Februar 2010

CT: Bislang werden Pumpen noch selten als Bestandteil der Automatisierungsstruktur gesehen. Wie kommt das?

Hellmann: Das liegt vor allem am Blickwinkel der Automatisierer: Im klassischen Verständnis werden Anlagen mit Armaturen geregelt. Die Armatur ist längst als Feldgerät akzeptiert, die Pumpe liegt außerhalb dieses Blickfelds. Der von einem Anwender benutzte Begriff einer Pumpe als „Druckerhöhungsrohr“ bringt dies deutlich zum Ausdruck. Aber die Pumpe ist ein Aktuator, mit dem man genauso regeln kann wie mit einer Armatur. Um dieses Verständnis zu ändern, müssen die bei der Anlagenplanung beteiligten Fachbereiche wie Verfahrenstechnik, Mechanik und MSR zusammengebracht werden. Inzwischen ist der Kosten- und Leidensdruck groß genug, dass dies passiert.


CT: Welche Perspektiven und Potenziale hat die Pumpentechnik im Hinblick auf die Einbindung des „Rotating Equipment“ in die „Informationstechnik“ einer Prozessanlage?

Hellmann: Das Potenzial ist groß. Von einem Leittechniker kam beispielsweise die Frage: „Kann ich von der Pumpe erfahren, wann und wie viel in meiner Anlage produziert wird?“ Beim Betrieb von Pumpen und Armaturen geht es aber letztlich um zwei Hauptthemen: die Energiekosten und die Kosten der Verfügbarkeit, das heißt um den bestimmungsgemäßen Betrieb von Pumpen. Dazu kommen weitere Kostenaspekte: die Instandhaltung und die Produktionssicherung sowie mögliche Ausfallkosten. Wir haben dies längst erkannt, und auch die Leitsystemlieferanten sehen, dass sie durch das Asset Management Mehrwert generieren können. In der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik, GMA, wurde deshalb im Januar 2005 das Projekt für die nun erschienene Richtlinie 2651 „Plant Asset Management“ gestartet.

Ein weiterer Aspekt ist die gemeinsame Verantwortung für unsere Ressourcen. Eine einfache Betrachtung verdeutlicht das Potenzial, das in der effizienten und rationellen Energieumwandlung mit Hilfe von Pumpen liegt: Von der eingesetzten Primärenergie z.B. Kohle werden lediglich rund 30% zu wirklicher Nutzenergie. 70% verschwinden in der gesamten Kette der Energieumwandlung hin zur Druckerhöhung.

CT: Auch das Thema Asset Management wird seit vielen Jahren diskutiert, bislang aber noch wenig praktiziert. Woran hapert es?

Hellmann: Im Anlagenbau geht es noch in vielen Fällen nur um die Investitionskosten und nicht um die späteren Betriebskosten. Das ist aus meiner Sicht eines der größten Hindernisse. Aber der Leidensdruck steigt. Mehr und mehr wollen Betreiber, dass Anlagenbauer in ihren Angeboten Angaben zu den späteren Betriebskosten machen. Und der nächste Schritt wäre, dass man sich diese auch garantieren lässt.

CT: Was bedeutet es für Sie als Hersteller, wenn die Pumpe zum „Feldgerät“ wird?

Hellmann: Die Automatisierung bekommt für uns eine ganz neue Bedeutung. In unserer neuen Strategie haben wir unsere Organisation nach produktorientierten Konzernbereichen aufgestellt. Eine davon heißt „Automatisierung und Antriebstechnik“. Und wir glauben, dass diese so groß werden wird, wie die Konzernbereiche „Einstufige Pumpen“ oder „Armaturen“.

CT: Thema Energieeinsparung bei Pumpen: Welches sind die größten Stellschrauben bei Prozesspumpen in der Chemie?

Hellmann: Beim Thema Energie treibt uns zum Glück die EU mit der EUP – Energy using Products – einer Richtlinie, die Gesetzeskraft erlangt. Zunächst ist dies ein Produktansatz: Der Wirkungsgrad der Pumpe darf einen bestimmten Wert nicht unterschreiten. Aber mit ausschließlich dieser Betrachtung springt man viel zu kurz. Denn in der gesamten Energiebilanz bringt der Wirkungsgrad relativ wenig. Der erweiterte Produktansatz dieser Richtlinie lautet: Die Drehzahlregelung ist ein Teil einer sehr wirksamen Maßnahme. Und noch weiter geht der Systemansatz, der zu wirklich intelligenten Systemen führen wird.

CT: Wie stellen Sie sich ein solches intelligentes Pumpsystem vor?

Hellmann: Der Systemansatz kann nur heißen „intelligentes Drosseln“ kombiniert mit „intelligenter Drehzahlregelung“. Deutlich wird dies beispielsweise, wenn man unseren Lebenszykluskosten-Rechner einsetzt (siehe Bericht in CT 5/2003, www.chemietechnik.de): Unabhängig vom Pumpenhersteller kann man abhängig von der Anlage ausrechnen, wie sich unterschiedliche Varianten und Maßnahmen auf die Lebenszykluskosten einer Pumpe auswirken. Man erfährt, wann es sich lohnt nur zu drosseln und wann es sinnvoll ist, nur die Drehzahl zu regeln. Die Grenzen bestimmen die statische und die dynamische Anlagenkennlinie. Davon ausgehend betrachten viele Anwender „Drosseln“ und „Drehzahlregelung“ als konkurrierend. Die Wahrheit ist nicht so einfach und liegt dazwischen.

CT: Und das Produkt dazu?

Hellmann: Wir haben z.B. mit der Flow-Unit ein Modul entwickelt, das in unserem Demonstrationsmodul aus zwei parallel geschalteten Pumpen, Drehzahlregelung, Drosselarmaturen, intelligenter Redundanz sowie Messtechnik besteht. Diese Unit-Lösung wurde von der Chemie mit Beifall aufgenommen.K

„Durch das intelligente Zusammenwirken von
vernetzten Pumpen und Armaturen entsteht Mehrwert“
Prof. Dr.-Ing. Dieter Hellmann ist im Vorstand bei KSB unter anderem für den Bereich Technologie zuständig

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