Damit eine Staubexplosion stattfinden kann, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: Das brennbare Pulver (organisches oder metallisches Material) muss fein genug sein, um aufgewirbelt werden zu können. Außerdem ist eine Zündquelle mit ausreichender Stärke notwendig, um die Verbrennung in Gang zu bringen. Potenzielle Zündquellen sind Funken, die durch elektrische Komponenten, mechanische Reibung oder elektrostatische Entladungen entstehen, oder heiße Oberflächen. Um beurteilen zu können, ob ein Pulver explodieren kann, müssen mehrere Eigenschaften betrachtet werden:

  • Partikelgrößenverteilung,
  • untere und obere Explosionsgrenze,
  • Maximalgeschwindigkeit des Druckanstiegs (KSt-Wert),
  • max. Explosionsdruck, der im geschlossenen Behälter auftreten kann,
  • minimale erforderliche Energie, um die Explosion auszulösen,
  • Mindest-Zündtemperatur Ti,
  • Mindest-Glimmtemperatur TG,
  • Mindest-Sauerstoffkonzentration für eine Explosion.

 

Alle diese Informationen gelten nur für ein spezifisches Pulver und eine spezifische Partikelgrößenverteilung. Vor allem Pulver mit Partikelgrößen unter 100µm sind sehr anfällig für Staubexplosionen. Für eine zuverlässige Auslegung, mit der sich Staubexplosionen verhindern lassen, müssen entsprechende Informationen zur Verfügung gestellt werden. Die Auslegung kann z.B. nach den Regeln der VDI 3673 geschehen.
Um ein Pulver zur Explosion zu bringen, muss dieses in ausreichend hoher Konzentration bei Anwesenheit einer Zündquelle in Luft verteilt werden. Im Falle von PP-Pulver mit einer Teilchengröße von 35 µm liegt die untere Konzentrationsgrenze bei lediglich 15g/m3. Umgerechnet bedeutet dies einen Gewichtsanteil von etwa 1% oder einen Volumenanteil von ca. 0,0015%. Solche kritischen Konzentrationen treten während des Befüllens eines Silos oder des Reinigens eines Filters auf. Denn dann werden entsprechende Mengen an Pulver aufgewirbelt. Deshalb ist es zwingend notwendig, Explosionsgefahren bei der Auslegung einer Kunststoffanlage zu berücksichtigen.
Kritische Staubkonzentrationen können in Polymeranlagen in drei Bereichen auftreten: Beim Verarbeiten von Polymerpulvern zwischen Reaktor und Extruder, wenn Pellets mit hohem Feinanteil verarbeitet werden, oder beim Verarbeiten von Additiven. Deshalb werden Polymerpulver in der Regel in geschlossenen Systemen mit Stickstoff gefördert. Durch den Einsatz von Dichtstrom-Fördersystemen und Entstauben der Pellets ist es möglich, das Explosionsrisiko zu reduzieren bzw. zu eliminieren. Auch der Einsatz von Zyklonen anstelle von Filtern senkt das Explosionsrisiko, da es bei diesen Apparaten gar nicht erst zu Staubansammlungen kommt. Um Explosionen zu vermeiden, können Silos mit Stickstoff überlagert werden.

Zonen und Kategorien bilden die Basis

Diese Ausführungen bilden den Hintergrund für die Zoneneinteilung beim Umgang mit gefährlichen Schüttgütern. Abhängig von der Explosionsgefahr für einen Bereich wird dieser einer bestimmten Kategorie zugeordnet. Zone 20 ist definiert als ein Bereich, in dem explosive Staubkonzentrationen ständig vorherrschen können. Deshalb dürfen in dieser Zone keine Zündquellen vorhanden sein. Beispiele für Zone 20 sind Schüttgutsilos, Filterbehälter oder Fördersysteme für brennbare Schüttgüter. In den Zonen 21 und 22 liegen explosive Atmosphären nur zeitweise vor, das Explosionsrisiko ist entsprechend geringer. Beispiele für Zone 21 sind Absack-Stationen oder der Bereich um das Mannloch eines Silos, aus dem nur dann Staub entweichen kann, wenn dieses geöffnet wird. Für Gase lautet die Zoneneinteilung 0, 1 und 2.

