- Probleme bei der Feuchtemessung entstehen oft dann, wenn aus Unwissenheit oder Sparsamkeit das falsche Verfahren gewählt wurde.
- Die größte Bedeutung haben das kapazitive Messprinzip, die Mikrowellenmessung, die NIR-Diodenarray-Technologie sowie das TDR-Messprinzip.
- Anwender sollten sich über Vor- und Nachteile der einzelnen Verfahren im Klaren sein.
- Die wichtigsten Trends sind: Erhöhung der Langzeitstabilität, 100-%-Verfügbarkeit, kompaktere Geräte, applikationsorientierter Lösungsansatz sowie einfachere Bedienbarkeit.
Das in der Praxis am häufigsten eingesetzte Verfahren zur Feuchtemessung ist das dielektrische Messprinzip. Hierbei wird die Dielektrizitätskonstante (DK) eines Materials über ein elektromagnetisches Hochfrequenzfeld gemessen, das das zu vermessende Material durchdringt. Dieses elektromagnetische Feld dringt in das Material etwa 5 bis 20?cm tief ein. Die DK von Wasser hat bei 20?°C einen Wert von 80, Feststoffe weisen Werte von 3 bis 30 auf. Bei diesem starken dielektrischen Kontrast kann die DK folglich als Maß für den Wassergehalt bzw. die Materialfeuchte herangezogen werden.
Licht und Schatten
Bei Mikrowellen-Messverfahren werden die Unterschiede zwischen ausgesandten und empfangenen Wellen gemessen, die durch Frequenzverschiebung verursacht werden. Dabei unterscheidet man zwischen Transmissions- und Reflexionsverfahren. Mikrowellen-Messverfahren sind besonders unter rauen Industriebedingungen als sehr zuverlässig bekannt. Die zerstörungsfreie Messung erfolgt in Echtzeit; das Messverfahren wird vor allem bei Trocknungsprozessen eingesetzt, bei denen ein exakter und sofort verfügbarer Feuchtegehalt des Produktes unerlässlich ist. Weitere Kennzeichen sind hohe Empfindlichkeit und geringe Einschwingzeit. Doch es gibt auch Nachteile: Die Messgenauigkeit ist abhängig von verschiedenen Störgrößen, wie beispielsweise Dicke, Dichte und Körnung des zu untersuchenden Materials. Frequenzkonstanz und stabile Sendeleistungen lassen sich nur mit hochwertigen Messgeräten gewährleisten. Hinzu kommt, dass nur ein über das Untersuchungsmaterial gemittelter Feuchtegehalt bestimmt wird; dieser Wert enthält keine Aussagen über die Feuchteverteilung im Material. Das spezifische Mikrowellen-Resonanzverfahren bestimmt neben der Frequenzverschiebung auch die Dämpfung und kann daher dichteunabhängig und temperaturkompensiert die Feuchte in Probenströmen genau registrieren
Das TDR-Prinzip (Time Domain Reflectometry), auch Kabelradar genannt, hat als präzises Messverfahren für anspruchsvolle Anwendungen in den letzten Jahren mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Mit ihm kann der Feuchtemessbereich von 0 bis 100?% abgedeckt werden. „Das TDR-Verfahren kann auch bei schwierig zu vermessenden Materialien mit sehr hohen Leitfähigkeiten bis 50?dS/m, wie etwa Frischbeton oder Keramiksuspension, eingesetzt werden“, weiß Karsten Köhler, verantwortlich für Sales & Marketing bei Imko Mikromodultechnik.
Infrarot-Messverfahren erfreuen sich in Deutschland – ganz im Gegensatz zu den USA – keiner allzugroßen Beliebtheit, auch wenn sie Vorteile vorweisen können: Sie müssen keine Produktberührung haben und arbeiten dichteunabhängig. Ihr großer Nachteil: die Farbe des zu vermessenden Produkts. „IR-Verfahren können relativ schlecht sehr helles oder sehr dunkles Material messen. Man versucht, das mit bestimmten Filtern zu korrigieren, aber das funktioniert nicht zuverlässig Und noch etwas: IR-Verfahren messen nur die Oberflächenfeuchte; folglich kommen sie für Produkte, bei denen sich die Feuchte im Innern stark verändert, nicht in Frage.
