
(Bild: KONSTANTIN SHISHKIN – stock.adobe.com)
- Verweilzeit nach Austrag aus dem Extruder ist ein entscheidender Qualitätsfaktor für Polymere und Granulate.
- Kombination aus Siebwechsler und Anfahrventil spart Platz und Betriebskosten.
- Feinere Filter steigern die Qualität von recyceltem Kunststoff.
Copolymere wie Ethylen-Vinylacetat (EVA), Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) oder Styrol-Acrylnitril (SAN) erobern aufgrund ihrer positiven Eigenschaften zunehmend die weltweiten Märkte. Der jährliche Zuwachs wird mit 8 % prognostiziert. Darum sind für zukünftige Investitionen smarte und effiziente Produktionsmöglichkeiten nötig, beginnend beim Extruder, gefolgt von Pumpe, Anfahrventil, Qualitätsfilter und anschließender Granulierung.
Die Durchsätze für diese Produktionsanlagen erreichen bis zu 45 t/h – Anlagenlängen einschließlich des Doppelkolben-Siebwechslers Typ CSC-R und der Verbindungsadapter von mehreren Metern sind derzeit Stand der Technik. Die daraus resultierende Verweilzeit nach Austrag aus dem Extruder ist somit ein entscheidender Qualitätsfaktor für die Polymere und Granulate am Ende des Produktionsprozesses. Der Hersteller Maag wollte die Vorteile des Doppelkolben-Siebwechslers Typ R gerade beim Anfahren, Wiederanfahren und Produktwechsel durch smarte, kurze schmelzeführende Bauteile beschleunigen. Die Baureihe hat eine bis zu vierfache Filterfläche, woraus eine deutlich längere Filterstandzeit ohne Eingriff in den Produktionsprozess resultiert.

Kostenvorteil beginnt bei der Anschaffung
Traditionell wird in diese Art Produktionsanlagen vor dem Siebwechsler, ein großes Qualitätsventil mit Ausschleusefunktion, gesetzt. Dieses sorgt dafür, dass bei Wiederanfahren des Extruders und neu aufgelegten Filtersieben letztere nicht verschmutzen und somit die maximale Siebstandzeit realisiert werden kann. In der Realität wird das gesamte Schmelzevolumen des Extruders samt Schmelzeleitung und vorgelagerter Anlagenteile über das Anfahrventil ausgeschleust. Nach dem Umschalten in den Produktionsprozess wirken sowohl Anfahrventil als auch Verbindungsadapter negativ auf das Polymer, da durch diese – notwendigerweise beheizten Bauteile – die Verweilzeit im schmelzeführenden Bereich steigt. Die Ingenieure des Herstellers stellten sich der Aufgabe, eine Bogen-Siebwechslerfamilie mit integrierter Anfahrfunktion bei minimaler Baugröße zu realisieren. Indem sie einen Siebwechsler und ein Anfahrventil kombinierten, konnten sie mehrere positive Aspekte für die Anwender, den Produktionsprozess und die Umwelteinflüsse realisieren.
Für den Kunden entsteht durch die deutliche kürzere Produktionsanlage und den Fakt, dass sowohl Adapter, Anfahrventil und separate Hydraulic Power Unit (HPU) wegfallen, schon während der Anschaffung ein signifikanter Kostenvorteil. Dieser verstärkt sich mit jedem Tag Produktion, da weniger Aufstellplatz und Heizenergie nötig sind sowie weniger Abfall während des Anfahrens entsteht. Durch die kürzere Anlage verringert sich die einzubringende Heizleistung ins Gesamtsystem sowie die Verweilzeit von Extruder zum Filter und somit die thermische Belastung des Polymers während der Herstellung. Anwender können auf diese Weise ihre CO2-Emission vom Beschaffen der Anlage bis in jedes Kilogramm Polymer, welches sie produzieren, verringern.
Den Entwicklern gelang es, durch den Aufbau der Siebbolzen im Bogen-Siebwechsler, eine Abfolge von Axial- und Radialbewegungen zu erzeugen und integrierte Anfahrkanäle zum Ausschleusen anzufahren. Hierbei ist es nicht notwendig, veränderte Maschinengehäuse, längere Siebbolzen oder zusätzliche Beheizungen zu installieren. Zudem profitieren Anwender davon, dass lediglich an einer Position in der Anlage, nämlich an der Front des Siebwechslers, Polymer und Anfahrmaterial austreten – das Abfallhandling ist also über einen zentralen Punkt realisiert. Dieser Austrittpunkt ist durch die überwachte Schutzhaube des Siebwechslers für den Operator gut gesichert, aber trotzdem gut zugänglich und zu reinigen, wenn die Schutzhaube geöffnet ist.