Geräte, die in solchen Bereichen genutzt werden sollen, müssen entsprechend zertifiziert sein. Die Regeln für deren Auslegung und Zertifizierung sind Teil der Atex-Regularien (10). Die Anforderungen für entsprechende Zonen sind in den europäischen Atex-Vorschriften niedergelegt (94/9/EG und 1999/92/EG oder Atex 95, 100a, 137 und 118a) und sind für Komponenten und Systeme in explosionsgefährdeten Bereichen vorgeschrieben. Entscheidend ist dabei, dass nicht nur elektrische Komponenten für den Einsatz in solchen Bereichen zugelassen sein müssen, sondern auch mechanische Geräte. Diese müssen so konstruiert und zertifiziert werden, dass keine Zündquellen entstehen können. Die Komponenten müssen während ihrer Auslegung hinsichtlich ihres Potenzials zur Erzeugung von Funken, elektrostatischen Entladungen oder heißen Oberflächen analysiert und klassifiziert werden.
Der Kunde selbst oder ein von ihm beauftragter Experte bzw. Berater oder ein qualifiziertes Ingenieurbüro teilt die Zone ein. Der Lieferant definiert die Kategorie der Ausrüstung oder Komponente. Diese Kategorie entspricht den Zonen, in denen diese Geräte eingesetzt werden können – so entsprechen die Kategorien 1, 2 und 3 den Gas-Ex-Zonen 0, 1 und 2 bzw. den Staub-Ex-Zonen 20, 21 und 22. Komponenten für den Untertage-Bergbau sind als Equipment der Gruppe I eingeteilt, Komponenten für alle anderen Anwendungen entsprechen der GruppeII. Ausrüstung für die Kategorie I muss von einer benannten Zulassungsstelle zertifiziert sein.
Die Bereichsklassifizierung in einem Schüttgutsilo, einem Filter oder einem pneumatischen Fördersystem entsprechen immer der Zone 20, also dem größten Gefahrenpotenzial. Trotzdem wird keiner dieser Anlagenteile als kritisch betrachtet. Denn: Es besteht keine Staubexplosionsgefahr, so lange diese Anlagenteile vorschriftsmäßig geerdet sind und keine Zündquellen durch rotierende Teile, Funken, elektrostatische Entladungen oder heiße Oberflächen vorliegen. Der Lieferant muss diesen Sicherheitsanforderungen nachkommen und Komponenten mit entsprechenden Zertifikaten ausliefern.
Die Feststoffkonzentration in pneumatischen Fördersystemen ist während des Fördervorgangs in der Regel zu hoch, als dass Explosionsvorgänge ablaufen können. Allerdings treten gefährliche Konzentrationen in der Regel während An- oder Abfahrvorgängen auf. Das Innere solcher Systeme muss deshalb als potenzielle Ex-Zone 20 eingeteilt werden und stellt hohe Anforderungen an die Sicherheit – auch wenn solche Zustände eher selten sind.

Sauberkeit ist ein Sicherheitskonzept

Der Bereich außerhalb eines Fördersystems muss nach dem sich ablagernden Staub beurteilt werden – dies hängt von der Betriebsweise und dem Reinigungsstatus ab. Je sauberer eine Anlage, desto sicherer ist diese auch. Sauberkeit kann auch ein Konzept zur Reduktion der Investitionskosten sein, wenn durch vorgeschriebene Reinigungsmaßnahmen eine niedrigere Zoneneinteilung erreicht wird. Wenn keine kritischen Staubkonzentrationen und keine heißen Oberflächen auftreten, muss der Anlagenbereich unter Umständen überhaupt nicht klassifiziert werden.

Ein weiterer Gefahrenherd für Staubexplosionen in Silos resultiert aus konischen Haufenentladungen, beispielsweise aufgrund elektrostatischer Entladungen. Wenn Pulver oder Pellets einen Schüttwinkel hinabrollen, kann die relative Bewegung zwischen Polymerartikeln zu Büschelentladungen führen, deren Energie ausreicht, um eine Staubexplosion auszulösen. Die elektrostatischen Entladungen steigen mit dem Partikeldurchmesser, aber das Potenzial für Staubexplosionen sinkt mit steigender Partikelgröße. Um dem Problem zu begegnen, muss sorgfältig geerdet werden. Die Erdung des Silos reicht allerdings nur dann aus, wenn das Silo einen Durchmesser von weniger als 2m hat. Andernfalls sind Erdungskabel durch das Schüttgut zu führen, wobei der Abstand zwischen Kabel und Silowand nicht mehr als 1,5m betragen darf. Das heißt, dass in Silos mit einem Durchmesser von drei Metern ein Kabel, oder mehrere Kabel für Silos mit größerem Durchmesser installiert werden müssen.
Alle Komponenten eines pneumatischen Fördersystems müssen durch und durch geerdet werden. So lassen sich jegliche Potenzialunterschiede vermeiden, aus denen elektrostatische Entladungen entstehen können. An Flanschen werden dazu Erdungsbänder angebracht. Dies ist insbesondere auch bei Befüllvorgängen mit Lkw der Fall. Dabei muss auch der Lastwagen geerdet werden. Außerdem müssen die Schläuche geerdet werden, mit denen der Tank an die Druckluftversorgung (Kompressor im Lkw oder Druckluftanschluss) angeschlossen wird. Außerdem ist es notwendig, die Schlauchleitung zum Silo zu erden und diese leitfähig auszuführen. Der elektrische Widerstand muss dabei unter 106Ohm liegen.
Das Sicherheitskonzept für solche Bereiche lässt sich wie folgt zusammenfassen: Zündquellen durch richtiges Erden verhindern, antistatische Filtermaterialien und sichere elektrische Komponenten einsetzen. Zündquellen von elektrischen Geräten können durch den Einsatz von Komponenten verhindert werden, die für Staub-Umgebungen zugelassen sind. Das Vermeiden von Zündquellen ist das wichtigste Sicherheitskonzept, um Staubexplosionen zu vermeiden. Natürlich ist Sauerstoff eine Grundvoraussetzung für Explosionen. Deshalb können Explosionen durch das Handling der Schüttgüter unter Stickstoff- oder Kohlendioxid-Atmosphäre verhindert werden. Auch eine Reduktion des Sauerstoffgehalts unter 10% reicht für viele Pulver aus, um Staubexplosionen zu vermeiden.

