Juni 2013
  • Bei der Raffinerie PCK Schwedt wurde die Belüftung eines 2.000 m³ großen Belebungsbeckens erfolgreich von einer Oberflächenbelüftung durch Kreiselbelüfter auf eine Flächenbelüftung auf dem Beckenboden umgestellt.
  • Dadurch wurde die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Wasseraufbereitung verbessert und die Geruchsentwicklung deutlich reduziert.
  • Die Belebungsluft liefern drei im Container installierte Delta-Hybrid-Verdichter des Typs D 62 S (Motorleistung 90 kW, 500 V), ausgelegt für einen Betriebsdruck von 700 mbar.

Als Pilot-Projekt wurde bei der 100 km nordöstlich von Berlin gelegenen Raffinerie PCK Schwedt die Belüftung eines 2.000 m³ großen Belebungsbeckens erfolgreich von einer Oberflächenbelüftung durch Kreiselbelüfter auf eine Flächenbelüftung auf dem Beckenboden umgestellt. Eine neue Container-Station mit drei Drehkolbenverdichtern der Baureihe Delta Hybrid von Aerzener stellt in dem neuen Konzept den benötigten Luftsauerstoff bereit. Mit der Investition im Bereich der werkseigenen Abwasseraufbereitung will PCK gleich mehrere Ziele erreichen. Ein neues Belüftungssystem am Belebungsbecken 3 soll als Pilot-Projekt

  • die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der Wasseraufbereitung nachhaltig verbessern;
  • die Wassertemperatur erhöhen, um die Aktivität der Bakterien insbesondere in den Wintermonaten zu steigern;
  • die Geruchsentwicklung in diesem Bereich deutlich reduzieren.

Das aus der Oder und aus eigenen Brunnen entnommene Rohwasser wird in mehreren Verfahrensabläufen und als Frischwasser u.a. im Kraftwerk zur Dampferzeugung, als Kühlmedium in den Rückkühlwerken sowie zum Auffüllen von Verdunstungs- und Abschlämmungsverlusten eingesetzt. Das Abwasser der PCK wird in einer werkseigenen zentralen Abwasser-Aufbereitungsanlage physikalisch, chemisch und biologisch aufbereitet. Das gereinigte und geprüfte Wasser wird dann in die Oder zurückgeführt. Dieses Abwasser enthält nicht nur Salze, die aus den Rohlölprodukten durch Wasser ausgetragen werden (sogenannte Sole-Wasser). In einer „ölverschmutzten Abwasserkanalisation“ wird anfallendes Leckageöl ebenso gesammelt wie Öl, das bei Produkteinbrüchen, Reparaturen oder bei den verschiedensten Reinigungsprozessen anfällt. Außerdem wird der zentralen Abwasseranlage geruchsintensives schwefel- und mercaptanhaltiges Abwasser (sogenanntes Sauerwasser) zugeführt.

Kreiselbelüfter: laut und ineffizient
für die Biologie

Die Abwasser-Reinigungsanlage arbeitet nach dem biologischen Prinzip. In einem Ölabscheider werden dem ankommenden Abwasser zunächst die physikalischen Ölbestandteile entzogen. In der anschließenden chemischen Flockungsstufe erfolgt unter Einsatz von Eisenchlorid eine Fällungsreaktion, so dass chemische Stoffe und Sinkstoffe im anschließenden Zwischenklärbecken über Sedimentation abgetrennt werden können. Das jetzt entstandene vorgereinigte Abwasser wird dann in der nächsten Stufe in vier parallel arbeitenden Belebungsbecken mit dem Rücklaufschlamm aus den Nachklärbecken durch Bakterien biologisch aufbereitet. Um eine intensive Arbeit und eine ausreichende Vermehrung dieser Bakterien sicherzustellen, wurden diese vier ca. 6 m tiefen Becken mit einem Fassungsvolumen von mindestens je 2.000 m³ z. T. seit den 70er Jahren durch Kreiselbelüfter mit Sauerstoff versorgt. Für dieses System nennt Enrico Schmottlach, Spezialist für die Wasserwirtschaft bei PCK, jedoch erhebliche Nachteile:

  • Die Kreiselbelüfter arbeiten sehr geräuschintensiv;
  • Da der Eintrag von Sauerstoff lediglich über die aufgewirbelte Oberfläche erfolgt, ist der Sauerstoffgehalt im oberen Beckenbereich höher als in Bodennähe;
  • Durch die intensive Aufwirbelung des Abwassers an der Oberfläche werden erhebliche Mengen der im Abwasser befindlichen Aerosole und damit auch im Abwasser befindliche Geruchsstoffe an die Umgebungsluft ausgetragen, was zu einer unerwünschten Belastung der Umwelt führt;
  • Außerdem führt diese Oberflächen-Belüftung durch die Aufwirbelung des Abwassers speziell im Winter bei Außentemperaturen von bis zu -20 °C nicht nur zu einer nebligen Atmosphäre über den Becken, sondern auch zu einer unerwünschten Abkühlung des Abwassers im Belebungsbecken und somit zu einer deutlichen Verschlechterung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bakterien.

