April 2012
  • Das Besetzen offener Stellen ist immer risikobehaftet.
  • Ein Mitarbeitet erbringt unter Umständen nicht in jeder Abteilung die von ihm gewohnte Leistung.
  • Fehlbesetzungen können für das Unternehmen einen finanziellen Verlust in der Höhe dreier Jahresgehälter bedeuten.
  • Es gibt keine ideale Kandidaten, nur geeignete.
Bild: ©fotografiedk - fotolia.com

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Alle kennen die Metapher vom Fisch, der vom Kopf her stinkt. Zwar scheint dies zunächst ein negatives Bild zu sein, doch ist damit deutlich lokalisiert, wo das Entscheidende und Maßgebliche sitzt: An der Spitze oder schlicht: oben. Übertragen auf Unternehmen ist dieser metaphorische Kopf das Topmanagement. Seine Entscheidungen sind es, die weitreichende Auswirkungen im gesamten Unternehmen haben. Das gilt selbstverständlich auch für die Besetzung vakanter Funktionen und Positionen, ob durch eine interne oder externe Personallösung.

Fehlerquelle: Die Entscheider

Es geht um Vorbeugung: Welchen Beitrag können die Personen aus der Entscheidungszentrale leisten, um Fehlbesetzungen zu vermeiden? Mitarbeiter mit und ohne Führungsverantwortung sind bekanntlich das A & O für den Erfolg des Unternehmens. Erstaunlicherweise spiegeln Personalentscheidungen diese tragende Bedeutung noch immer selten wider: Personaler und/oder Chefs hätscheln und befördern die einen Arbeitnehmer, die anderen vernachlässigen und vergessen sie – und zwar weitgehend unabhängig von faktischen Leistungen und Qualifikation. Hier wirkt das Matthäus-Prinzip: „Wer hat, dem wird gegeben“ – nicht aus reiner Böswilligkeit (auch das kommt vor), sondern aus verschiedenen Gründen. Einer davon liegt sicher in der Überforderung, vor allem von Personalern und Chefs, die sich für einen Kandidaten entscheiden sollen.

Der Kandidat von außen, aus der Fremde

Wir fokussieren nicht den Spatz in der Hand, sondern die Taube auf dem Dach. Der Spatz in der Hand verweist auf die Illusion interner Besetzungspolitik: „Da weiß ich, was ich habe.“ Die Erfahrung zeigt, dass es ein Irrtum ist, zu meinen, dass dies bei internen Besetzungen der Fall ist. Sie kennen das: In einem Team A läuft Kollegin B zur Hochform auf und fällt, in ein Team C versetzt, in Lichtgeschwindigkeit vom Himmel – schlicht, weil der Kontext ein anderer ist.

Für die Besetzung von Funktionen mit Kandidaten von außen gilt eher: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“ – dies allerdings als kalkuliertes Risiko und folglich mit einem Mindestgrad an Unsicherheit. Ein „Restrisiko“ ist aber unvermeidbar: Eine Studie der Managementberatung Kienbaum aus dem Jahr 2005 zeigt, dass Unternehmen oder neue Mitarbeiter zwischen 5 und 25 Prozent aller gefällten Personalentscheidungen innerhalb der ersten zwei Jahre revidieren. An weiteren 10 bis 15 Prozent halten die Beteiligten fest, obwohl die Unzufriedenheit mit ihnen überwiegt. Die Begründung: „Kontinuitätsgründe“.

Diese Begründung mag zunächst einmal Kopfschütteln hervorrufen. Aber jedes Trennungsgespräch kostet Überwindung, weil die Nachricht die unangenehmste ist, die es in einem Unternehmen gibt. Sie kostet auch Risikobewusstsein – meist in der Form von Angst oder Furcht: Selbst gestandenen Führungskräften bereitet solch eine Situation schlaflose Nächte, weil sie nicht einschätzen können, wie einzelne Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen reagieren. Männern fällt es übrigens besonders schwer, Frauen zu kündigen, weil „die auch schon einmal weinen – und dann weiß ich nicht, was ich tun soll…“. Psychologisch heikel ist die Situation des Trennungsgesprächs zudem, weil sich der Entscheider einen Fehler eingestehen muss. Das schadet dem Selbstwert und ist ein Grund dafür, dass diese trotz Unzufriedenheit an schlechten Entscheidungen festhalten.