NIR Verfahren auf Basis der Diodenarray-Technologie ermöglichen im Gegensatz zu herkömmlichen Filterradsystemen, die simultane Aufnahme komplexer spektraler Informationen. Durch intelligente Kalibrationsverfahren können Farbeinflüsse und Produktschwankungen kompensiert werden.
Hierzulande kaum eine Bedeutung haben radiometrische Messverfahren, bei denen ein Gammastrahl durch das Produkt hindurch gesendet wird. Im Produktinnern erfolgt – abhängig vom Feuchtegehalt – eine Dämpfung dieses Gammastrahls. Radiometrische Verfahren verfügen über hohe Genauigkeit, sind sehr flexibel und relativ dichteunabhängig, auf der anderen Seite aber auch sehr teuer. Und der Umgang mit radioaktiver Strahlung ist nicht jedermanns Sache.
„Unterm Strich lässt sich feststellen: Der kapazitive Polymersensor ist am weitesten verbreitet. Er ist geeignet für den kompletten Bereich von 1 bis 99?% Feuchte über einen weiten Temperaturbereich“, konstatiert Rolf Kolass, Geschäftsführer bei Michell Instruments. Es gibt ihn in zahlreichen Varianten und Bauformen für verschiedenste Anwendungen. Im Spurenfeuchtebereich werden meist Metalloxid-Sensoren eingesetzt, deren Stärken in einer besseren Auflösung im trockenen Bereich von -?20 bis -?120?°C Taupunkt liegen. „Diese Sensoren werden zum Beispiel in Trocknungsprozessen und zur Kontrolle von Industriegasen eingesetzt.“
Wahl will durchdacht sein
Doch keine Entscheidung für eine bestimmte Messmethode, ohne das konkrete Produkt zu berücksichtigen! „Messmethoden und Verfahren entfalten erst im Applikationskontext ihre Vorteile, so dass diese Frage allgemein nicht zu beantworten ist“, erklärt Dr. Burkhard Joksch, Director PAT Solutions bei Sartorius. Welches Verfahren das beste ist, hängt unter anderem auch vom Fließverhalten des Produkts ab. Probleme tauchen oft dann auf, wenn aus Kostengründen oder aus Unwissenheit Verfahren ausgewählt werden, die für den vorliegenden Einsatzfall nicht oder nur wenig geeignet sind. Häufig erfolgt eine Auswahl von Geräten, die zwar günstig in der Anschaffung sind, jedoch später einen hohen Wartungsbedarf haben. Dies gilt zum Beispiel für kapazitive Sensoren, die bei Anwendungen mit sehr niedrigen Taupunkten austrocknen können und bei einem Feuchteanstieg dann nicht mehr korrekt ansprechen. Klarheit in den Sensordschungel bringt dann eine Testmessung, wie sie beispielsweise von Mütec angeboten wird. Holger Neumann: „Hierbei wird eine Probe im Technikum analysiert; nach diesen Ergebnissen richtet sich die Auswahl des Geräts.“ Sartorius unterstützt seine Kunden durch ein weltweites Applikationsnetzwerk, wo Proben vermessen und eine anwendungsspezifische Anpassungen der Geräte vorgenommen werden. Michell Instruments hat sich auf kein bestimmtes Verfahren festgelegt und bietet für unterschiedliche Anwendungen jeweils das am besten geeignete Sensor-Prinzip.