Neue Features als Nachrüst-Set erhältlich
Die Basis des Filters ist die seit vielen Jahren bewährte Bogensieb-Technologie, welche die Vorteile des zentralen, rheologischen Verdrängerkörpers in der Mitte des Siebbolzens nutzt. Somit kann die Maschine während der normalen Produktion wie alle anderen Siebwechsler des Herstellers verwendet werden. Wird die Gesamtanlage aber an- oder abgefahren, ist es möglich, den unteren Siebbolzen automatisch oder manuell per Schrittfolge in die Ausschleusestellung zu bringen – ein nachfolgendes Blockieren des oberen Schmelzekanals bringt sämtliche Schmelze über die Zentralbohrung gezielt aus der Anlage.
Durch diese in der Standardvariante untergebrachten Features, bietet es sich auch an, Anwendern eine Anlagen- und Prozessoptimierung als Nachrüst-Set in Aussicht zu stellen. Denn es müssen einzig ein Siebbolzen und die Betätigungseinheit nachgerüstet sowie eine modifizierte Software installiert werden, um eine reduzierte Anlagenlänge inklusive der zusätzlichen Ausschleusefunktion zu implementieren.
Die Siebwechsler sind sowohl elektrisch bis zur Baugröße 270 als auch mit Wärmeträgermedium oder Sattdampf homogen und zügig beheizbar. Eine SPS Simatic S7 überwacht sämtliche Temperatur-, Druck- und Verfahrensdaten und zeigt die Werte am Vorortpanel TP 1500. Der Bediener kann damit jederzeit die exakte Position der Siebbolzen, das An- oder Abfahren sowie einen Siebwechsel automatisiert ansteuern. Es stehen verschiedene Siebwechsel- und Entlüftungsszenarien je nach Polymer oder Viskosität zur Verfügung, die bei Auslieferung bereits voreingestellt sind. Ein verbesserter auf den Granulierprozess abgestimmter Siebwechsel mit definiertem Entlüften, ermöglicht eine hohe Anlagenverfügbarkeit.

Chemisches Recycling erfordert feine Filter
Auch bei den Filtermedien der bewährten Bogensiebe, welche hier zum Einsatz kommen, ist die Anforderung an höhere Feinheit, spezielle Filtermethodik und hohe Standzeit entwicklungstechnisch der entscheidende Punkt. Die derzeitigen fünflagigen Bogensiebe aus Support-, Filter- und Schutzlagen haben sich in der Praxis und Handhabung mit den Spannhaken bewährt und wurden durch spezielle Filterlagen ergänzt. Wo die Filterfeinheit bei den Standard-Quadratmaschen bei 20 µm (635 mesh) endet und diese Feinheit für viele Anwendungen mehr als ausreichend ist, wird für spezielle Produkte in optischem Bereich, Faserherstellung oder chemischem Recycling eine Feinheit bis 5 µm angestrebt.
Der Hersteller hat durch verschiedene Kombinationen von Metallfaservlies sowie spezielle Webarten wie Standardtressen oder Hiflowtressen einen dreidimensionalen Durchfluss durch das Sieb erreicht, wodurch noch feinere Partikel zurückgehalten werden. Gerade im chemischen Recycling ist oftmals beim Prozessschritt der Filtration eine deutlich feinere Filterfeinheit als während der Virginproduktion nach dem Reaktor oder Extruder erforderlich. Ziel dabei ist, Verunreinigungen aus der Schmelze zu entfernen, die bei der Virginproduktion noch tolerabel sind. Diese Verunreinigungen bestehen aus Blackspots, Additiven und auch weichen Softpartikeln, welche sich durch eine Quadratmasche durchscheren würden. Bei einem weiteren Ansatz hat der Hersteller auf der innersten Stützlage als Träger eine plissierte Filtermatte aufgeschweißt, um in der bestehenden vierfachen Filterfläche der Bogensieb-Platte noch einmal die Filterfläche des Siebes zu verdreifachen. Durch diese Maßnahme sinkt die Flächenbelastung über Durchsatz und Zeit (Fluxrate), und mit diesem Aufbau ist es möglich, auch Gele und Softpartikel aus der Schmelze zu filtrieren.
Einen weiteren Vorteil bringt es, bei gleicher Maschinengröße die Standzeit des Siebes um den Faktor 2,5 zu erhöhen und die Anlagenverfügbarkeit ohne Operatoreingriff weiter nach oben zu bringen. Die plissierten Bogensiebe als auch die „Sondergewebe“ sind für alle Baugrößen der R-Baureihe des Herstellers beziehbar und auslegbar – Anwender sollten lediglich die Prozessdaten zur Verfügung stellen, um die zu erwartenden Druckverluste im Voraus zu kalkulieren. Das Supportteam von Aftersales und die Prozessingenieure des Herstellers unterstützen dabei. All diese Maßnahmen dienen dazu, hochwertige Kunststoffe entweder als Neu- oder Recyclingware mit einem möglichst geringen CO2-Abdruck herzustellen.