Februar 2010

Autor
Andreas Klatt, Geschäftsführer
Detlev Huber, Forschung, Entwicklung und Anwendungstechnik
ESD Ekato GmbH Sicherheits- und Dichtungstechnik

Zuverlässige Versorgung von Gleitringdichtungen ??Gleitringdichtungen in der Prozessindustrie sind häufig hohen Drücken und Temperaturen ausgesetzt. Damit flüssigkeitsgeschmierte Dichtungen zuverlässig funktionieren, müssen sie optimal versorgt werden. Automatische Versorgungs- und Nachfüllsysteme erhöhen hier die Prozesssicherheit und Anlagenverfügbarkeit. Außerdem lassen sich Betriebsstoffe einsparen und die Wartungsintervalle verlängern. Allerdings sollten die Systeme auf den Anwender abgestimmt sein.

Für Anlagenbetreiber in der prozesstechnischen Industrie steht die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Produktion immer im Fokus. Besonders kritische Stellen in der Produktion stellen Dichtungen zwischen dem Prozessraum und der Atmosphäre dar. Das gilt erst recht für dynamische Abdichtungen, wie sie beispielsweise bei Rührwerken zu finden sind. Hier haben sich mittlerweile Gleitringdichtungen gegenüber herkömmlichen Dichtungslösungen durchgesetzt.

Um die Funktion der Gleitringdichtung sicherzustellen, entscheiden sich viele Betreiber prozesstechnischer Anlagen für zentrale Versorgungssysteme. Diese können die Versorgung der Dichtungen teilweise oder ganz übernehmen bzw. überwachen. Auf diese Weise lassen sich die Ausfallwahrscheinlichkeit minimieren und die Betriebssicherheit deutlich erhöhen. Anfänglich höhere Investitionskosten können z.B. durch wesentlich geringere Betriebskosten schnell amortisiert werden. Genauen Aufschluss darüber liefert eine Analyse der Total Cost of Ownership. Bei den herkömmlichen Systemen, die oft weitläufig in der Anlage verteilt sind, lassen sich die Betriebskosten allerdings schwierig überblicken. Solche Anlagen benötigen erheblich mehr Personal und sind schwieriger zu überwachen!

Versorgung der Gleitringdichtung muss sicher sein

Bei der Versorgung von Gleitringdichtungen muss die Schmierung und Kühlung der Gleitringe jederzeit sichergestellt sein. Besonders hoch sind die
Anforderungen bei Anlagen, die unter extremen Bedingungen arbeiten, wie
hohen Drücken oder Temperaturen. In diesen Fällen können zusätzliche Einrichtungen, wie Drucküberlagerung, Spülung in den Prozessraum oder auch Kühlsysteme eingesetzt werden. Zudem unterliegen komplexere Anlagen häufig nationalen Regularien, die zusätzliche Anforderungen an die Versorgungseinrichtung stellen und beim Planen frühzeitig berücksichtigt werden sollten.

Maßgeschneiderte Systeme zur schnelle Integration

Die Versorgungs- und Nachfüllsysteme von Ekato ESD werden deshalb projektspezifisch ausgelegt. Als Grundlage für den Engineeringprozess dienen die Auslegungsdaten der Produktionsanlage, Werksspezifikationen der Kunden sowie die örtlich geltenden Bestimmungen und Normen. Dabei ist es wichtig, den Kunden während der gesamten Entwicklung solcher Systeme mit einzubinden, so dass individuell abgestimmte Lösungen entstehen. Dann lassen sich die Systeme auch schnell und unkompliziert in die bestehende Anlage integrieren.

Auffallend ist, dass der beschriebene Ansatz jedoch nur bei der Planung von neuen Produktionsanlagen üblich ist, bestehende Anlagen werden dabei vergessen. Dabei bieten gerade diese Anlagen ein großes Potenzial, um die Effizienz signifikant zu steigern. Besonders anspruchsvoll ist die Entwicklung einer Versorgungseinheit außerdem dann, wenn eine Anlage aufgrund eines besonders kritischen Prozesses redundant überwacht werden muss. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn im Prozessraum exotherme Reaktionen entstehen können oder die Anlage aus anderen Gründen konsequent in einem sicheren
Betriebsstand gehalten werden muss.
Besonderes Augenmerk sollte auf die Anlagenteile gelegt werden, die in der gesamten Produktionslinie nur einmal vorhanden sind (bottle neck).

