VCI: Chemienachfrage zieht wieder an

Prof. Dr. Ulrich Lehner: „Die Krise kann noch nicht zu den Akten gelegt werden“ Bild: VCI

Massiver Einbruch 2009 / Nachfrage zieht wieder an / Kapazitätsauslastung unbefriedigend / Prognose für 2010: Produktion plus 5 %, Umsatz plus 6 %

Die chemische Industrie in Deutschland hat eines der schwierigsten Jahre in ihrer Geschichte hinter sich gebracht. Der Einbruch der Chemieproduktion in 2009 von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr, der alle Geschäftsfelder erfasste, lässt sich nur mit dem Rückgang in der ersten Ölkrise vor 35 Jahren vergleichen. In der Branche überwiegt jetzt jedoch wieder Zuversicht, die Unternehmen hoffen auf bessere Geschäfte.

Auch wenn in der zweiten Jahreshälfte die meisten der vorübergehend abgeschalteten Anlagen wieder angefahren worden seien, dürfe die Krise „noch nicht zu den Akten gelegt werden“, erklärte Lehner. Die branchenweite Kapazitätsauslastung liege mit aktuell 77 Prozent weiterhin deutlich unter dem in der Chemie üblichen Niveau von 83 bis 85 Prozent.

Umsatz

Der Gesamtumsatz der deutschen chemischen Industrie verfehlte 2009 das Vorjahresniveau um 12,5 Prozent und sank auf 154,4 Milliarden Euro. Das Geschäft mit Kunden im Ausland zeigte sich dabei etwas stabiler als der Inlandsumsatz: Der Auslandsumsatz sank um 12 Prozent auf 85,4 Milliarden Euro. Der Inlandsumsatz brach um 13,5 Prozent auf 69,0 Milliarden Euro ein.

Preise

Die Chemikalienpreise sind 2009 auf breiter Front gesunken. Sie lagen im Durchschnitt um 2,5 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Stark rückläufige Rohstoffkosten für Öl und Gas und die schwache Nachfrage zogen die Preise nach unten. Ab Mitte des Jahres stabilisierte sich die Situation.

Beschäftigung

Die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche ging verglichen mit dem starken Einbruch der Produktion nur wenig zurück: Die deutsche Chemieindustrie beschäftigte 2009 mit durchschnittlich 435.000 Mitarbeiter rund 1,5 Prozent weniger Personal als ein Jahr zuvor. „Kurzarbeit und flexible Instrumente aus dem Tarifvertrag haben einen stärkeren Stellenabbau verhindert. Das gesamte verarbeitende Gewerbe in Deutschland hat in derselben Zeit fast doppelt so viele Arbeitsplätze verloren“, erklärte der VCI-Präsident.

 

Investitionen

Im Zuge der Weltwirtschaftskrise sowie der Kostensenkungsprogramme haben die Chemieunternehmen ihre Investitionen im Jahr 2009 deutlich zurück­gefahren, berichtet der VCI. Kleinere Investitionsvorhaben wurden verschoben, mit der Planung größerer Projekte hielten sich die Firmen stark zurück. Dadurch sanken die Investitionen der Chemie um 10 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro. Angesichts der niedrigen Kapazitätsauslastung wurde besonders auf Erweiterungsinvestitionen verzichtet. Die geringe Auslastung der Produktions­anlagen spricht nach Ansicht des VCI dafür, dass die Unternehmen ihre Investitionen 2010 nicht ausdehnen werden. VCI-Präsident Lehner: „Wir gehen allerdings davon aus, dass das Investitionsniveau in etwa gehalten wird.“

 

Exporte und Importe

Die Exporte, die neben den Auslandsumsätzen der Chemieunternehmen auch Re-Exporte sowie Chemieexporte anderer Wirtschaftszweige ins Ausland enthalten, sanken 2009 um 12 Prozent auf 123,2 Milliarden Euro. Angesichts der schwachen Industriekonjunktur waren die Importe chemischer Erzeugnisse stark rückläufig. Sie lagen mit 86,8 Milliarden Euro rund 11 Prozent niedriger als in 2008.

Trotz der globalen Wirtschaftskrise erzielt die chemische Industrie auch 2009 einen Außenhandelsüberschuss von mehr als 36 Milliarden Euro, schätzt der VCI. Über 55 Prozent ihrer Produktion verkauft die Branche heute in andere Länder. Dies zeige, dass „Chemie made in Germany“ ein weltweit geschätztes Qualitätssiegel darstelle, unterstrich Lehner. In den letzten Jahren agierte keine andere Chemienation auf dem Weltmarkt erfolgreicher als die deutsche Branche: Mit zuletzt 12,6 Prozent sicherte sie sich den größten Anteil an den Weltexporten für chemisch-pharmazeutische Waren. Dabei stellt die Europäische Union den mit Abstand wichtigsten Exportmarkt für die deutschen Chemieunternehmen dar. Fast zwei Drittel ihrer Ausfuhren gehen in die übrigen 26 Mitgliedsstaaten der EU.

Ob die Chemie ihre historische Exportstärke auch zukünftig beibehalten werde, hängt für Lehner wesentlich von der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Chemieunternehmen am Standort Deutschland ab. Hierfür brauche die Branche die Unterstützung der Politik und geeignete Rahmenbedingungen. „Angestammte Marktanteile gibt es für keine Nation im globalen Wettbewerb. Die Karten werden jetzt in den Industriestaaten für die Zeit nach der Krise neu gemischt“, betonte der VCI-Präsident.

Bilder: VCI

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