April 2016

Das Sprühpyrolyse–Verfahren ermöglicht Partikel mit nach Wunsch designten Zusammensetzungen und Oberflächen-Eigenschaften. (Bild: Glatt)

  • Ein weiterentwickeltes Sprühpyrolyse-Verfahren ermöglicht zielsicheres Partikel-Design für die Katalysator- und Pigment-Entwicklung.
  • Durch den gepulsten Heißgas-Strom lassen sich die Reaktionsbedingungen im Reaktor und die daraus resultierenden Partikel-Eigenschaften genau einstellen.
  • Auch die Entwicklung und reproduzierbare Herstellung von Pulvern mit außergewöhnlichen Eigenschaften und in geringen Mengen ist möglich.

Maßgeschneidert – das steht für einzigartig, hochwertig und passend. Viele Produkte, die dieses Prädikat für sich beanspruchen, sind jedoch nicht viel mehr als Zufallsergebnisse. Das von Glatt entwickelte Apptec-Verfahren für die Pulversynthese lässt dem Zufall hingegen nur noch wenig Raum. Mit einem pulsierenden Heißgasstrom ermöglicht diese Weiterentwicklung der Sprühpyrolyse zielsicheres Partikel-Design für Anwendungsfelder wie die Katalysator- und Pigment-Entwicklung.
Katalysator-Entwickler wünschen sich möglicherweise gelegentlich selbst einen Katalysator: einen, der ihre Entwicklungstätigkeit erleichtert, der sie beschleunigt und zielsicher zum richtigen Ergebnis führt. Denn bis aus einer vielversprechenden Chemikalie oder einem Gemisch ein marktfähiger Katalysator entsteht, ist es ein langer Weg.
Die Katalysator-Entwicklung hat sich stark verändert seit den ersten, kommerziell bedeutsamen Katalysatoren – wie etwa dem α-Eisen für die Ammoniak-Synthese nach Haber-Bosch zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Denn die heutigen Anforderungen sind hoch. Neben der chemischen Zusammensetzung des Basismaterials haben auch bestimmte Promotoren großen Einfluss darauf, ob der Katalysator am Ende das tut, was der Entwickler erwartet. Kleinste Mengen anderer Chemikalien können dagegen als Katalysatorgift wirken und sind verständlicherweise unerwünscht. Eine wichtige Rolle für die Funktionsfähigkeit spielen auch die Oberflächeneigenschaften der Katalysator-Partikel. Hohe Porosität, also eine große Oberfläche, bringt in der Regel eine höhere Aktivität mit sich.

Sprühpyrolyse mit Pulsationseffekt
Beim bereits erwähnten Haber-Bosch-Verfahren gebührt Alwin Mittasch die Anerkennung für die zeitaufwendige Katalysator-Entwicklung. Seine systematische Suche nach einem Katalysator auf Basis von Eisenoxid führte über rund 20.000 Versuche zum Ziel. Heutige Entwickler verkürzen diese Suche mit High-Throughput-Techniken für Testreihen und vernetzen diese eng mit Synthese und Datenauswertung.
Hier kommt die Advanced Pulse Powder Technology ins Spiel. Denn selbst wenn die Entwickler über die Wirkmechanismen eines Katalysatormaterials Bescheid wissen, benötigen sie ein schnelles Verfahren, das den eigentlichen Herstellprozess des Katalysatormaterials zielgerichtet ermöglicht. Die Weiterentwicklung der etablierten Sprühpyrolyse ermöglicht genau das: Die Eigenschaften der damit hergestellten Pulver, wie Zusammensetzung, Morphologie und Teilchengröße, lassen sich damit in einem einzigen Prozessschritt designen.
In der Brennkammer des Synthesereaktors pulsiert ein Heißgasstrom. Der Pulverentwickler kann Frequenz und Amplitude, Prozesstemperatur und Strömungsgeschwindigkeit, also die Verweildauer im Reaktor, in weiten Grenzen definiert einstellen. Aus der in den Reaktor eingesprühten Rohstofflösung oder Rohstoffsuspensionen bilden sich Partikel, wobei – je nach gewählter Einstellung – definierte chemische und mineralogische Reaktionen zum Zielpartikel ablaufen. Auch komplexe Stöchiometrien oder dotierte Materialien lassen sich mit hoher Homogenität erzeugen.

