Februar 2011

CT: Wie hat sich das Servicegeschäft der Infraserv Knapsack im vergangenen Jahr der Finanz- und Wirtschaftskrise entwickelt?

Meier: Wir sind zufrieden und liegen auf Kurs. Das letzte Jahr hat zeitverzögert in manchen Bereichen einen Rückgang gebracht, weil viele der Kunden in der Instandhaltung zurückhaltend waren. Aber wir haben auch 2010 unsere gesteckten Ziele erreicht

CT: Eigentlich hätte ja der Wunsch nach Flexibilisierung der bisher fixen Kosten das Outsourcing voranbringen müssen…

Meier: Auch wenn das die Logik eigentlich sagt, konnten wir das nicht überall beobachten. Der tagesaktuelle Druck zwang viele Unternehmen dazu, kurzfristige Sparmaßnahmen den mittelfristigen Maßnahmen vorzuziehen. Und eines ist schließlich gut gelungen: Man hat nicht Personal abgebaut, das jetzt im Aufschwung wieder gebraucht wird.

CT: Haben Sie Investitionen zurückgefahren?

Meier: Man muss zwischen Investitionen für uns und Investitionen aufgrund von Kundenaufträgen unterscheiden. Letztere haben wir der Auftragslage angepasst, aber unsere Zukunftsinvestitionen in die Struktur sind kontinuierlich umgesetzt worden.

CT: Welche Trends sehen Sie im Servicegeschäft?

Meier: Man muss das auf verschiedenen Zeitstrahlen betrachten. Langfristig wird es immer mehr Outsourcing geben, kurzfristig kann das mal in die gegenseitige Richtung ausschlagen. Aber für die Zukunft bin ich davon überzeugt, dass es mit kleinen Schritten, aber kontinuierlich weitergehen wird. Denn die Grundlogik, Finanzmittel nur für die Kerngeschäfte zu verwenden, bleibt ja erhalten.

CT: Ist das der Grund für die verstärkte Außenorientierung der Infraserv Knapsack?

Meier: Das ist natürlich eine Marktchance. Aber der Grund ist ein anderer: Es gibt einen Strukturwandel in der Chemie, der spektakuläre Ansiedlungen wie Ticona oder NKT Cables zu reinen Glückstreffern werden lässt. Für einen Standortdienstleister ist ein Chemiepark eine Basis, aber langfristig muss man sich auch noch andere Standbeine schaffen. Es geht darum, die wirtschaftliche Basis zu erweitern und damit gleichzeitig Zukunftssicherung zu betreiben – insbesondere für einen kleineren Standort ist das noch wichtiger, als für einen großen Industriepark. Und unsere Kunden am Standort brauchen einen wirtschaftlich nachhaltig stabilen Partner.

CT: Dienstleistungsgeschäft ist immer auch regionales Geschäft. Wie groß ist der Umkreis in dem Sie tätig sein werden?

Meier: Wir sind dabei, dies genauer zu definieren. Aber ein Umkreis von 50 km um unseren Standort Knapsack ist unser Heimatmarkt und Startpunkt. Aber wir halten uns natürlich auch weitere Optionen auf andere Zielregionen und Standorte offen.

CT: Wie wird Ihr überregionales Angebot in Zukunft aussehen?

Meier: Es gibt ein klares Portfolio, mit dem wir nach außen gehen. Unsere neue Vermarktungsstruktur ist in drei Angebotsbereiche gegliedert:

  • Anlagenservices
  • Anlagenplanung und -bau
  • Standortbetrieb und Infrastrukturservices

 

Und wir trauen uns zu, diese auch für andere Standorte unserer Kragenweite als Full Service anzubieten.

CT: Gerade der Betrieb von anderen Standorten wird seit Jahren immer wieder diskutiert. Bislang ist wenig passiert.

