Mai 2011

  • Ob aus Becken, Reaktoren oder Abwassersystemen – sobald ein Höhenunterschied in Fließrichtung zu einer niedriger gelegenen Stelle besteht, lässt sich Energie durch eine Turbine bzw. Pumpe und einen Generator gewinnen.
  • Bei geringen Durchflussmengen rechnen sich Turbinen nicht, die Anschaffungs- und Betriebskosten für Pumpen sind jedoch deutlich niedriger und es lassen sich höhere Wirkungsgrade erzielen.
  • Der Regelungsaufwand für Pumpen als Turbinen ist gering und sie lassen sich bedarfsgerecht an- und abschalten.
  • Wird der Strom ins Netz eingespeist, so wird er zusätzlich aufgrund des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vergütet.

Energiekosten machen grundsätzlich einen großenTeil der Betriebskosten aus. Daher gilt es, den Energieverbrauch insgesamt so gering wie möglich zu halten. Die Rückgewinnung von Energie spielt hier eine wichtige Rolle. Häufig bleiben Potenziale jedoch ungenutzt und Energie geht aus dem Prozess verloren. So ist es oft auch bei der potenziellen Energie von Flüssigkeiten wie Wasser der Fall. Ob aus Becken, Reaktoren oder Abwassersystemen – sobald ein Höhenunterschied in Fließrichtung zu einer niedriger gelegenen Stelle besteht, lässt sich Energie zurückgewinnen, sei es durch eine Turbine oder auch eine Pumpe. Die Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Investitions- und Betriebskosten für das Rückgewinnungssystem nicht die Ertragskosten übersteigen. Beim Nutzen von Wasserkraft ist dies der entscheidende Punkt, denn die Anschaffungskosten für kleine Turbinen sind verhältnismäßig hoch, da sie meist als Einzelstücke oder in Kleinserien gefertigt werden.

Wenn nur geringe Durchflussmengen bestehen, rechnen sich Turbinen nicht – ganz im Gegensatz zu Pumpen. In entgegengesetzter Richtung eingebaut, lässt sich ein Generator an beispielsweise eine Kreiselpumpe anbauen und dadurch Strom erzeugen. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Anschaffungskosten von Pumpen sind deutlich geringer, als die von Turbinen, und sie erreichen ebenfalls gute Wirkungsgrade. Außerdem lassen sie sich auch bei geringen Fallhöhen und diskontinuierlichem Zulauf als Generator sinnvoll einsetzen.

Auch kleine Mengen machen Sinn

Eine Installation, um Strom aus der potenziellen Energie des Wassers zurückzugewinnen, wurde vor Kurzem imIndustriepark Höchst verwirklicht. Die Biohochreaktoren von der Abwasserreinigungsanlage des Standortbetreibers Infraserv Höchst sind dort 20 m hoch. Das geklärte Wasser floss hier bisher über den oberenRand des Behälters durch ein Fallrohr nach unten in des Kanalsystem und von da aus in Richtung Main. Am Ende des Fallrohrs haben die Betreiber nun eine Pumpe eingebaut, das Abwasser treibt sie aufgrund der ausreichend großen Fallhöhe an. Dabei fließt das Wasser durch den Druckstutzen in die Pumpe, trifft dort auf das Laufrad und dreht es in entgegengesetzter Richtung. Dabei muss der Druck des Wassers das Losbrechmoment von Laufrad und Welle überwinden. Anschließend fließt das Abwasser durch den Saugstutzen hinaus und demMain zu. So wirkt die Pumpe als Turbine (PaT) und erzeugt vollkommen emissionsfrei Strom, der bei der Einspeisung ins Netz aufgrund des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zusätzlich vergütet wird. Die Leistung der Energieerzeugungsanlage liegt bei 30 kW, sie könnte also 60 Familienhaushalte mit Strom versorgen. Die Energieausbeute liegt damit deutlich über der Leistung, die für den Pumpenbetrieb benötigt wird.

Die PaT in Höchst hat der Pumpenhersteller KSB gefertigt. Systeme dieser Art liefert die Firma seit 2009 als schlüsselfertige Anlagen zur Energieerzeugung und Rückgewinnung. Sie eignen sich für Fallhöhen von 2,5 bis 300 m und Volumenströme von 10 bis 5.000 l/s. Dabei erreichensie Wirkungsgrade von bis zu 88 %, die durchaus mit denen von Turbinen vergleichbar sind. Außerdem sind die PaTs um bis zu 60 % günstiger als entsprechende Turbinen.

Wasserwirtschaft als Ursprung des umgekehrten Pumpeneinsatzes

Diese Art der Stromerzeugung im kleinenMaßstab über Pumpen ist jedoch nicht neu. Meist wollen die Betreiberdadurch den Bezug von Strom von Fremdversorgern verringern. Beispielsweise erzeugt der Zweckverband Landeswasserversorgung in Geislingen mit einer Stromgewinnungsanlage und einer Pumpstation Strom für die eigenen Versorgungsanlagen sowie einen nahe gelegenen Wasserturm. Dabei arbeiten eine konventionelle Turbine und eine PaT entsprechend dem Bedarf entweder einzeln oder zusammen und lassen sich so an saisonale oder tageszeitliche Schwankungen des Strombedarfs anpassen. Mit der PaT lassen sich bei niedrigerer Wassermenge sogar höhere Wirkungsgrade erzielen, als durch die Turbine – im Optimalfall erzeugt die eingesetzte Omega-Pumpe hier bei einer Trinkwasserdurchflussmenge von 9.520 l/s ganze 600 kW. Ein Vorteil beim Einsatz gleich mehrerer Pumpen ist der, dass die Wassermengenregulierung von Pumpen gegenüber Turbinen besser ist, der Regelungsaufwand gering ist und sie sich bedarfsgerecht an- und abschalten lassen.

Ist an die Pumpe ein Generator angeschlossen, gibt die jeweilige Netzfrequenz die Drehzahl vor. Beim Einsatz eines Frequenzumrichters und entsprechender Einspeiseschaltungen steht ein größerer Spielraum zur Verfügung. Durch Bypässe, Drosselarmaturen und Kaskadenschaltungen lässt sich ebenfalls eine konstante Netzfrequenz erzielen. Auch der Anschluss einer PaT an eine Pumpe im Normalbetrieb ist möglich. Hier ist jedoch Voraussetzung, dass keine Stromversorgung für Transport und Verteilung vonWasser besteht, die Fallhöhe des Wassers jedoch ausreicht, um die umgekehrte Pumpe zu betreiben.[tw]

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