Der Ansatz muss lauten: Gibt es einen Grund keinen Feldbus einzusetzen,“ stellte Dr. Niels Kiupel, Leiter der Elektro- Mess- und Regeltechnik bei Evonik, in seinem Vortrag auf dem Anwendertreffen der Fieldbus Foundation in Basel in den Raum. Bislang wurden immer Gründe für den Einsatz der Feldbustechnik gesucht. Doch Kiupel fordert eine Umkehr der Beweislast bei Investitionsentscheidungen, da der Feldbus mittlerweile Stand der Technik ist. Dass der Feldbus modern und fortschrittlich ist, darüber sind sich Hersteller und Anwender einig. Doch viele Anwender denken nach wie vor konservativ und mit der neuen Technik tauchen auch neue Probleme auf.
Erfahrungsaustausch und Expertengespräche
Um sich zu informieren und Erfahrungen auszutauschen trafen sich etwa 70 Teilnehmer auf der 4. Foundation Fieldbus Konferenz im Dezember 2008 in der Schweiz. Anwender, Interessierte und Experten, nutzten die Gelegenheit Fragen zu stellen und Antworten zu erhalten. Einem umfangreichen Vortragsprogramm folgten am Nachmittag Diskussionsrunden zu den Themen Ausschreibung und Planung, Inbetriebnahme und Anlagenübergabe sowie zu Fragen rund um Betrieb, Instandhaltung und Nutzen, die von der CT-Redaktion moderiert wurden. Begleitet wurde die Konferenz von einer Ausstellung, in der Hersteller Produkte rund um die Feldbustechnik vorstellten. Am Vortag besuchten 31 Teilnehmer das Grundlagentraining Foundation Fieldbus.
Theorie und Praxis
Im Vortragsprogramm befassten sich die Experten mit Themen wie Kosten- und Nutzen, Trends und Technologien und stellten Erfahrungen mit dem sicherheitsgerichteten Feldbus FF-SIF dar. Die Forderung von Kiupel, nicht mehr zu fragen, ob der Feldbus, sondern eher ob er nicht zum Einsatz kommt erscheint einerseits berechtigt. Die Technik ist nicht neu und zahlreiche Studien sehen die Feldbustechnik klar im Vorteil gegenüber der konservativen 4…20mA-Technik. So ist die Datenübertragung via Feldbus schneller, das Hardware-Engineering in Feldbussystemen einfacher, die Anlagen laufen stabiler, die Installationskosten sind geringer oder gleich, die Inbetriebnahme einfacher und die Feldbustechnik bietet Vorteile wie Asset Management, Diagnosemöglichkeit und Control in the field, die erst in der Zukunft ein größere Rolle spielen werden. Wer also langfristig denkt, hat theoretisch viele Argumente auf der Hand, die für den Einsatz der Feldbustechnik sprechen.
Dennoch besteht Erklärungsbedarf, eben diese Vorteile in der Praxis darzustellen und vor allem monetär auszudrücken. Kiupel meint, bei aktuell eingesetzten Installationen fiele auf, dass diese nicht selten ein sehr konservatives Design aufwiesen, wie vier bis sechs Feldgeräte pro Strang, eine Regelungen pro Strang, seltener Einsatz von Control in the field oder zu restriktive Regeln, zum Beispiel die Stichlängenleitung von 30 m. All diese Annahmen machten eine Feldbusinstallation tendenziell teurer, obwohl das Machbare noch längst nicht ausgereizt sei, so Kiupel. Auch in den Diskussionsrunden stellte sich heraus, dass Anwender häufig konventionell planen und damit das Potenzial der Feldbustechnik nicht ausgeschöpft wird. Insgesamt erfordert der Aufbau eines Feldbussystems eine exaktere Planung in einer früheren Projektphase. Anders als bisher, stehen in der Planung häufig nicht die Verkabelung, sondern die Feldsensorik am Anfang, so ein Ergebnis der Diskussionsrunden.
