- Die für die Druckmessung in der Prozessindustrie verfügbaren Sensoren haben Vor- und Nachteile. Metallsensoren beherrschen auch schnelle Temperaturwechsel, allerdings sind die geringe Vakuumbeständigkeit, die Nullpunktstabilität sowie der Temperatureinfluss als Nachteile zu nennen.
- Keramische Sensoren gewinnen aufgrund der Beständigkeit des Materials immer mehr Bedeutung. Sie sind weniger gut für schnelle Temperaturwechsel geeignet, haben aber eine hohe Vakuumbeständigkeit und sind überaus langzeitstabil.
Ein effizientes und wirtschaftliches Regeln von Prozessen ist nur dann möglich, wenn die eingesetzten Messsysteme sowohl zuverlässige als auch präzise Werte liefern. Speziell die genaue Druckmessung unter rauen Prozessbedingungen stellt hohe Anforderungen: korrosionsbeständiges und abrasionsfestes Material, Vakuumtauglichkeit des Sensors, sicher gegen Wasserstoffdiffusion und eine hohe Überlastfestigkeit. Hinzu kommt der Wunsch nach einer Langzeitstabilität. Der Markt bietet dem Betreiber ein breites Portfolio von Absolut-, Relativ- und Differenzdruck-Messzellen. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen in der Messmethode und im Werkstoff der eingesetzten Membran, also Metall oder Keramik.
Keramik-Absolutdrucksensoren bestehen aus zwei zylindrischen Keramikteilen (Membran und Grundkörper). Diese werden mechanisch hochfest und hermetisch dicht miteinander verbunden. Damit bleibt das im Lötprozess erzeugte Vakuum von typisch 3,0 x 10–6 mbar zwischen Membrane und Grundkörper dauerhaft bestehen. Darüber hinaus sind es sogenannte trockene Messzellen, das heißt, sie arbeiten ohne ein Übertragungsmedium wie Druckmittleröle. Der Druck wirkt also direkt auf die Membran. Dadurch wird ein stabiler Nullpunkt erreicht – auch in Hochvakuum-Anwendungen.
Nullpunktstabilität: Keramik kontra Metall
Metall-Messzellen hingegen arbeiten mit einem Füllöl. Dabei ist zu beachten, dass beispielsweise bei einem Membranbruch die Endprodukte durch auslaufendes Öl unbemerkt verunreinigt werden können. Auch besteht die Gefahr, dass kleine Metallteilchen mit „verarbeitet“ werden, da diese aufgrund ihres geringen Durchmessers oftmals nicht von Metalldetektoren aufgespürt werden können. Darüber hinaus sind ölgefüllte Messsysteme nur bedingt vakuumtauglich. Denn unterhalb eines bestimmten Absolutdrucks, der von dem eingesetzten Füllöl abhängt, können sich kleinste Lufteinschlüsse zu Blasen entwickeln. Damit nimmt das Ölvolumen zu, die Membran wird nach außen gedrückt und der Nullpunkt verschiebt sich. Im weiteren Verlauf kann der Sensor sogar komplett zerstört werden. Aber auch ein Überdruck kann aufgrund plastischer Verformungen zu Linearitätsfehlern und einer Drift von Nullpunkt und Spanne führen.
Den Einfluss der Temperatur auf diese beiden Sensorvarianten muss man differenziert betrachten. Langzeitstabilität auf der einen, schnelle Temperaturzyklen auf der anderen Seite. Geht es allein um die Temperaturbeständigkeit, so ist die Langzeitstabilität keramischer Systeme aufgrund ihrer trockenen Messzelle deutlich höher. Der Grund dafür liegt im kleinen Ausdehnungskoeffizienten der Keramik und dem Fehlen des Füllöls. Die Temperatureinflüsse auf Nullpunkt und Spanne können hier vernachlässigt werden. Bei metallischen Systemen hingegen wird das Öl bei einer Temperaturänderung entweder komprimiert oder ausgedehnt. Das Messergebnis verändert sich, obwohl der Prozessdruck selbst gleich geblieben ist.
Metall-Sensor meistert schnelle Temperaturänderungen
Kommt es hingegen in Prozessen zu starken Temperaturänderungen innerhalb kurzer Zeiträume, muss die Priorität auf das Relaxationsverhalten des Sensors gelegt werden. Schnelle Zyklen sind zum Beispiel typisch für Batchprozesse. Unter Relaxation versteht man eine zeitabhängige, aber reversible Änderung der Körperform aufgrund der Änderung unter Belastung. Um dieses Verhalten zu untersuchen, werden Sensoren beispielsweise einer Temperaturänderung von 5° auf 80° C ausgesetzt und das Messsignal direkt danach ausgelesen. Hier zeigt sich, dass eine Metallmembran sehr schnell auf die Temperaturänderung reagiert. Das heißt, die Kurve zeigt kaum eine Abweichung und das Messsignal kehrt rasch wieder auf den ursprünglichen Wert zurück.