Fehlbesetzungen: Ärgerlich und teuer

Widmen wir uns kurz einer Kostenkalkulation, die eine Fehlbesetzung in Gang setzen kann. Die Spannweite von Schätzungen einer falschen Platzierung geht von drei Monatsgehältern bis zu dem Dreifachen des Jahresverdienstes.
Ferner steht die Vermutung, dass sich jede fünfte Entscheidung für einen neuen Mitarbeiter innerhalb der ersten sechs Monate als eine Fehlentscheidung entpuppt. Daher die inzwischen bis zu einem halben Jahr währenden Probezeiten. Eine betriebswirtschaftliche Kostenrechnung für die „Fehlinvestition“ muss diverse Größen beinhalten: Funktion und Gehaltsstufe, variable Anteile und deren präzise Messung; sowohl interne Kosten für die Suche (beispielsweise Anzeigenschaltung) als auch externe (Einschalten von Personalberatern). Bei diesen Berechnungen fehlen allerdings oft die Kosten der Einarbeitung. Hier sollte nicht nur die individuelle Leistung, sondern ebenfalls weitere betroffene Abteilungen in den Blick geraten sowie Personenkreise, mit denen der neue Kollege zu tun hat beziehungsweise in die hinein sein Wirken ausstrahlt. Das können die Kollegen anderer Abteilungen oder Teams genauso sein wie Kunden oder Mitbewerber, bei denen die Person infolge von Fehlleistungen oder anders motivierten kontraproduktiven Verhaltens Schaden anrichten kann.

Auch sachliche oder fachliche Fehl- oder sogenannte Minderleistungen und deren Breitenwirkung sind relevante Faktoren. Endet die Beschäftigung nicht mit Ablauf der Probezeit, fällt häufig der Aufwand für eine Abfindung und/oder potentielle gerichtliche Kontroversen an, die in die gesamte Summe bereits einkalkuliert sind. Diese Ausführungen deuten schon an, inwiefern Personalentscheider unternehmerisches Verantwortungsbewusstsein zeigten, wenn sie sich solche Kalkulationen öfter vergegenwärtigen würden.

Der Mythos vom fertigen Experten

Oft hören wir, ein Kandidat sei „ideal“ – mit dem Zusatz: „wenn er nicht diese oder jene Macke hätte“ oder „leider fehlt ihm aber diese oder jene Erfahrung oder Fähigkeit“. Was tun? Wie das Risiko einer Fehlbesetzung minimieren? Unsere Aufforderung dazu: Personalentscheider sollten „ideal“ ersetzen durch „in dem Zusammenhang, in dem die Position steht, der oder die Geeignetste“. Sie sollten Abschied nehmen von der Idee, einen fertigen Experten oder Manager zu erhalten, der kontext­unabhängig brilliert, und stattdessen bedenken, dass auch der glänzendste Kopf und der versierteste Profi sich am neuen Ort einleben muss um „On the job“-Fertigkeiten entfalten zu können, die vorher nicht sichtbar waren. Das „Learning on the job“ – verballhornt in der Wendung „die Leber wächst mit ihren Aufgaben“ – bildet das Faktum ab, dass die Leistungsfähigkeit eines Kandidaten mit dem, was er konkret zu bewältigen hat, zunimmt.

Tipps vom Profi – So vermeiden Sie Fehlbesetzungen

  • Verfallen Sie nicht der Ähnlichkeitsfalle im Bewerbungsgespräch; beurteilen Sie den Kandidaten im Kontext der Aufgaben.
  • Lassen Sie sich bei sensiblen Stellenbesetzungen nicht alleine von Ihrem Bauchgefühl oder Intuitionen leiten.

