- Der Betreiber einer petrochemischen Anlage hat vor der geplanten Abstellung Flansche auf Leckagen untersucht und dabei Undichtigkeiten entdeckt.
- Die Ursache bestand in einer Kombination aus ungereinigten Schraubverbindungen, unsachgemäßer Schmierung, falsch angesetzten Reaktionsarmen oder Bedienfehlern.
- Mit einem Maßnahmenpaket, bestehend aus einem axialen Anziehverfahren, Schulung der Monteure und dem richtigen Material, wurden reproduzierbar dichte Flanschverbindungen erreicht.
Vor der geplanten Abstellung einer petrochemischen Anlage untersuchten unabhängige Fachleute mit Hilfe einer Wärmebildkamera ausgewählte Flansche auf Leckagen – und wurden teilweise fündig. Die erste, zwei Tage dauernde Messung zeigte an einigen Flanschverbindungen deutlich erhöhte Leckageraten. Die Ursachenuntersuchung förderte rasch den Grund zu Tage: eine Kombination aus ungereinigten Schraubverbindungen, unsachgemäßer Schmierung, falsch angesetzten Reaktionsarmen oder Bedienfehlern. Dazu kamen eine falsche händische Nummerierung der Anziehreihenfolge, gepaart mit einhergehendem Termindruck und Übermüdung. Das sorgt dafür, dass die angezogenen Schrauben nicht den Vorgaben der Ingenieure entsprechen.
Diverse der ermittelten Probleme hatten mit dem Einsatz der konventionellen Verschraubungswerkzeuge und den Gegenhaltern zu tun. Teilweise konnten die Monteure sie aufgrund beengter Arbeitsbedingungen nicht sauber aufsetzen. Es änderten sich zum Teil auch die Reibbeiwerte und somit die Wiederholgenauigkeit der Vorspannkraft. Weil aber die geforderte Mindestflächenpressung nicht erreicht wurde, kam es zu Undichtigkeiten.
Axiales Anziehverfahren sorgt für dichte Flansche
Um die Frage zu beantworten, wie sich die Zahl der Leckagen verlässlich reduzieren lässt, wandten sich die Verantwortlichen der Anlage an den Verschraubungstechnik-Spezialisten Hytorc, von dem der Anlagenbetreiber seit vielen Jahren Verschraubungswerkzeuge bezieht. Der Spezialist schlug vor, im ersten Schritt die Reaktionsarme und Gegenhalteschlüssel durch ein axiales Anziehverfahren zu ersetzen: Der Einsatz einer verdrehsicheren Unterlegscheibenkombination ermöglicht dann ein Verschrauben ohne Reaktionsarm und Gegenhalteschlüssel. Diese Scheiben bieten eine immer gleiche Oberflächenbeschaffenheit für die zu drehende Sechskantmutter und erlauben somit eine exakte Kontrolle des Reibbeiwerts. Das gleichmäßige Auslasten der Schraubverbindungen sorgt dann für eine höhere Dichtheit beziehungsweise niedrigere Leckageraten. Außerdem erhöhen die Scheiben die Arbeitssicherheit, schonen Anlage sowie Verschraubungswerkzeuge und beschleunigen die Arbeitsabläufe.
Gemeinsam mit den Monteuren des Anlagenbetreibers verschraubten die Fachleute von Hytorc jene zuvor als undicht ausgemachten Flansche neu und verwendeten hierbei die Unterlegscheiben Z-Washer und Backup Washer. Die Nachbarflansche wurden weiterhin wie gewohnt angezogen. Als die neu verschraubten Flansche erneut mit der Kamera überprüft wurden, zeigte sich ein erfreuliches Ergebnis: 100 % technisch und nachhaltig dicht. Anlass zur Entwarnung war dies jedoch noch nicht: Einige der ebenfalls untersuchten Nachbarflansche waren jetzt undicht, obwohl sie zuvor unauffällig waren.
