Zeichen für Sicherheit

(Bild: Brazhyk – stock.adobe.com)

  • Die bei Weitem häufigste Sicherheitseinrichtung zur Überdruckabsicherung sind federbelastete Sicherheitsventile.
  • Dennoch gibt es bestimmte Anwendungen, bei denen die anderen Arten der Überdruckabsicherung, wie pilotgesteuerte Sicherheitsventile, ihre Stärken ausspielen.
  • Dies zeigen Beispiele aus den Bereichen Erdgas, LNG und Offshore-Ölförderung.

Alle Behälter oder Systeme müssen gegen Überdruck abgesichert werden, um im Fall des Falles die Anlage zu schützen und Schlimmeres zu verhindern. Zur Überdruckabsicherung können verschiedene Sicherheitseinrichtungen eingesetzt werden. Neben federbelasteten Sicherheitsventilen gibt es pilotgesteuerte Sicherheitsventile, gesteuerte Sicherheitsventile, Berstscheiben sowie Sicherheitsventile und Berstscheiben in Kombination. Eine Übersicht über alle Arten der Überdruckabsicherung bietet etwa die ISO- 4126-Normenreihe. Federbelastete Sicherheitsventile sind dabei bei Weitem die häufigste Sicherheitseinrichtung zur Überdruckabsicherung. Dennoch gibt es bestimmte Anwendungen, bei denen die anderen Arten der Überdruckabsicherung Vorteile aufweisen – wie eben pilotgesteuerte Sicherheitsventile.

Wie funktionieren pilotgesteuerte Sicherheitsventile?

Pop-Action-pilotgesteuerte Sicherheitsventile wie die Type 811 von Leser öffnen und schließen schlagartig. Das Ventil öffnet bei einem Überdruck von 1 %. Das Schließen erfolgt bei einem Druck von 97 % des Ansprechdrucks und kann weitergehend bis 85 % eingestellt werden.
Gemäß API 521 kann unzulässiger Überdruck 17 verschiedene Auslöser haben, aus denen verschiedene abzuführende Massenströme resultieren. Der größte abzuführende Massenstrom bestimmt die Größe des Ventils. Bei allen anderen Auslösern liegen Teillasten vor. Durch die Öffnungsdruckdifferenz von 1 % und die Schließdruckdifferenz von 3 % ist der Abblasezyklus deutlich kürzer als bei einem federbelasteten Sicherheitsventil. Dadurch wird weniger Medium abgeblasen.
Zudem steigt die Schließkraft bei pilotgesteuerten Sicherheitsventilen proportional zum Anlagendruck. Dies führt zu einer verbesserten Dichtheit insbesondere nahe am Ansprechdruck. Bei federbelasteten Sicherheitsventilen verringert sich die Schließkraft mit steigendem Anlagendruck. Beim Ansprechdruck entspricht die Federkraft der durch den Anlagendruck erzeugten Kraft.

Erdgasleitungen absichern

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Pop-Action-pilotgesteuerte Sicherheitsventile öffnen und schließen schlagartig. (Bild: Leser)

Erdgas wird oft in Regionen gefördert, in denen es nicht verbraucht wird. Ein bewährter und ökonomischer Transport findet daher durch Pipelines statt. Nach der Aufbereitung wird das Gas mit hohem Druck von etwa 100 bar in die Fernleitungen geleitet. Aufgrund des Druckverlusts durch die Rohrreibung reduziert sich jedoch der Druck mit zunehmender Länge der Pipeline. Daher wird das Erdgas in Verdichterstationen wieder verdichtet und Druckverluste werden ausgeglichen.
Zur Absicherung der Stationen werden Sicherheitsventile eingesetzt, die bei diesen hohen Drücken große Leistungen erbringen. Das sind zum Beispiel Ventile mit einer Nennweite von 8T10 / DN 200 x DN 250. In der Regel werden herkömmliche pilotgesteuerte Sicherheitsventile mit einem Austritt genutzt. Bei diesen Bedingungen erreichen die Reaktionskräfte entsprechend der Berechnung nach API 520 bis zu 340 kN. Diese Kräfte müssen durch Stahlbau normkonform aufgefangen und gelagert werden.
Eine Alternative dazu stellt das sogenannte Dual-Outlet-pilotgesteuerte Sicherheitsventil dar. Es besitzt zwei Austritte, die sich gegenüberliegen. Im Falle des Ansprechens strömt das Medium gleichmäßig in genau die entgegengesetzte Richtung aus. Somit heben sich die auftretenden Reaktionskräfte nahezu auf. Das bedeutet, dass der Anlagenbetreiber durch die Installation eines Dual-Outlet-pilotgesteuerten Sicherheitsventils Metallbaukosten in der Verdichterstation einsparen kann.