Dreifach hält besser

Für eine Anlage mit zwei Reaktoren zur Produktion von LD-PE (low density polyethylene) – unter hohem Druck hergestelltes Polyethylen – hat Ekato ESD
eine Lösung entwickelt, die beide Rührwerke bei maximaler Betriebssicherheit abdichtet. Die Anlage arbeitet mit einem Reaktordruck bis zu 200?bar und Temperaturen um 300?°C. Zum Einsatz kommen dreifachwirkende Gleitringdichtungen vom Typ ESD66P. Dabei formen drei Gleitringpaarungen zwei hintereinander geschaltete Sperrkammern. Die behälterseitige Sperrkammer wird mit einem zum Behälter leicht erhöhten Druck betrieben. Die zweite, atmosphärenseitige Sperrkammer wird mit 50?% Druck der anderen Sperrkammer beaufschlagt. Es entsteht stufenweise ein Druckabbau über zwei Kammern, wodurch die einzelnen Gleitringpaarungen einer geringeren Druckdifferenz ausgesetzt sind. Die Gleitringe müssen so kleinere Belastung aushalten als bei herkömmlichen, doppeltwirkenden Gleitringdichtungen. Temperatur und Verschleiß sind niedriger, die Gleitringe haben eine längere Standzeit bei erhöhter Sicherheit.

Die Versorgung der Gleitringdichtungen übernimmt ein automatisches Versorgungssystem. Wesentliche Bauteile dieses Systems sind ein Vorratstank,
verschiedene Pumpen, Filter, Wärmetauscher, Ventile sowie Mess- und Regeleinrichtungen. Im Rücklauf nach der Gleitringdichtung befindet sich ein Regelventil, das in Abhängigkeit vom gemessenen Druck in der Gleitringdichtung den idealen Sperrflüssigkeitsdruck erzeugt. Da die hohe Reaktortemperatur die Sperrflüssigkeit erhitzt, ist ein Wärmetauscher nachgeschaltet. Filter in der Rücklaufleitung säubern die Sperrflüssigkeit von Verunreinigungen.

Das Versorgungssystem ist redundant ausgelegt. Fallen einzelne Systemkomponenten aus, kann das Prozessautomatisierungssystem Teilstränge der Versorgung direkt stilllegen, ohne dass die
Gesamtanlage in ihrer Funktion beeinträchtigt wird. Defekte Bauteile lassen sich während des Reaktorbetriebes ausbauen und austauschen, um anschließend die überholten Komponenten wieder in den normalen Zustand zu fahren. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass parallele Stränge ausfallen, existiert überdies ein Notfallszenario. Dabei wird das Rührwerk gestoppt und die Anlage in einem sicheren Zustand gehalten. Dadurch entsteht ein Zeitfenster, in dem das Versorgungssystem repariert und die Anlage schließlich wieder in Betrieb genommen werden kann.

Teil des Lieferumfangs bei diesem Projekt war auch die Steuer- und Verfahrenslogik, welche innerhalb der Hazop-Studie (hazard and operability) überprüft wurde. Somit konnte das Versorgungssystem wirtschaftlich an das Prozessleitsystem des Kunden angebunden werden. Seit Juni 2008 ist die Anlage erfolgreich in Betrieb. Die neue Dichtungslösung verbraucht deutlich weniger Betriebsstoffe als die vorherige. Durch die Halbierung der Wartungsintervalle spart der Kunde weitere Kosten. Darum plant er derzeit, weltweit seine Standorte mit dieser Technologie auszurüsten.

Dokumentation gleich mitgeliefert

Als Standarddokumente stellt das Unternehmen neben einer Bedienungs- und Wartungsanleitung auch R&I-Fließbilder (Rohrleitungs- und Instrumentenfließbilder) bereit. Darüber erhält der Kunde detaillierte Dokumente zur elektrischen Planung der Anlagensteuerung. Die für den Anschluss erforderliche Dokumentation umfasst Schaltpläne, Instrumentenlisten, Alarmlisten und Schaltlogik-Diagramme zur direkten Übernahme in die Steuerelektronik des Kunden. In allen Dokumenten werden spezifische Anlagenbezeichnungen wie zum Beispiel Projektnamen, Projektnummern und Tag-Nummern berücksichtigt.

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Entscheider-Facts
Für Betreiber
In der Prozessindustrie werden für flüssigkeitsgeschmierte Gleitringdichtungen häufig zentrale Versorgungssysteme installiert.
Diese können nicht nur die Betriebssicherheit und Anlagenverfügbarkeit erhöhen, sondern auch Betriebsstoffe sparen und Wartungsintervalle erhöhen.
Bei Prozessen mit hohen Temperaturen und Drücken sorgen dreifach wirkende Gleitringdichtungen für eine hohe Sicherheit.
Bei einem redundanten Versorgungssystem können Teilstränge der Versorgung stillgelegt und repariert werden, ohne dass die Gesamtanlage in ihrer Funktion beeinträchtigt wird.
Versorgungssysteme sollten kundenspezifisch ausgelegt und mit der entsprechenden Dokumentation geliefert werden.

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Unternehmen

EKATO Systems GmbH

Kaeppelemattweg 2
79650 Schopfheim
Germany