Die Geräte von Mütec Instruments messen nicht nach einem bestimmten Verfahren, sondern bedienen sich einer Kombination derer. Das hat laut Holger Neumann einen großen Vorteil: „Damit kann man sowohl sehr geringe als auch sehr hohe Feuchtigkeitsgehalte messen. Ein wichtiger Punkt in der Feuchtemessung ist neben der Dichte auch die Temperatur. Daher ist in die Geräte auch eine Temperaturkompensation integriert.“
Für eine erfolgreiche Lösung zur Prozessoptimierung setzt Sartorius auf ein breites Technologie- und Dienstleistungsportfolio: „Neben der Auswahl einer geeigneten Sensortechnologie ist für die Kunden insbesondere die applikationspezifische Projektierung und Kalibrierung entscheidend.“
Neben Messgeräten nach dem kapazitiven Verfahren sowie Typen mit Phosphor-Pentoxid-Messzelle hat Bernt Messtechnik auch das Lasergas-Spektrometer zur Analyse des Feuchtegehalts im Programm. Hierzu Peter Berg, Geschäftsführer bei Bernt: „Noch wichtiger als die hohe Genauigkeit ist für viele Anwendungen die hohe Selektivität – daher geringe oder keine Querempfindlichkeiten auf Hintergrundgase – sowie der absolute Nullpunkt der Laser-Spektroskopie.“ Die Laser-Spektroskopie eignet sich vor allem für schwierige Anwendungen, bei denen eine Analyse direkt im Prozessgas, daher ohne eine Gasentnahme, erfolgen soll. Hierzu zählt die Feuchtebestimmung von korrosiven Gasen, partikelbeladenen Gasen und ganz allgemein Anwendungen mit hohem Gefahrenpotenzial.
Die Qualität der Messung der Feuchte ist in der Praxis von verschiedensten Einflüssen abhängig. Offensichtliche Einflüsse kommen aus verschiedenen Drücken, Temperaturen und möglichen Verschmutzungen am Messort. Weniger offensichtlich sind die Einflüsse aus verwendeten Materialien, Messgasaufbereitung und bei der Bedienung der Messgeräte. „Im Messalltag werden häufig Fehlergrenzen und Messunsicherheiten durch solche Einflüsse unterschätzt“, bedauert Rolf Kolass.
Probleme bei der Messung
Doch manche Produkte sind regelrecht tückisch: Insbesondere pulverförmige Chemikalien können mehr oder weniger gut fließen, sind trocken oder feucht, klebrig oder nicht klebrig. Anbackungen sind dann die unangenehme Folge. Es bildet sich eine Schicht auf dem Sensor, die die Messung praktisch unbrauchbar macht. Viele Hersteller sind der Ansicht, gegen Anbackungen sei man machtlos, ist Karsten Köhler anderer Meinung. Abhilfe schaffe ein konsequenter Aufbau des Sensorkopfes in PTFE ohne jegliche metallischen Teile. Voraussetzung für den Einsatz des relativ weichen Werkstoffs PTFE ist allerdings eine Auto-Kalibrierung des Sensorkopfes.
Viele Sonden zur Materialfeuchtemessung verwenden eine dielektrische Abdeckung in Form einer Kunststoff- oder Keramikplatte. Wenn sich diese Abdeckung abnutzt und eine zyklische Nachkalibrierung ausbleibt, liefern diese Sonden verfälschte Messwerte, da die Intensität des Messfeldes zunimmt. Schon Abrasionen von 0,5?mm können je nach Anwendung zu Messwertabweichungen von 5?% absolut führen. Bei der Sono-Serie mit dem Trime TDR-Radarverfahren sorgt die Sondenkonstruktion für eine Auto-Kalibrierung des Sensors, wenn sich die dielektrische Abdeckung durch Abrasion verändert. Dies erhöht die Zuverlässigkeit und ermöglicht längere Wartungszyklen bei den Sonden.
Im Monitoring-Einsatz müssen Feuchtesonden den Wassergehalt beispielsweise in ausgehärtetem Beton bzw. in Betonbauwerken über sehr lange Zeiträume, d.h. zehn bis zwanzig Jahre erfassen – und dies mit einer Genauigkeitsanforderung von ±?0,1?%, ohne dass der Sensor dabei Alterungserscheinungen zeigt. In diesem Einsatz muss gewährleistet sein, dass keinerlei metallische Sensorflächen Kontakt mit dem zu vermessenden Medium haben. Hervorgerufen durch Salze und Mineralien im Beton bilden sich im Langzeiteinsatz über mehrere Jahre selbst bei sehr kleinen Wechselspannungs-Messsignalen im Spannungsbereich von ±?1?V chemische und galvanische Oberflächen-Effekte an metallischen Sensorflächen. Diese Oberflächeneffekte verfälschen das Messsignal erheblich wenn die Kontaktflächen der Sensoren metallisch sind. Die Sonden der PIico-Serie der Trime-Technologie sind deshalb komplett galvanisch isoliert aufgebaut und erfüllen diese Anforderung.
