentsalzungsanlage ist beschränkt zwischen 65 bis 100 % der Nennleistung. Daher ist auch ein Herunterregeln von über 30 % der Leistung von der mehrstufigen Entspannungsverdampfungsanlage bei Ausfällen in dem Kraftwerkbereich eingeplant.

Bei dieser beschränkten Leistung springt der Dampfspeicher ein: Vor und nach der Spitzenlast (hochgefahrenes Kraftwerk über den Tag) wird der Speicher langsam durch Zufuhr von überhitztem Dampf (Mitteldruck- und Niederdruckdampf aus der Turbinenanzapfung) voll beladen, während das Kraftwerk auf Grundlast gedrosselt wird. Die Speicherentladung erfolgt nachts durch die Abfuhr von Sattdampf. Die mit dem Dampfspeicher betriebene Entsalzungsanlage kann ökonomisch und ökologisch sehr effizient Brauchwasser aus dem Meerwasser gewinnen.

Basierend auf den Daten des realen Anwendungsfalls ließ sich der optimale Füllgrad des Speichers (ca. 100 m³), bei dem die maximale Dampfmenge zu entnehmen ist, ermitteln:

  • Speicherfüllgrad = [Wasservolumen/Speichervolumen] x 100
  • Betriebsfall 1: Füllgrad 50 %, 20 °C
  • Betriebsfall 2: Füllgrad 65 %, 20 °C
  • Be- und Entladen: 340 °C, 9 bar, 2 t/h bzw. 122 °C, 2,1 bar, 4 t/h

Aus den Simulationsergebnissen ergibt sich der Betriebsfall 2 als optimaler Füllgrad.

Sonniger Ausblick

Die Länder der Region Naher Osten mit 200 bis 350 Sonnentagen im Jahr haben sehr großes solares Potenzial für industrielle Prozesswärme. Um die Meerwasser­entsalzungsanlage, welche zunehmend an Bedeutung gewinnt, mit Hilfe von Sonnenenergie betreiben zu können, werden die Solaranlagen auf Eignung zur Dampfspeicherung untersucht. Erste Simulationsergebnisse haben ergeben, dass mit einem Speicher von etwa 15 m³ ausgerüstete Solaranlagen von 2.000 m² ausreichend Prozessdampf zwischen 100 und 250 °C auch nachts zur Verfügung stellen können.

Homepage Bilfinger Bohr- und Rohrtechnik.

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