Abb. 1 Emaillierter Rührbehälter in einem Betrieb zur Herstellung von pharmazeutischen Vorprodukten Serumwerk RWA 020

Emaillierter Rührbehälter in einem Betrieb zur Herstellung von pharmazeutischen Vorprodukten. (Bild: Thaletec)

  • Die speziellen Eigenschaften von emailliertem Stahl stellen hohe Anforderungen an die Dichtungstechnik, die chemische Beständigkeit der Bauteile sowie an die Montage und Inbetriebnahme.
  • Das Abdichten emaillierter Flansche erfordert daher genau auf den Anwendungsfall abgestimmte Dichtungs- und Verbindungssysteme.
  • Für Hersteller emaillierter Apparate ist hohe Kompetenz auf dem Gebiet der Dichtungstechnik von Bedeutung, um aus der Vielzahl existierender bewährter Lösungen die richtige auszuwählen.

Emaillierte Apparate werden in der chemischen und pharmazeutischen Verfahrenstechnik eingesetzt. Typische Apparate sind Rührbehälter, Lagertanks, Vorlagen und Kolonnen. Bei diesen Apparaten mit Volumina bis 120.000 l wird die gesamte produktberührte Innenoberfläche in mehreren Bränden 1,4 bis 2 mm dick mit Email beschichtet.

Charakteristische Eigenschaften emaillierter Flansche

Technische Emails sind auf Thermoschockfestigkeit, Schlagfestigkeit und vor allem Korrosionsbeständigkeit für ein breites pH-Spektrum optimiert und besonders im sauren Bereich extrem widerstandsfähig. Aufgrund der herausragenden chemischen Beständigkeit der Emaillierung gegen fast alle Arten korrosiver Beanspruchung dienen diese Apparate üblicherweise für chemisch sehr anspruchsvolle, hoch korrosive und oft toxische und umweltkritische Verfahren. Daher gelten für die verwendeten Dichtungssysteme zum Abdichten der Behälteranschlüsse höchste Anforderung an Funktion und Verlässlichkeit.

Die besonderen Eigenschaften emaillierter Flanschverbindungen sind durch den Fertigungsprozess emaillierter Apparate bedingt. Solche Apparate werden zunächst im Stahl- beziehungsweise „Rohbau“ aus einem Feinkornbaustahl gebaut und verschweißt. Der Behälter-Rohbau wird anschließend sandgestrahlt. Darauf folgt der Emaillierprozess: Eine technische Emaillierung besteht immer aus einer bis zwei Schichten Grundemail und bis zu fünf Schichten Deckemail. Letztere geben dem Email die chemische Beständigkeit und die geforderten Betriebseigenschaften.

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Ballige Oberfläche eines Stutzens DN 25.

Das Aufbringen der Emailschichten umfasst immer den Spritzauftrag eines sogenannten Emailschlickers auf die Bauteiloberfläche. Nach dem Trocknen der aufgetragenen Schicht wird der gesamte Apparat in einem Emaillierofen bis zu 12 h bei bis zu 950 °C gebrannt. Dabei verschmilzt die neu aufgebrachte Schicht mit dem Grundwerkstoff beziehungsweise mit der bereits vorhandenen Emailschicht. Die geforderte Qualität, Schichtdicke und Fehlerfreiheit der Emailschicht soll aus wirtschaftlichen Gründen mit einer geringen Anzahl von Deckemailschichten erreicht werden.

Brennverzug und Balligkeit

Da emaillierte Apparate in der Regel mehrere Tonnen wiegen, ist es nicht verwunderlich, dass sich der Stahlkörper unter den langandauernden Brennbedingungen bleibend verformen kann. Dies lässt sich durch systematische Vorgehensweise minimieren, aber manchmal nicht vollständig vermeiden. Entsprechende Normen berücksichtigen diesen Brennverzug durch entsprechende Toleranzvorgaben. Maßgeblich für emaillierte Rührbehälter ist dabei die DIN 28006-2, für Tanks die DIN 2805 2 und für Kolonnen die DIN 28007 2. Die zulässigen Abweichungen an Flanschflächen von Behälteröffnungen können hier je nach Nenndurchmesser der Öffnung im Bereich von mehreren Millimetern liegen. Diese Toleranz wird in der Praxis nur selten ausgeschöpft, kann jedoch ab und an tatsächlich erreicht werden.