Maßgeschneiderte Pulverwerkstoffe
„Mithilfe von Apptec können wir die Eigenschaften katalytischer Pulverwerkstoffe sehr spezifisch einstellen“, sagt Dr. Lars Leidolph, Leiter Advanced Powder Processing bei Glatt Ingenieurtechnik. „So ist es möglich, die Aktivität gegenüber anderen Verfahren signifikant zu erhöhen. In einigen Fällen konnten wir sie sogar verdoppeln.“ So sind für den Hersteller deutlich effizientere Katalysatoren möglich. Zum Teil lässt sich auch die Menge bestimmter teurer Dotierungsbestandteile wie Seltene Erden oder Edelmetalle reduzieren, da das Verfahren ähnliche Aktivitäten mit kostengünstigeren Mischoxidsystemen erreicht.
Das Erstaunliche daran: Das Ganze gelingt in weniger als einer Sekunde. Möglich ist dies nur durch die Pulsation, die die Wärmeübertragung vom Gas zum Partikel im Vergleich zu einer kontinuierlichen Strömung auf das Fünf- bis Zehnfache erhöht. „Das heißt, die Partikel heizen sich extrem schnell auf und werden am Ende der Reaktion genauso schnell abgekühlt“, erläutert Leidolph. „Wir stellen damit ganz spezielle thermodynamische Bedingungen ein.“
Beispielsweise könne man so Stoffe in amorphen Strukturen darstellen, was deren katalytische Aktivität deutlich steigere. Reaktionen seien sehr viel besser beeinflussbar. „Durch das extrem schnelle Aufheizen erreichen wir einzigartige Reaktionszustände, die so zu ganz außergewöhnlichen Eigenschaften führen.“ Dazu komme die Möglichkeit, die Gasatmosphäre einzustellen, etwa oxidierend oder sauerstofffrei, eine weitere Möglichkeit zur gezielten Synthese der gewünschten Materialien. Mit dem Verfahren ist es also möglich, genau die Eigenschaften anzusteuern, die für die jeweilige Applikation entscheidend sind – die Applikation bestimmt das Vorgehen. Dabei lassen sich mehrere Prozessschritte wie Trocknung und Kalzination oder Partikelbeschichtung in einen Schritt zusammenfassen.

Homogene Katalysatoren und Hochleistungspigmente
Für die Katalysatorentwicklung besonders wichtig ist die Homogenität des Produkts. Da es im Reaktor aufgrund der pulsierenden Gasströmung und dem damit verbundenen sehr hohen Turbulenzgrad keine Temperatur- und Geschwindigkeitsgradienten gibt, wie sie bei kontinuierlichen Gasströmungen typisch sind, erfahren alle Partikel die gleichen Bildungsbedingungen. Auch das typische Problem der Aggregation in thermischen Prozessen, hervorgerufen durch die Bildung von Teilschmelzen aufgrund partiell zu hoher Prozesstemperaturen, tritt nicht auf. Bei dem neuen Verfahren resultiert ein homogenes Temperaturfeld, welches exakt eingestellt werden kann, ohne diese Hotspots. Daraus ergeben sich besonders homogene Pulver ohne harte Aggregate.
Andere wichtige Anwendungsbereiche für das neue Verfahren sind die Herstellung von speziellen keramischen Werkstoffen und von Pigmenten. Statt Massenprodukten geht es hierbei um Außergewöhnliches. High Performance Pigments etwa kommen zum Einsatz, wenn Produkte durch ihre Farbgebung und zum Teil zusätzliche Effekte hervorstechen sollen. Neben der Automobilindustrie, die ihre Kunden mit immer neuen und einzigartigen Farbtönen emotional abholen will, gibt es zahlreiche Nischenanwendungen. Beispiele sind Pigmente, die im Dunkeln lange nachleuchten und zur Kennzeichnung von Fluchtwegen dienen können. Kunststoff- oder Lackproduzenten, die trotz relativ geringer Mengen ihre Einzigartigkeit unter Beweis stellen wollten, standen oft vor den vom Pulverlieferanten gesetzten Grenzen: Pigmente mit bestimmten Zusatzfunktionalitäten waren bislang in geringen Mengen schwer zu beziehen, zuverlässige Lieferanten zum Teil schwer zu finden. Mit dem gepulsten Sprühpyrolyse-Verfahren ist die Produktion außergewöhnlicher Pulver auch in kleineren Mengen kein Hindernis mehr.

Zur Firma
Entwicklung und Lohnfertigung im Glatt-Technologiezentrum
Bis zur Produktionsreife steckt in vielen neuartigen Pulvern ein Jahr Entwicklungsarbeit oder mehr. In seinem Technologiezentrum in Weimar bietet der Hersteller Glatt neben Wirbelschicht- und Strahlschichtprozessen auch Forschung, Entwicklung und Lohnproduktion mit dem Apptec-Verfahren an und unterstützt Anwender damit beim Design von Katalysatoren, Pigmenten oder anderen Hochleistungspulvern. Die Investition in eine eigene Anlage für das Sprühpyrolyse-Verfahren ist daher nicht zwingend erforderlich, um das Verfahren schon im Entwicklungsprozess zu nutzen.

Powtech 2016 Halle 3 – 341

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Glatt Ingenieurtechnik GmbH

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