Funktionieren im kryogenen Umfeld

Sicherheitsventil
Ein Dual-Outlet-pilotgesteuertes Sicherheitsventil besitzt zwei Austritte, die sich gegenüberliegen. (Bild: Leser)

Eine besondere Herausforderung für Sicherheitsventile stellt das Absichern von Flüssigerdgas (LNG) mit notwendigen kryogenen Medientemperaturen von -161 bis -164 °C dar. Die Herausforderung ergibt sich aus hohen Drücken und tiefen Temperaturen. Insbesondere Weichdichtungen müssen gesondert betrachtet werden. Dies gilt vor allem auch für die Sicherheitsventile. Denn sie müssen als letzte Absicherung im Überdruckfall auch bei den tiefkalten Prozess- und Umgebungstemperaturen zuverlässig funktionieren. Dennoch muss der Verflüssigungsprozess effizient gestaltet werden, damit das LNG wirtschaftlich angeboten werden kann.
Der Einsatz von pilotgesteuerten Sicherheitsventilen kann die Anlageneffizienz in den relevanten Bereichen verbessern. Sie sind im Gegensatz zu federbelasteten Sicherheitsventilen dicht bis zum Ansprechen und erfüllen somit die Anforderung eines höheren Betriebsdrucks in Relation zum Ansprechdruck der Anlage.
Zusätzlich kann ein pilotgesteuertes Sicherheitsventil auf die jeweilige Anforderung angepasst werden. So kann beispielsweise ein Verdampfer eingesetzt oder der Pilot vom Hauptventil thermisch entkoppelt werden, um einen gasförmigen Medienzustand im Piloten sicherzustellen. Ein temperaturbeständiges PTFE-Compound zur Kolbenabdichtung im Hauptventil ermöglicht den Einsatz der federunterstützten Nutringdichtung bei Betriebstemperaturen bis -162 °C. Bei den Temperaturen wird eine Sitzbuchse eingesetzt. So wird der kälteste Bereich mit den höchsten Drücken ohne Weichdichtung abgedichtet.

Hohe Drücke im Offshore-Einsatz

Die Ölförderung verlagert sich im Offshore-Bereich zunehmend auf Tiefwasserstandorte. In diesen Regionen mit Fördertiefen, die 6.000 m oder noch mehr erreichen können, werden vermehrt sogenannte Floating Production Storage and Offloading Units (FPSO), also Schiffe zur Förderung und Verladung, eingesetzt. Die neben dem Rohstoff geförderten Bohrbegleitgase werden wieder zurückgeführt und im Boden verpresst. Durch die Erschließung immer tieferer Lagerstätten steigen die Drücke, mit denen die Gase verpresst werden müssen. Bereits heute sind Kompressoren und auch Pumpen mit Drücken von über 600 bar im Einsatz. Damit die Anlage einen Betriebsdruck von 600 bar haben kann, muss sie höher ausgelegt werden. Denn üblicherweise wird eine Anlage 15 % unterhalb des Ansprechdrucks der Sicherheitsventile betrieben. In diesem Fall wären dies 690 bar Designdruck. Der Grund hierfür liegt bei der Funktion der federbelasteten Sicherheitsventile. Gemäß den geltenden Regelwerken müssen die Sicherheitsventile bei 10 % unterhalb des Ansprechdrucks schließen. Die meisten Hersteller sowie die Regelwerke empfehlen einen Unterschied von 3 bis 5 % zwischen Schließdruck und Betriebsdruck, um ein sauberes Schließen des Ventils sicherzustellen und wieder eine gute Sitzdichtheit zu erhalten. Bei Anwendungen und Betriebsdrücken oberhalb von 90 % des Ansprechdrucks schließen federbelastete Sicherheitsventile mitunter unvollständig. Die Folge wäre ein konstanter, hoher Medienverlust. Das bedeutet, dass die Gesamtanlage für eine höhere Last ausgelegt werden muss, was entsprechend zu höheren Aufwänden führt. Dies führt zu größeren Kosten und macht sich auch im Gewicht der Anlage bemerkbar, was insbesondere auf Schiffen stark ins Gewicht fällt.
Durch den Einsatz von pilotgesteuerten Sicherheitsventilen mit geringeren Schließdruckdifferenzen lassen sich die Designdrücke reduzieren. Dies spart Material, weil geringere Druckstufen verwendet werden können. Alternativ könnten die Fördertiefen einer bestehenden Anlage erhöht werden.

Kryogene Anwendungen
Kryogene Anwendungen stellen eine besondere Herausforderung für Sicherheitsventile dar. (Bild: Leser)

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