Neben Flanschverzügen durch den Brennprozess kommt es bei emaillierten Flanschen zu einem weiteren werkstofftypischen Effekt, der sogenannten Flanschballigkeit. Diese entsteht durch Oberflächenspannungseffekte während des Aufschmelzens der Emailschicht: Email verhält sich bei hohen Temperaturen wie eine hochviskose Flüssigkeit und bildet, ähnlich wie Wasser an einer Gefäßwand, eine leicht ballige, zu den Rändern hin abfallende Fläche aus. Nach dem Erstarren der Emailschicht bleibt diese Formabweichung von der ebenen Oberfläche bestehen. Die Balligkeit ist umso ausgeprägter, je schmaler die Flanschfläche des Stutzens ist, und tritt also bei Flanschen kleiner Nennweite verstärkt auf. Sie lässt sich durch Temperaturführung und Brennbedingungen beeinflussen, allerdings aufgrund der langen Brenndauern nur in geringem Maße.

Maximal zulässige Flächenpressung

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Flachdichtung aus bidirektional expandiertem PTFE. Durchlichtaufnahme.

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Dichtung mit daran anhaftenden Emailsplittern.

Technisch emaillierte Apparate sind so ausgelegt, dass sich der Grundwerkstoff während des Betriebs nicht durch Druck, Temperatur, Temperaturdifferenzen sowie äußere Lasten plastisch verformt. Ein hoher Sicherheitsfaktor von mindestens 2 gewährleistet, dass die Emaillierung nicht durch mechanische oder thermische Spannungen geschädigt und der Apparat damit unbrauchbar wird. Aufgrund dieser Dimensionierungsregeln müssen die Grenzen der Belastbarkeit emaillierter Flansche unbedingt eingehalten werden.

Auch die verwendeten Flanschdichtungen müssen unter den beschriebenen geometrischen Randbedingungen – Verzüge und Balligkeit – sicher funktionieren. Die Abbildung auf der vorigen Seite zeigt ein Stück einer Dichtung aus bidirektional expandiertem PTFE. Die Gegenlichtaufnahme zeigt, dass die Dichtung stellenweise extrem dünn verpresst ist und damit fast durchsichtig wurde. Durch die hohen lokalen Flächenpressungen in diesem Bereich kam es zum Abplatzen des Emails und damit zum Freilegen der Stahloberfläche. Korrosiver Angriff auf den Stahl führte dann innerhalb kurzer Zeit zum Totalversagen der Flanschverbindung und zu irreparablen Schäden am emaillierten Stutzen.

Aufbau und Kennzeichnung von Flanschdichtungen

Bei emaillierten Apparaten werden üblicherweise Flanschverbindungen mittels Losflanschen nach DIN 28150 oder mittels Klammerschrauben nach DIN 28152 verwendet. Als Dichtungen kommen üblicherweise PTFE umhüllte Flachdichtungen mit zwei Weichstoff­einlagen sowie einem Wellring aus Edelstahl zum Einsatz. Ab Nenndurchmesser DN 400 kommt innerhalb der Dichtung noch bedarfsweise Unterfütterungsmaterial zum Ausgleichen von Flanschverzügen hinzu. Bewährt und bei weitem am häufigsten verwendet sind Flanschdichtungen nach DIN 28148 mit Weichstoffeinlagen aus Aramidfasern oder expandiertem Grafit. Weitere eingesetzte Dichtkonzepte sind die Abdichtung mit Reingrafit (bei regelmäßigen Betriebstemperaturen über 250 °C), Abdichtung mit Ringen oder Bändern aus bidirektional expandiertem PTFE sowie Abdichtung mit Ringen aus gefülltem PTFE.

In der Praxis haben sich Flachdichtungen mit eindeutiger Kennzeichnung bewährt. Da diese speziell bei Flachdichtungen mit PTFE-Hülle nur ungünstig und schlecht sichtbar auf der Dichtung selbst anzubringen ist, hat Hersteller Thaletec das Konzept eines an der Dichtung unlösbar angebrachten Anhängers gewählt. Auf der Vorderseite der sogenannten Fahne befinden sich das Herstellerkennzeichen, Kontaktdaten sowie eine Möglichkeit, das Datum der Installation (Jahr, Monat) zu kennzeichnen. Auf der Rückseite sind der Nenndurchmesser und die Teilenummer aufgedruckt.