Druckfeste Auslegung und Druckentlastung

Wenn das Auftreten von Staubexplosionen nicht komplett verhindert werden kann, weil sich Funken oder heiße Oberflächen nicht gänzlich vermeiden lassen, müssen die Apparate so ausgelegt werden, dass sie Explosionen widerstehen. Dazu gehören druckfeste Konstruktionen oder Druckentlastungseinrichtungen. Die entstehenden Explosionsgase müssen in eine sichere Umgebung abgeleitet werden, in denen die Verbrennungsgase keine zusätzlichen Schäden anrichten können.

Größere Apparate wie Silos können nicht zu vertretbaren Kosten druckfest ausgeführt werden. Die Druckentlastung ist hier die einzige wirtschaftliche Option. Die Entlastungsflächen müssen in Einklang mit den entsprechenden Normen wie VDI 3673 ausgelegt werden. Der Auslegungsdruck für Silos mit Druckentlastungsflächen muss auf den reduzierten Druck pred, etwa 500 oder 1500mbar erhöht werden. Abhängig von der verfügbaren Entlastungsfläche muss manchmal der Innenraum für einen höheren Druck ausgelegt werden. Der reduzierte Druck pred ist der Druck, dem der Apparat widerstehen kann, ohne zu reißen. Aber das heißt nicht, dass der Apparat nach einem entsprechenden Ereignis noch benutzt werden kann. Die Druckentlastungsflächen lösen bei einem erhöhten Druck (pstat=1,1 bar) aus. Wenn die Berstflächen an den Seiten des Zylinders angebracht werden, sind diese diametral anzuordnen. Dadurch werden zusätzliche horizontale Belastungen vermieden, wie sie durch Reaktionskräfte entstehen. In deren Folge würde sonst ein Kippmoment in Richtung Silobasis entstehen. Um die Enlastungsflächen inspizieren und warten zu können, müssen zusätzlich Plattformen angebracht werden. Einfacher ist es, die Druckentlastungsflächen am Dach zu installieren. In diesem Fall darf der Zugang zum Dach während des Betriebs, z.B. während des Befüllens, nicht erlaubt sein.
Wenn sich in einem Silo eine Explosion ereignete und die heißen Gase sicher zur Atmosphäre abgeführt wurden, muss sichergestellt sein, dass das Silo noch einige Zeit offen bleibt. Dadurch kann genügend Umgebungsluft in das Silo strömen, bis das heiße Gas im Innern abgekühlt ist. Andernfalls würde das Silo durch das beim Abkühlen entstehende Vakuum zerstört werden.
Sehr viel schwerwiegendere Explosionen ereignen sich dann, wenn nicht nur aufgewirbelter Staub explodiert, sondern wenn die Luft auch noch brennbare Gase, wie zum Beispiel Kohlenwasserstoffe, enthält. Dann kommt es zu einer hybriden Explosion, bei der Pulver und Gas gleichzeitig explodieren. Bereits geringere Staubkonzentrationen und niedrigere Zündenergien genügen, um solche hybriden Explosionen auszulösen. Entsprechende Explosionskenngrößen sind vom Betreiber bereit zu stellen.

Förderleitungen: Fortpflanzung von Explosionen verhindern

In pneumatischen Fördersystemen kann es zu Gleitstielbüschelentladungen kommen, deren Energie aber normalerweise zu gering ist, um im Fördersystem eine Explosion auszulösen. Eine pneumatische Förderlinie ist deshalb normalerweise nicht selbst die Explosionsquelle. Aber Explosionen können sich durch eine pneumatische Förderleitung fortpflanzen und Explosionen oder brennendes Material in nachgeschaltete Apparate tragen. Um dies zu vermeiden, gibt es zahlreiche Optionen. Die Fortpflanzung von Flammen in einer Förderleitung kann detektiert und die weitere Fortpflanzung durch Schnellschlussschieber, Quetschventile oder das Einblasen von Löschmitteln gestoppt werden. Weitere Einrichtungen sind zum Beispiel Flammrohre, bei denen die Flammen durch eine Berstscheibe geleitet werden und sich dann an einem Filtergewebe abkühlen und dabei verlöschen.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das Schüttgut in einen kleinen Filterempfänger zu fördern, der das Schüttgut durch eine flammensichere Zellenradschläuse in das Silo einspeist. Der dafür eingesetzte Filterempfänger muss druckfest oder mit Druckentlastungsflächen ausgelegt werden. Das Silo kann durch Intertisieren mit Stickstoff geschützt werden.

 

Im vierten und letzten Teil unserer Artikelserie geht es um den Aspekt „Sicherheit durch den Einsatz qualitativ hochwertiger Anlagenkomponenten“ (CT 6/09)

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