Dispersive Materialien zeigen eine starke Abhängigkeit der Messgröße von der Frequenz des Messsignals und beeinflussen den Wellenwiderstand (Impedanz) einer Messanordnung. Materialien wie zum Beispiel Keramiksuspensionen weisen eine hohe Dispersion auf, d.h. die Impedanz der Sensoranordnung wird davon in erheblichem Maße beeinflusst. „Zur Materialfeuchtemessung in diesen Medien werden erhöhte Anforderungen an die Sensorelektronik gestellt“, erklärt Karsten Köhler.
Für die Laserspektroskopie sind höhere Prozessgasdrücke problematisch. Diese führen zu einer Verbreiterung der Absorptionsbanden, die dann mit einem Diodenlaser nicht mehr abscannbar sind. In enger Zusammenarbeit mit den Herstellern der Diodenlaser wurden Laser mit einem erweiterten Scanbereich entwickelt, die heute schon eine Feuchte?analyse bei Gasdrücken von 3?bar ermöglicht. Darüber hinaus werden Systeme mit Quantenkaskadenlasern untersucht, die Licht im Bereich von 5 bis 11?µm emittieren. Diese ermöglichen die Messung der Grundschwingungen im mittleren IR-Bereich, deren Amplitudehöhe ein Vielfaches der momentan genutzten Oberschwingungen besitzt. Hiermit wird die Möglichkeit von Messungen mit sehr kleinen Konzentrationen in Aussicht gestellt. „Probleme der Prozessankopplung, wie Anbackungen oder Taupunktunterschreitung durch Spülgase etc. sind durch die Vielzahl von Applikationen mit den hierdurch erlangten Erfahrungen weitestgehend gelöst“, so Peter Berg.
Neues aus der Entwicklung
Wichtige Aspekte, die im Fokus bei der Entwicklung von Feuchtemessgeräten stehen, sind kompaktere und benutzerfreundliche Messgeräte. Viele Geräte nutzen bereits Software für Sonderfunktionen, Fehlerdiagnose und zur Datenspeicherung. Im Vordergrund steht auch eine 100-%-Verfügbarkeit, die nur mit durchdachten Produktkonzepten erreicht werden kann. Michell Instruments setzt neben einfachen Bedienkonzepten auf die für den Anwender problemlose – und präventive – Wartung durch modularen Austausch ohne Verzögerungen und unter Erhalt der vollen Rückführbarkeit der Kalibrierung. Nach Ansicht von Dr. Burkhard Joksch wird die Online-Messung von Prozessgrößen deutlich zunehmen. Dabei liegt der Fokus auf dem schnellen Prozesseingriff. „Ziel ist es, Prozessschwankungen oder Variationen in den Eingangsstoffen und Zwischenprodukten schnell zu regeln und die Produktqualität und die Prozesskosten zu optimieren“, so der Fachmann. Bei der Wareneingangskotrolle werden schnelle Messverfahren benötigt, die den Feuchte- bzw. Wassergehalt in kürzester Zeit bestimmen, um Wartezeit für die folgende Verarbeitung zu minimieren. Gleiches gilt für verschiedenste Prozessschritte, in denen die Geschwindigkeit der Analytik zur Qualitätssicherung das limitierende Element darstellt.
Karsten Köhler sieht auch einen Trend zur kontinuierlichen Erhöhung von Zuverlässigkeit und Präzision, indem sensorintern bereits Plausibilitätsprüfungen hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Feuchtemessung gemacht werden. Ziel im Hause Imko ist es auch, eine Sensortechnologie zu entwickeln, die zusätzliche Parameter vom Materialfeuchtesensor liefert, um damit eine Gemischzusammensetzung des vermessenen Materials zu bestimmen – mit dem Ziel einer verbesserten Qualitätskontrolle.
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