Der Hersteller der Dichtung ist damit sofort nachvollziehbar, sofern Ersatzbedarf herrscht. Der Zeitpunkt der Installation ist sofort erkennbar, was das regelmäßige Warten und Prüfen der Flanschverbindungen vereinfacht. Die Angabe der Nenngröße erleichtert im Ersatzfall die Identifikation der richtigen Dichtungsgröße. Die Teilenummer schließlich ermöglicht einfache Nachbestellungen. Außerdem ist auch im eigebauten Zustand erkennbar, welche Dichtung konkret installiert wurde.

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Irreparabel zerstörter Behälterstutzen infolge korrosiven Angriffs nach dem Versagen einer Flanschdichtung aus bidirektional expandiertem PTFE.

Die oben beschriebenen Flanschabweichungen können von den üblicherweise bei emaillierten Apparaten verwendeten Dichtungen nur bis zu einem gewissen Maße ausgeglichen werden. Abweichungen von mehr als einem Millimeter erfordern hierzu eine Unterfütterung. Flanschabweichungen bis 7 mm lassen sich mit dem Quickshim-System ausgleichen. Dieses zwei Komponenten-Kunstharz weist nach dem Aushärten eine hohe Druckfestigkeit und Temperaturbeständigkeit auf. Das Kunstharz wird in pastöser Form in eine geeignet ausgeführte Flanschdichtung eingespritzt. Anschließend wird die Dichtung zwischen die gegeneinander abzudichtenden Bauteile eingelegt und leicht verpresst, so dass sich die reale Flanschgeometrie in dem noch pastösen Unterfütterungsmaterial abformt. Nach dem Aushärten des Unterfütterungsmaterials entsteht eine Flachdichtung mit variabler Dicke, die entsprechend große Abweichungen kompensiert.

Schrauben und Unterlegscheiben

Um die erforderliche Verpressung der Dichtflächen sicher und reproduzierbar zu erreichen, empfiehlt sich das Schmieren der Schraubengewinde und der Schraubenkopfauflage mit Hilfe eines speziellen Schmierfettes wie Thaletec Seizex. Dabei sollten alle Gleitflächen wie das Gewinde, die Mutternauflagefläche und bei bewegtem Schraubenkopf auch die Kopfauflageflächen geschmiert werden: Je nach Reibbeiwerten kann die Kopfreibung zwischen Schraubenkopf und Auflage bis zu 50 % des Gesamt-Reibmomentes innerhalb der Schraubenverbindung ausmachen. Die gesamte Reibung behindert das Aufbringen der Schraubenvorspannkraft und sollte somit definierbar und minimal sein.

Zusätzlich können spezielle reibungsarme Unterlegscheiben insbesondere das Kopfreibmoment auf nahezu null reduzieren. Diese bestehen aus zwei Ringen aus rostfreiem Stahl, zwischen die ein reibungsarmes Axiallager unverlierbar eingesetzt ist. Das Lager kann entweder in Form eines Gleitlagers oder, mit höherer Wirksamkeit, als Nadellager ausgeführt sein. Mit diesen Unterlegscheiben stehen bis zu 50 % mehr Drehmoment für das Aufbringen der Schraubenvorspannung zur Verfügung.
Flatface oder Shimfree
Die Marktanforderungen nach sicheren und funktionellen Abdichtsystemen für emaillierte Flansche haben in den vergangenen Jahren einige Weiterentwicklungen bewirkt. Dazu gehören sogenannte Flatface-Stutzen für emaillierte Apparate, bei denen die Dichtfläche nach dem Abschluss des Emaillierprozesses durch Planschleifen mechanisch bearbeitet ist. Dies beseitigt die Balligkeit der Dichtflächen vollständig und verwirklicht eine absolut plane Dichtfläche. Beim Emaillieren wurde vorher sichergestellt, dass die Email-Schichtdicke im Bereich der Dichtflächen auch nach der Bearbeitung ausreicht und sicher über der nach der in ISO 28721-1 geforderten Mindestschichtdicke liegt.