Die Kreiselbelüfter mit Antriebsleistungen von 20 und 30 kW konnten bisher bedarfsabhängig nur mit konstanten Umdrehungen von 1.000 und 1.500 1/min gefahren werden, wobei die niedrigere Drehzahl bei geringerer Beladung – auch in Hinblick auf die Energiekosten – bevorzugt wurde. Bei weiter reduziertem Sauerstoffbedarf wurden einzelne Belüfter zur weiteren Verbesserung der Energie-Effizienz auch ganz abgeschaltet. Dann entstand allerdings die Gefahr, dass sich Schlamm im Becken absetzte.
 
Belüftung von unten statt von oben
Um diese Nachteile zukünftig auszuschließen, wurde zunächst im Belebungsbecken 3 ein neues Belüftungssystem realisiert und im Oktober 2012 in Betrieb genommen. In dieses Becken werden stündlich ca. 150 bis 250 m³ Abwasser eingeleitet. Jetzt erfolgt die Belüftung des Beckens nicht mehr von oben, sondern von unten durch Düsenrohre auf dem Beckenboden. Den benötigten Sauerstoff liefern jetzt drei Drehkolbenverdichter, die in unmittelbarer Nähe des Belebungsbeckens 3 in einem speziellen Container installiert wurden. PCK-Abwasser-Spezialist Enrico Schmottlach erwartet von dieser neuen Technologie wesentliche Vorteile:

  • niedrigere Energiekosten durch konstante Einhaltung des Sauerstoff-Sollwertes;
  • bedarfsabhängige Erzeugung des Sauerstoffs für optimale Bedingungen der Bakterien;
  • besonders effektive und sehr gleichmäßige Belüftung des gesamten Beckeninhalts von 2.000 m³ durch einen konstanten Druck von 480 mbar in der Hauptleitung;
  • verringerter Austritt geruchsintensiver Bestandteile des Abwassers durch eine beruhigte Oberfläche im Becken;
  • speziell im Winter wesentlich reduzierter Wärmeverlust und verminderter Kälteeintrag durch eine beruhigte Abwasseroberfläche ohne Aufwirbelung durch die eingesetzten Kreiselbelüfter;
  • deutlich verbesserte Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Bakterien durch erhöhte Beckentemperatur in der kalten Jahreszeit;
  • Geräuschreduzierung im Bereich von Belebungsbecken 3 auf max. 70 dB(A).

Sauerstoff aus dem Container
Das neue Konzept wurde entsprechend den Vorgaben des umfangreichen Pflichtenheftes in unmittelbarer Nähe zum Belebungsbecken 3 in einem ca. 6,6 m langen begehbaren Spezial-Container installiert, dessen eine Längswand durch zwei Falttüren in voller Länge geöffnet werden kann. Drei verschließbare Öffnungen im Dach erlauben das Aus- und Einbringen von größeren Anlagenkomponenten wie z. B. Motoren oder Verdichterblöcken. Eine 100 mm dicke, geräuschdämmende Innenverkleidung und zusätzliche schallgedämmte Zu- und Abluftkanäle an den beiden Stirnseiten reduzieren den Schalldruckpegel außerhalb des Containers auf die vom Betreiber geforderten max. 70 dB(A). Zwei thermostatgesteuerte Abluftventilatoren sorgen dafür, dass die Innentemperatur maximal 20 °C über der Außentemperatur liegt. Installiert wurden drei Delta-Hybrid-Verdichter des Typs D 62 S (Motorleistung 90 kW, 500 V), ausgelegt für einen Betriebsdruck von 700 mbar:

  • Zwei Aggregate werden drehzahlgeregelt über Frequenzumrichter gefahren (Lieferbandbreite 18 bis 59 m³/min).
  • Eine Anlage arbeitet mit fester Drehzahl und konstanter Liefermenge von 59 m³/min.