Experten im Feld gefragt
Fortschritt in der Technik erfordert auch Fortschritt in der Qualifizierung des Personals. Um Feldbustechnik erfolgreich in Betrieb zu nehmen und langfristig Instand zu halten müssen Betreiber ihr Personal weiterbilden. Zwar sind sich Feldbus-Anwender darin einig, dass das System sehr stabil läuft und nahezu keine Probleme während des Betriebs auftreten. Doch wenn eine Wartung oder Reparatur ansteht, ist Fachpersonal nötig. Auch das ist ein Kostenfaktor, den es zu berücksichtigen gilt. In diesem Zusammenhang äußerten einige Anwender auch, dass Simulationstools zum Trainieren von Fehlern hilfreich sein könnten. Besonders bei der Inbetriebnahme empfehlen sich vorhergehende Tests, entweder mit eigenen Systemen oder als Serviceleistung von Prüflaboren. Dabei sollten die Feldgeräte sowie der gesamte Physical Layer getestet und jedes Segment separat validiert werden. Einige Anwender forderten, Richtlinien für eine erfolgreiche und reibungslose Inbetriebnahme zu verfassen. Im Betrieb sollte die Diagnoseinformation des Physical Layers im Gesamtsystem verfügbar sein.
Ein offenes Problem, ist die langfristige Geräteintegration, die sich in Feldbussystemen schwieriger als in konventionell verdrahteten Anlagen gestaltet. Allerdings betrifft dies auch andere Techniken, wie Ethernet oder Wireless Hart. In den Diskussionen forderten Teilnehmer auch, dass die Ersatzteilversorgung sowie die Abwärtskompatibilität für Feldgeräte und Leitsystem dauerhaft sichergestellt werden müsse.
Umgang mit Diagnosefunktionen
Den Zustand von Geräten und Feld überwachen zu können ist eines der Argumente, worin der Feldbus technischen Vorsprung gegenüber der konventionellen Verkabelung hat. In den Diskussionsrunden wurde jedoch deutlich, wie wenig dieser Vorsprung genutzt wird und damit wirtschaftlich von Vorteil ist. Häufig ignorieren Anwender vorhandene Diagnoseinformationen und stufen sogar Geräte, die sich zu oft melden, als empfindlich ein. Nicht selten beeinflusst die Zustandsinformation über ein Feldgerät den geplanten Instandhaltungstermin nicht und ein möglicher Crash wird in Kauf genommen. Dazu beitragen könnte auch, dass mittlerweile sehr viele Daten zur Verfügung stehen und es für die Handelnden vor Ort schwierig ist zu entscheiden, welche Information nun tatsächlich relevant ist. Anwender erwarteten von Feldgeräte- und Leitsystemherstellern sinnvolle Eskalationsszenarien für die Vielzahl der möglichen Diagnosemeldungen. Zudem wurde der Wunsch geäußert, Parameter einzeln klassifizieren und die Informationen besser grafisch darstellen zu können. Auch die Forderung nach einem einheitlichen Standard bei der Diagnostik wurde laut.
Feldbusinstallationen in der Praxis
Insgesamt war auf der Konferenz festzustellen, dass die Feldbustechnik zwar grundsätzlich doch nicht im Detail bekannt ist. Häufig wird von veralteten Kenntnissen ausgegangen und das Potenzial der Technik falsch beurteilt. Dies betrifft vor allem bestehende Anlagen, in denen selten ein konventionelles System gegen eine Feldbusverkabelung ausgetauscht wird. Eingesetzt wird das Feldbussystem in neuen Anlagen, wobei der technische Vorsprung das Hauptargument ist. Eine mit Feldbustechnik ausgestattete Anlage wird langfristig im Wettbewerb vorne liegen können.
Um den Kenntnisstand bei Betreibern zu verbessern, wünschten sich viele Teilnehmer Fallstudien und erfolgreiche Applikationsbeispiele, in denen der wirtschaftliche Nutzen klar dargestellt wird. Auch mehr Literatur in deutscher Sprache wäre nach Meinung mancher Diskussionsteilnehmer hilfreich.
„Hinter der Foundation Technologie steckt mehr als der Ersatz der 4…20mA-Kabel. Es ist eine Philosophie, die die gesamte Anlage durchziehen soll “
André Fritsch ist Senior Product Manager Fieldbus & Remote I/O bei R. STAHL
Das Potenzial der Feldbustechnik wird noch nicht voll genutzt
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