Flatface-Stutzen können bis zu Nennweiten von 250 mm realisiert werden und sind vor allem an neu gefertigten Apparaten üblich. Allerdings ist es in vielen Fällen möglich, das Konzept auch bei bereits vorhandenen und installierten Apparaten vor Ort umzusetzen. Die Stutzen empfehlen sich, wenn zu DIN 28148 abweichende Dichtsysteme wie Dichtungen aus expandiertem PTFE oder Massiv-PTFE-Dichtungen verwendet werden sollen. Auch in der Pharmaindustrie, wo es auf minimale Toträume im Bereich der Flanschabdichtungen ankommt, sind Flatface-Stutzen sinnvoll.

Abb 10b Kennzeichnungsfahne an verbauter Dichtung klein

Dauerhafte Kennzeichnung von Flachdichtungen mit Anhänger.

Das Ausgleichen von Flanschverzügen kann mit der oben beschriebenen Quickshim-Unterfütterung erfolgen. Nachteil dieses Konzepts ist jedoch, dass das Unterfüttern bei jedem Wechsel der Dichtung erneut notwendig ist. Ein dauerhafter und nur einmalig durchzuführender Ansatz ist das Shimfree-System. Dabei wird zuerst die Geometrie der beiden gegeneinander abzudichtenden Flanschflächen vermessen. Anhand der Messdaten wird ein Ring konstruiert, dessen Dicke und Flanschblattneigung der ermittelten Abweichung entspricht. Dieser wird auf einer 3-Achs-CNC-Maschine gefertigt und verzugsfrei emailliert, sodass die Flanschflächen des Rings der jeweiligen Geometrie der gegenüberliegenden Teile des Flansches folgen. Wird nun eine Dichtung zwischen Flansch und Ring eingelegt, folgt sie exakt dem Dichtspalt und wird auf der gesamten Fläche gleichmäßig verpresst.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die von Tedima entwickelte und gemeinsam mit Thaletec vermarktete 3D-Dichtung. Hier wird ein Dichtungselement auf der Grundlage vermessener Flanschflächen aus einem Dichtungswerkstoff spanend gefertigt. Im Gegensatz zum Shimfree-Ring erfolgt die Fertigung in der Form, dass das „Abkippen“ des Flansches nicht berücksichtigt wird und damit eine Linienberührung zwischen Dichtung und Dichtflächen entsteht.

Vakuumgeeignet und ableitfähig

Chemische Verfahren wie Destillation oder Extraktion werden vorzugsweise unter hohem Vakuum durchgeführt. Dauernd anliegendes hohes Vakuum kann an konventionellen Flanschdichtungen insbesondere bei großen Nenndurchmessern und hohen Temperaturen dazu führen, dass die Dichtungshülle im Laufe der Zeit in Richtung des Behälterinnenraums eingezogen wird. Während dieser Effekt zunächst keine Auswirkung auf die Dichtheit der Flansche hat, kann die Dichtung jedoch nach längerer Betriebsdauer versagen. Für solche Anwendungen sind spezielle vakuumfeste Flanschdichtungen erhältlich. Gegenüber Standard-Dichtungen besitzen sie eine Hülle aus PTFE, die den Ring aus Weichstoff umgibt und so im Dichtungskörper fixiert. Dies verhindert das Einsaugen der Dichtungshülle in den Behälterinnenraum.

Bei Prozessen mit nicht leitfähigen Medien wie Lösungsmitteln kann es in emaillierten Rührbehältern zu elektrostatischen Aufladungen kommen. Bei solchen Verfahren sind elektrisch ableitfähige Bauteile zweckmäßig. Dazu gehören der Behälter und die Einbauteile selbst, aber auch die Dichtungen. Elektrisch ableitfähige Flanschdichtungen bestehen ausschließlich aus ableitfähigen Werkstoffen: Eine Dichtungshülle aus leitfähigem PTFE umschließt Weichstoff­einlagen, die beispielsweise Grafit beinhalten oder vollständig daraus bestehen. Weiterhin besitzen solche Dichtungen Erdungslaschen, die an nahegelegenen, metallischen und geerdeten Bauteilen zu befestigen sind und dadurch elektrische Ladungen ableiten.

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