Montagefehler führen zu Undichtigkeiten
Der Grund für die nun undichten Nachbarflansche: Die Monteure arbeiteten nicht konsequent nach Vorgabe der Ingenieure. Teilweise wurden die Schrauben am Flansch nicht in der vorgesehenen Reihenfolge angezogen, sondern einfach reihum. Angesichts der großen Flanschabmessungen, die 36 Verschraubungen und mehr aufweisen, ist es nachvollziehbar, dass Monteure den Überblick verlieren. Teilweise lag es auch an minderwertigen Werkzeugen wie Schlagschraubern. Oder an schlechtem Schmierstoff oder unzureichender Säuberung der gebrauchten Bolzen vor dem Wiederverschrauben.
Es genügt also, wenn nur ein Bestandteil des Verschraubungsvorgangs unsauber ausgeführt wird. Daher entschieden die Verantwortlichen des Anlagenbetreibers, auch die übrigen zum Verschraubungssystem gehörenden Komponenten auf den Prüfstand zu stellen, um so noch mehr Kontrolle über die Ergebnisse zu bekommen. Der Verschraubungstechnik-Spezialist lieferte also auch den passenden Schmierstoff, nutzte zur einfachen und fehlerfreien Kennzeichnung der Anziehreihenfolge das pro Flansch individualisierte Flangefix-Kennzeichnungsband und unterwies die Monteure, wie sie die Schraubverbindungen bei den Revisionen ordentlich säubern und anschließend wieder schmieren.
Fachwissen macht Flansche nachhaltig dicht
Um die Verschraubungswerkzeuge zweckentsprechend anzuwenden, musste das Montagepersonal geschult werden. Daher schrieb der verantwortliche Revisionsleiter vor, dass künftig nur von Hytorc geschulte Facharbeiter verschrauben dürfen.
Eine weitere Überprüfung durch die Spezialkamera belegte dann auch, dass sich die Bemühungen auszahlten: Auf Basis der neuen Lösung – bestehend aus präzisen Verschraubungswerkzeugen, verdrehsicheren Unterlegscheiben, hochwertigen Schmierstoffen, Kennzeichnungsband und praxisgerechten Schulungen – sind die verschraubten Flansche nachweislich zu 100 % technisch dicht. Konsequenterweise hat die Leitung des Anlagenbetreibers daher die verdrehsicheren Unterlegscheiben sowie die Schmierstoffe und die Kennzeichnungsbänder des Herstellers inzwischen verpflichtend für alle Unternehmensteile eingeführt.
Bislang war es den Monteuren in der Anlage nicht möglich, alle Vorgaben der Verfahrensentwickler in der Praxis verlässlich umzusetzen. Dank der von Hytorc konzipierten und gelieferten Lösung ist dies jetzt machbar – diese zeichnet sich durch die richtige Vorspannkraft, Wiederholgenauigkeit und exakte Flächenpressung aus. Die Betreiber sind damit ihrem Ziel, die Anlagen nur noch alle vier Jahre zur geplanten Revision herunterfahren zu müssen, entscheidend näher gekommen. 1810ct904
Zur Technik: Leckage-Erkennung
Das mit der Leckage-Erkennung beauftragte Unternehmen arbeitet auf Basis von LDAR (Leak Detection And Repair), also einem Vorgehen zum Messen, Kontrollieren und Beheben von diffusen Emissionen. Die Fachleute setzten zur Untersuchung der Anlage eine Wärmebildkamera (FLIR GF 320) ein, die rasch weitläufige Umgebungen erfassen und Lecks punktgenau ausmachen kann. Dieses Verfahren ist ideal für Anlagen, die sich ansonsten nur aufwendig mit Messsystemen untersuchen lassen, welche in Kontakt mit den jeweiligen Komponenten sein müssen.
Die Fachleute, die solche Untersuchungen seit mehr als 20 Jahren erbringen, können mit der Kamera pro Einsatz Tausende von Komponenten erfassen, darunter Benzol, Ethanol, Ethylbenzol, n-Heptan, n-Hexan, Isopren, Methanol, Methylisobutylketon, n-Oktan, n-Pentan, Xylole, Toluol, n-Butan, Ethan, Methan oder Propan. Wichtig aus Sicht des Anlagenbetreibers ist hierbei, dass die Produktion hierdurch nicht beeinflusst wird.