
(Bild: Moor Studio – AdobeStock)
- Die Preise für Chemieanlagen sind 2022 gegenüber dem Vorjahresdurchschnitt um 9,3 % gestiegen.
- Gegenüber den ersten drei Quartalen hat der Preisauftrieb jedoch stark an Fahrt verloren.
- Erstmals seit Jahren sind die Preise für Rohrleitungen gesunken – und zwar um satte 2 %.
Gleich mehrere Indizien aus dem Zahlenwerk für das vierte Quartals 2022 sprechen dafür, dass sich im Projektgeschäft bei der Beschaffung von Anlagenkomponenten und Leistungen eine Trendwende abzeichnet. Das offensichtlichste Indiz liefert der Blick auf die Entwicklung der Rohrleitungspreise. Zum ersten Mal seit zwei Jahren sind diese im Zeitraum Oktober bis Dezember 2022 wieder gesunken – und zwar um 2 %. Interessant ist dabei, dass Armaturenhersteller zwar noch Preissteigerungen von 1,3 % durchsetzen konnten, der Materialpreis (Stahl und Edelstahl) aber um 3,4 % gesunken ist.
Natürlich lässt sich das mit den Beschaffungsprozessen erklären – Rohmaterial für Armaturen, die in Q4 verkauft wurden, wurde in der Regel bereits zu Zeiten beschafft, als die Preise noch deutlich höher waren. Signifikant ist die Entwicklung dennoch. Denn Stahlpreise kannten in den vergangenen Jahren nur eine Richtung: aufwärts. Im Jahresmittel kletterten die Preise für Rohre und Halbzeuge aus Stahl zwischen 2021 und 2022 trotz der Entwicklung in Q4 um 34,2 %. Die Ursache dafür dürfte im aktuellen Abschwung der Baubranche liegen, könnte aber auch ein Indikator für eine drohende Rezession und ein nachlassendes Projektgeschäft sein. Oder noch einfacher: Der Inflation geht die Puste aus.

Elektrotechnische Einrichtungen gefragt
Dass Indizien aus Einzelgewerken des Anlagenbaus dafür als Indikator dienen können, zeigt auch der genauere Blick auf die im Gewerk „Elektrische Energieversorgung“ zusammengefassten Positionen. So hat sich der Sub-Index in Q4 mit einem Plus von 3,6 % unter allen anderen Gewerken an die Spitze gesetzt, weil die Preise für elektrotechnische Einrichtungen um 4,1 % gestiegen sind. Die Entwicklung spiegelt den aktuellen Fokus auf Projekte zur Energieversorgung und Energieeinsparung wieder.
Interessant ist auch die Entwicklung bei Maschinen und Apparaten: Hier hatten wir noch in Q3/22 einen starken Anstieg in ähnlicher Größenordnung wie bei Rohrleitungen registriert und ebenfalls Materialpreise als Ursache dafür identifiziert. In Q4 legten Maschinen und Apparate um insgesamt 2,1 % zu – die Dynamik hat sich also gegenüber dem Vorquartal halbiert. Und hier dürften dieselben Argumente greifen wie bei den Preisen für Armaturen: eine Materialbeschaffung in den Vorquartalen zu den entsprechend teuren Konditionen. Ein Blick auf die 16 Einzelpositionen, die in den Subindex „Maschinen und Apparate“ einfließen, zeigt, dass insbesondere materialintensive Positionen wie Behälter, Reaktoren und Mahlanlagen in Q4 deutlich teurer geworden sind als zum Beispiel Verdichter und Pumpen.
Inflation bleibt der entscheidende Faktor
Von Entwarnung zu sprechen, wäre allerdings trotzdem noch verfrüht. Der sinkende Stahlpreis wird erst in den nächsten Monaten auf die Preise für Maschinen und Apparate durchschlagen. Für die Kalkulation langfristiger Projekte dürfte insgesamt die Inflation der deutlich wichtigere Faktor bleiben. Laut Statistischem Bundesamt lag diese für Verbraucherpreise im Jahr 2022 bei 7,9 %. Der Gesamtindex für Chemieanlagen PCD legte 2022 um 9,3 % zu. Treiber waren dabei vor allem Maschinen und Apparate, Bautechnik, Rohrleitungen und Elektrische Energieversorgung. Dämpfend wirkten lediglich die moderaten Steigerungen bei den Preisen im Index-Schwergewicht Ingenieurleistungen, das einen Anteil von über 27 % am Gesamtindex PCD hat. Allerdings waren beim zweiten nicht materiellen Gewerk „Montageleistungen“ im vergangenen Jahr ebenfalls deutliche Preissteigerungen zu sehen. Zuletzt – und das hatten wir bereits in der Analyse zum dritten Quartal 2022 angedeutet – hat jedoch auch bei Montageleistungen der von Q1 bis Q3/22 registrierte Preisauftrieb weiter an Dynamik verloren. Angesichts generell steigender Lohnkosten könnte dies auf ein schwächer werdendes Projektgeschäft hindeuten – auch dann, wenn der Inflation die Puste ausgeht.

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