Betrachtet man hingegen das Verhalten eines keramischen Sensors, so zeigt dieser weiterhin eine starke Druckänderung an, obwohl der Prozessdruck schon wieder konstant ist. Außerdem benötigt das Signal deutlich länger, um auf den Ausgangswert zurückzukehren. Es ist also nicht für Prozesse geeignet, bei denen der Druck während oder kurz nach schnellen und großen Temperaturänderungen gemessen werden soll. Das gilt auch für hohe Drücke, denn keramische Sensorzellen sind meist auf einen Messbereich bis 40bar beschränkt. Auf der anderen Seite ist der keramische Sensor ideal in kontinuierlichen Prozessen mit langsamen Temperaturänderungen. Hier hat die Keramikzelle aufgrund ihrer besseren Vakuumtauglichkeit (ölfreies System) und der Langzeitstabilität Vorteile. Hinzu kommt ihre hohe Korrosionsbeständigkeit. Für eine präzise Druckmessung unter Prozessbedingungen sind aber noch weitere Parameter zu beachten: Die Zusammensetzung der Keramik selbst, die Abdichtung gegenüber dem zu messenden System sowie die Messmethode: kapazitiv oder piezoresistiv.
Langzeitstabiler kapazitiver Sensor
Keramik zählt zu den härtesten und beständigsten Werkstoffen der Welt und bietet somit hervorragende Materialeigenschaften für die Prozesstechnik. Ein keramischer Sensor besteht aus einer Membran und einem Grundkörper, auf dem zwei Elektroden aufgebracht sind. Die innere ist die druckempfindliche Messelektrode, die äußere die druckunempfindliche Referenzelektrode. Darüber befindet sich in einem genau definierten Abstand die gemeinsame Gegenelektrode, die auf der Innenseite der Messmembran aufgebracht ist. Damit stellt das Sensorelement elektrisch gesehen einen Plattenkondensator dar – die Änderung der Kapazität ist ein Maß für die Änderung des Drucks. Das System ist so konstruiert, dass sich die Membran bei einer hohen Druckbeaufschlagung an den Grundkörper anlegt, was zu einem guten Überlastverhalten führt. In einem Messbereich von 0 bis 10 bar sind diese Sensoren meist mit dem 40-fachen des Nenndrucks belastbar.
Um die Genauigkeit eines solchen Sensors zu überprüfen, wird beispielsweise eine 2-bar-Messzelle jede Sekunde über einen Zeitraum von 138 Tagen mit der dreifachen Überlast beaufschlagt. Dies entspricht 12 Mio. Druckstößen. Bei hochwertigen Keramiksensoren weicht das Ausgangssignal danach lediglich um 0,07% ab. Wenn man davon ausgeht, dass in einem Prozess pro Minute ein hoher Druckstoß auftritt, so würde das Ausgangssignal innerhalb von 22 Jahren um max. 0,07% abweichen. Damit bietet dieser Drucksensor eine außergewöhnliche Langzeitstabilität für Prozesse mit einer großen Anzahl von Druckstößen.
Dichtung: radial oder vorgelagert?
Metallische Sensoren kommen beim Prozessanschluss ohne zusätzliche Dichtung aus; bei einem keramischen Sensorsystem hingegen muss aufgrund der unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten eine zusätzlichen Abdichtung eingebaut werden. Hier bieten sich zwei Lösungen an – die radiale und die vorgelagerte Dichtung. Auf den ersten Blick suggeriert eine radiale Abdichtung einen Vorteil hinsichtlich der Reinigung. Untersuchungen belegen aber, dass dies nicht der Fall ist. Außerdem ist die Reproduzierbarkeit beim Einbau mit radial gedichteten Systemen nicht gegeben! Hinzu kommt, dass Reinigungsmedien bis zur Verbindungsstelle der beiden Keramikelemente gelangen können, was unter Umständen einen Drift der Messwerte verursachen und auf Dauer sogar zur Zerstörung der Keramikzelle führen kann.
Bei einer vorgelagerten Dichtung ist die Keramik um den Durchmesser des O-Rings vom Prozess zurückgesetzt. Aufgrund der entstehenden Kante bilden sich Wirbel, die zu einer sehr effektiven Reinigung während des Betriebes führen. Diese Abläufe werden unter anderem mit der Finite Elemente-Methode (FEM) laufend optimiert, um die Stabilität und Messgenauigkeit weiter zu erhöhen.
Der Drucksensor Ceraphire aus der Familie Cerabar S ist wurde speziell für die hohen Anforderungen in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie konzipiert. Sein kapazitives System bietet im Vergleich zu den piezoresistiven Varianten mit Wheatstone-Brücke eine höhere Überlastfähigkeit, eine gute Langzeitstabilität und kleine Messbereiche bis hin zum Vakuum. Die keramische Membran kann im Vergleich zur metallischen Zelle all ihre Vorteile ausspielen, denn hier geht es um kontinuierliche Prozesse mit langsamen Temperaturänderungen. Sie ist vakuumtauglich sowie verschleiß- und korrosionsbeständig hinsichtlich chemischen Reaktionen, Säuren und abrasiven Medien. Darüber hinaus ist sie langzeitstabil, lastwechselfest und hat eine bis zu 40-fache Überlastfestigkeit. Darüber hinaus verfügt das System über eine Selbstüberwachung der Keramik-Messzelle und meldet einen eventuellen Defekt. Die Gerätefamilie gehört zu einer betriebsbewährten Differenzdrucktransmitter-Plattform, die in homogener Redundanz in Schutzeinrichtungen bis SIL3 einsetzbar sind.