Entscheider erliegen häufig der Illusion, ein dominant extrovertierter Bewerber sei prinzipiell der geeignete Kandidat für eine Führungsposition. Sie sollten dabei stark in Rechnung stellen, dass Reden keine Ziele realisiert.

Machen Sie nicht automatisch Ihre fachlichen Koryphäen zu Führungskräften, beurteilen Sie sie nach den gleichen Kriterien, wie Sie auch externe Anwärter beurteilen.

Einstellungstest und Assessment-Center geben nur zum Teil valide Aussagen, da in diesen Verfahren geübte Kandidaten besser abschneiden als weniger erfahrene Mitbewerber, ungeachtet ihrer tatsächlichen Qualifikation. Alle kennen die Metapher vom Fisch, der vom Kopf her stinkt. Zwar scheint dies zunächst ein negatives Bild zu sein, doch ist damit deutlich lokalisiert, wo das Entscheidende und Maßgebliche sitzt: An der Spitze oder schlicht: oben.

Übertragen auf Unternehmen ist dieser metaphorische Kopf das Topmanagement. Seine Entscheidungen sind es, die weit reichende Auswirkungen im gesamten Unternehmen haben. Das gilt selbstverständlich auch für die Besetzung von Funktionen und Positionen.

Fehlerquelle: Die Entscheider

Es geht um Vorbeugung: Welchen Beitrag können die Personen aus der Entscheidungszentrale leisten, um Fehlbesetzungen zu verhindern? Mitarbeiter mit und ohne Führungsverantwortung sind bekanntlich das A & O für den Erfolg des Unternehmens. Erstaunlicherweise spiegeln Personalentscheidungen diese tragende Bedeutung noch immer selten wider: Personaler und/oder Chefs hätscheln und befördern die einen Arbeitnehmer, die anderen vernachlässigen und vergessen sie – und zwar weitgehend unabhängig von faktischen Leistungen und Qualifikation. Hier wirkt das Matthäus-Prinzip: „Wer hat, dem wird gegeben“ – nicht aus Böswilligkeit (auch das kommt vor), sondern aus verschiedenen Gründen. Einer davon liegt in der Überforderung, vor allem von Personalern und Chefs, die sich für einen Kandidaten entscheiden sollen.

Der Kandidat von außen, aus der Fremde

Wir fokussieren nicht den Spatz in der Hand, sondern die Taube auf dem Dach. Der Spatz in der Hand verweiset auf die Illusion interner Besetzungspolitik: ‚Da weiß ich, was ich habe‘. Die Erfahrung zeigt, dass es ein Irrtum ist, zu meinen, dass dies bei internen Besetzungen der Fall ist. Sie kennen das: In einem Team A läuft Kollegin B zur Hochform auf und fällt, in ein Team C versetzt, in Lichtgeschwindigkeit vom Himmel – schlicht, weil der Kontext ein anderer ist. Für die Besetzung von Funktionen mit Kandidaten von außen gilt eher: ‚Wer nicht wagt, der nicht gewinnt‘ – dies allerdings als kalkuliertes Risiko und folglich mit einem Mindestgrad an Unsicherheit. Ein ‚Restrisiko‘ ist aber unvermeidbar: Eine Studie der Managementberatung Kienbaum aus dem Jahr 2005 zeigt, dass Unternehmen oder neue Mitarbeiter zwischen 5 und 25 Prozent aller gefällten Personalentscheidungen innerhalb der ersten zwei Jahre revidieren. An weiteren 10 bis 15 Prozent halten die Beteiligten fest, obwohl die Unzufriedenheit mit ihnen überwiegt. Die Begründung: ‚Kontinuitätsgründe‘. Diese Begründung mag zunächst einmal Kopfschütteln hervorrufen.

Aber jedes Trennungsgespräch kostet Überwindung, weil die Nachricht die unangenehmste ist, die es in einem Unternehmen gibt. Sie kostet auch Risikobewusstsein – meist in der Form von Angst oder Furcht: Selbst gestandenen Führungskräfte bereitet solch eine Situation schlaflose Nächte, weil sie nicht einschätzen können, wie einzelne Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen reagieren. Männern fällt es übrigens besonders schwer, Frauen zu kündigen, weil „die auch schon einmal weinen – und dann weiß ich nicht, was ich tun soll….“ Psychologisch heikel ist die Situation des Trennungsgesprächs zudem, weil sich der Entscheider einen Fehler eingestehen muss. Das schadet dem Selbstwert und ist ein Grund dafür, dass diese trotz Unzufriedenheit an schlechten Entscheidungen festhalten.