Die Druckluft tritt bei Umgebungstemperaturen von 30 °C mit ca. 100 °C und bei 0 °C mit ca. 70 °C aus den Aggregaten aus. Sie kühlt sich in den anschließenden, direkt zugeordneten Rohrschalldämpfern und in der nicht isolierten Sammelleitung auf dem Weg zum Belebungsbecken 3 zwar noch ab, wird aber selbst in strengen Wintern mit Temperaturwerten deutlich über 0 °C in das Becken eingetragen. Die drei Aggregate sind über außenliegende Hauptschalter zu- und abschaltbar. Die bauseits beigestellten Frequenzumrichter der zwei geregelten Aggregate wurden in einem benachbarten Gebäude installiert. Der von einem Spezialunternehmen gefertigte Container wurde in Aerzen entsprechend den Vorgaben des Pflichtenheftes und den speziellen Wünschen der Abteilungen ETA (Elektrotechnik, Antriebe) und MSR (Meß-, Steuer- und Regeltechnik) komplett bestückt, verrohrt und verkabelt, per Tieflader nach Schwedt transportiert und dort per Kran auf eine vorbereitete Fundamentplatte aufgesetzt. Nach Anschluss von Elektro- und Druckluftleitung war die Station sofort betriebsbereit. Sie wird über die zentrale Messwarte gefahren, von wo auch direkt in die Prozesse in der Station eingegriffen werden kann.
„Mit diesem neuen Sauerstoff-Erzeugungskonzept haben wir in der PCK Neuland betreten. Wir werden jetzt zunächst Erfahrungen sammeln und herausfinden, ob bereits ein regelbarer Verdichter den Bedarf decken kann, ob wir zusätzlich eine ungeregelte Anlage als Grundlasterzeuger oder zwei regelbare Verdichter betreiben müssen. Über eine ausreichende Redundanz verfügen wir in jedem Fall. Wenn sich das neue Sauerstoff-Konzept bewährt, ist geplant, auch unsere übrigen drei Belebungsbecken umzurüsten“, erklärt Abwasser-Fachmann Schmottlach.

Zur Technik
Kombi aus Drehkolben und Schraube

Bisher ließen sich mit herkömmlichen Drehkolbengebläsen nur Drücke bis 1 bar Höchstdruck erzielen. Darüber mussten Schraubenkompressoren eingesetzt werden, die einstufig aber für deutlich höhere Drücke von 2 bzw. 3,5 bar ausgelegt sind. Sie sind damit für sehr niedrige Drücke bauartbedingt „viel zu schade“ und deshalb in der Investition zu teuer. Die neuen ölfrei verdichtenden Delta-Hybrid-Aggregate vereinigen die Vorteile beider Systeme. Dabei tendieren die Anlagen für niedrigere Drücke eher zu einem Gebläse, für höhere Drücke eher einem Schraubenverdichter.
Die Anlagen werden dort eingesetzt, wo Luft und neutrale Gase im Druckbereich bis 1,5 bar gefördert werden müssen, z.B. in Kläranlagen, in der Chemie, der Kraftwerkstechnik oder zum Transport und zum Entladen staubförmiger Güter. Sie stehen in folgenden Leistungsbereichen zur Verfügung:

  • Volumenströme: 10 bis 100 m³/min
  • (600 bis 5.900 m³/h)
  • Einsatzbereiche: für Luft-, Über- und
  • Unterdruck
  • Druckbereich: 0 bis 1,5 bar
  • Saugbereich: bis – 0,7 bar

Die Verdichter zeichnen sich durch ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis und vergleichsweise niedrige Investitions-, Energie- und Wartungskosten aus. Im Gegensatz zu Turboverdichtern entstehen auch bei unterschiedlichen Eingangstemperaturen oder bei Druckschwankungen nur geringe Leistungsschwankungen. Die Maschinen arbeiten energieeffizient und erzeugen vergleichsweise niedrige Druckluft-Austrittstemperaturen. Sie lassen sich im Leistungsbereich 25 bis 100 % regeln.

Zum Anwender
Raffinerie PCK

In der Raffinerie PCK im ostdeutschen Schwedt sind 1.150 Mitarbeiter beschäftigt. Die Raffinerie verarbeitet jährlich bis zu 12 Mio. t Rohöl zu Kraftstoffen und anderen Erdölprodukten. PCK ist der wichtigste Kraftstoffversorger von Berlin und Brandenburg. Fast jedes Flugzeug, das in Berlin startet, fliegt mit Schwedter Kerosin, und jedes zehnte Auto in Deutschland fährt mit Kraftstoff aus Schwedt.

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Unternehmen

Aerzener Maschinenfabrik GmbH

Reherweg 28
31855 Aerzen
Germany