Das R-Wort ist wieder da – leitete Tomas Fischermann, Autor der „Zeit“, Mitte September den Wirtschaftsteil des Wochenblattes ein. Eine Rezession wird wahrscheinlicher, so Fischermann. Der Grund: Die Wirtschaft ist im Sog der US-Finanzmarktkrise und rückläufiger Exportquoten auch in Deutschland von April bis Juni um ein halbes Prozent geschrumpft, und auch die Chemie meldet im 2. Quartal ein Abflachen des Wachstums. Doch gilt das auch für den Maschinen- und Anlagenbau und insbesondere die Verfahrenstechnik? Es gibt Gründe für Zweifel:

Grund 1: Die von der Finanz- und Hypothekenkrise der USA betroffenen Länder – dazu gehören neben den USA auch England, Frankreich und südeuropäische Staaten – waren und sind nicht der entscheidende Motor für den verfahrenstechnischen Anlagenbau. Viel bedeutender beispielsweise für die in der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau des VDMA organisierten Kontraktoren sind die Öl- und Gas-Förderregionen.

Grund 2: Der Auftragsbestand ist so hoch, dass Planer, Errichter und Lieferanten verfahrenstechnischer Anlagen auch in den kommenden drei bis vier Jahren noch enorm viel zu tun haben werden. Bei durchschnittlichen Projektlaufzeiten von ca. vier Jahren und jeweils neuen Rekorden beim Auftragseingang in den vergangenen Jahren (VDMA AGAB: 32,4Mrd. Euro in 2007, 26,3Mrd. Euro in 2006, rund 24Mrd. Euro in 2005) ist der Scheitel der Auftragswelle für Anlagenausrüster noch nicht einmal erreicht.

Grund 3: Die Prozessindustrie und insbesondere die Chemie hat – so mein Eindruck – in den vergangenen zehn Jahren neu gelernt, dass sich Mut und langfristiges Denken lohnen – die Geschäftspolitik des weltgrößten Chemiekonzerns BASF mag hier als Beispiel gelten. Ein weiteres Beispiel finden Sie in dieser Ausgabe auf Seite 8: 1,1Mrd. Euro investiert der Öl- und Gaskonzern OMV in Südbayern – und die Entscheidungen dazu wurden vor einigen Jahren in einer Zeit getroffen, als das Lamento über die Zukunft Deutschlands als Chemiestandort seinen Höhepunkt erreicht hatte. Dazu kommt, dass sich die Unternehmen durch zahlreiche Maßnahmen fit für den globalen Wettbewerb gemacht haben – die derzeitige „Operational Excellence-Welle“ wird dies noch weiter festigen (siehe Interview mit Namur-Vorstand Dr. Norbert Kuschnerus auf Seite 12).

Fazit: Konjunkturtäler wird es auch in Zukunft geben – der Bankensektor war dafür schon immer ein Garant. In der Verfahrenstechnik ticken die Uhren allerdings anders. Chemieindustrie und Anlagenbau stehen in Zeiten eines Abschwungs zwar auch vor der Herausforderung, „atmen“ zu müssen, aber hier zahlt sich eine langfristige Sichtweise aus.
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Mail an: armin.scheuermann@chemietechnik.de

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