Fehlbesetzungen: ärgerlich und teuer

Widmen wir uns kurz einer groben Kostenkalkulation, die eine Fehlbesetzung in Gang setzen kann. Die Spannweite von Schät-zungen einer falschen Platzierung geht von drei Monatsgehältern bis zu dem Dreifachen des Jahresverdienstes.
Ferner steht die Vermutung, dass jede fünfte Entscheidung für einen neuen Mitarbeiter sich innerhalb der ersten sechs Monate als eine Fehlentscheidung entpuppt. Daher die inzwischen bis zu einem halben Jahr währenden Probezeiten. Eine betriebswirtschaft-liche Kostenrechnung für die ‚Fehlinvestition‘ muss diverse Größen beinhalten: Funktion und Gehaltsstufe, variable Anteile und deren präzise Messung; sowohl interne Kosten für die Suche (beispielsweise Anzeigenschaltung) als auch externe (Einschalten von Personalberatern). Bei diesen Berechnungen fehlen allerdings oft die Kosten im Rahmen der Einarbeitung. Hier sollte nicht nur die individuelle Leistung, sondern sollten ebenfalls weitere betroffene Abteilungen in den Blick geraten sowie Personenkreise, mit denen der neue Kollege zu tun hat beziehungsweise in die hinein sein Wirken ausstrahlt. Das können Kollegen anderer Abteilungen oder Teams genauso sein wie Kunden oder Mitbewerber, bei denen die Person infolge von Fehlleistungen oder anders motivierten kontraproduktiven Verhaltens Schaden anrichten kann. Auch sachliche oder fachliche Fehl- oder so genannte Minderleistungen und deren Breitenwirkung sind relevante Faktoren.

Endet die Beschäftigung nicht mit Ablauf der Probezeit, fällt häufig der Aufwand für eine Abfindung und/oder potentielle gericht-liche Kontroversen an, die in die gesamte Summe bereits einkalkuliert sind. Diese Ausführungen deuten an, inwiefern Personal-entscheider unternehmerisches Verantwortungsbewusstsein zeigten, wenn sie sich solche Kalkulationen öfter vergegenwärtigen würden.

Der Mythos vom fertigen Experten

Oft hören wir, ein Kandidat sei ‚ideal‘ – mit dem Zusatz: „wenn er nicht diese oder jene Macke hätte“ oder „leider fehlt ihm aber diese oder jene Erfahrung oder Fähigkeit“. Was tun? Wie das Risiko einer Fehlbesetzung minimieren? Unsere Aufforderung dazu: Personalentscheider sollten ‚ideal‘ ersetzen durch ‚in dem Zusammenhang, in dem die Position steht, der oder die Geeignetste‘. Sie sollten Abschied nehmen von der Idee, einen fertigen Experten oder Manager zu erhalten, der kontextunabhängig brilliert, und stattdessen bedenken, dass auch der glänzendste Kopf und der versierteste Profi sich am neuen Ort einleben muss um ‚on the job‘ Fertigkeiten entfalten zu können, die vorher nicht sichtbar waren. Das ‚learning on the job‘ – verballhornt in der Wendung: „Die Leber wächst mit ihren Aufgaben“ – bildet das Faktum ab, dass die Leistungsfähigkeit eines Kandidaten mit dem, was er konkret zu bewältigen hat, zunimmt.

Ronald May
Die Menschenerkenner
Wie man die passenden Kandidaten findet und Fehlbesetzungen vermeidet
192 Seiten, zahlreiche Abbildungen.
24,80 Eur[D] / 25,50 Eur[A] / 43,50 CHF UVP
ISBN 978-3-86980-110-0
April 2011

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