Meier: Der Markt ist unserer Meinung nach da, aber natürlich muss die Konstellation passen. Das hängt von Fragen ab wie „Welche Eigentümerstruktur ist vorhanden?“ oder „Will man überhaupt Outsourcing?“. Und schließlich ist es auch noch eine Frage der Größe.

CT: Gibt es Ihrerseits eine Einschränkung auf bestimmte Industrien oder sind Sie generell offen, unterschiedlichste Industrieparks zu betreiben?

Meier: Unser Branchenfokus liegt auf Chemie und Petrochemie aber auch Glasindustrie oder Energieerzeugung. Generell kann man sagen die klassische Prozessindustrie. Für den Standortbetrieb liegen uns natürlich vergleichbare Strukturen besonders.


CT: Welcher der drei genannten Angebotsbereiche wird den größten Anteil am Geschäft der Infraserv Knapsack ausmachen?

Meier: Die Anlagenservices sind natürlich erst einmal die Basis. Anlagenbau und -planung sind immer wichtiger werdende Aktivitäten und können, je nach Projekt, sehr groß sein. Der Betrieb anderer Standorte ist noch Zukunftsmusik.

CT: Welche weiteren Elemente umfasst Ihre neue Strategie?

Meier: Zunächst einmal werden wir unsere Organisationsstruktur dem Wachstumskurs anpassen. Eine wichtige Philosophieänderung war die Einführung eines zentralen Marketings und eines zentralen Vertriebs zum 1. Oktober 2010. Für Infraserv, die ja aus einer Geschäftsfeldstruktur kommt, ist das ein neuer Ansatz. Im zweiten Schritt werden wir zum Beispiel die Instandhaltung und die Fertigungstechnik separat neu aufstellen. Ziel ist es, in allen Bereichen als Dienstleister noch professioneller und kundenorientierter agieren zu können. Das klingt zwar einfach, ist aber ein ziemlicher Akt, weil man die Kräfte neu bündeln muss.

CT: Wie grenzen Sie sich gegenüber klassischen Industriedienstleistern ohne Branchenbindung ab?

Meier: Wenn es um nicht standortgebundene Dienstleistungen geht, haben Industriedienstleister den Vorteil, dass sie überregional etwas flexibler sind. Unser Vorteil ist die wirtschaftliche Basis des Heimatstandorts. Und als Chemiepark-Betreiber und Dienstleister kennen wir die Notwendigkeiten der Chemie besonders gut und sprechen die Sprache der Kunden. Ich bin überzeugt, dass man sich als Dienstleister sehr individuell aus der vorhandenen Struktur heraus entwickeln muss. Deshalb ist der „eine große Chemie-Standortdienstleister“ aus meiner Sicht noch eine Utopie.

CT: Wie sehen Sie sich in puncto Marktpreise und Wettbewerbsfähigkeit aufgestellt?

Meier: Ein Dienstleister muss immer an der Attraktivität seiner Produkte arbeiten. Aber wir können längst wettbewerbsfähig anbieten. Und die für den Standort Knapsack aktuellen Projekte für Ansiedlungen und Erweiterungen lassen darauf schließen, dass wir dabei nicht so schlecht sein können. Diese Projekte werden in 2011 etwa 10 Hektar Fläche am Standort füllen können – die Hälfte dessen, was wir derzeit an Freiflächen im Chemiepark für „Plug&Play“ haben.

CT: In der jüngsten Vergangenheit waren dies vor allem Kraftwerksprojekte – wird Knapsack zum „Energiepark“?

Meier: Der Standort hat einen Strukturwandel in Richtung Energie erlebt. Aber wir bleiben ein attraktiver Chemie- und Industriepark mit sicherer Energieversorgung, wie nicht zuletzt die 2009 in Betrieb gegangene 60 Mio. Euro MPE-Anlage der Bayer Crop Science belegt. Auch die für das kommende Jahr angekündigten Projekte sind – neben einem Energieprojekt – im Wesentlichen Vorhaben der Chemie.[AS]

TOP3CT111

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