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Welches Radargerät sich am besten für eine Füllstandmessung eignet, hängt von einer ganzen Reihe an Parametern ab. (Bild: Krohne)

  • Zur Füllstandmessung gibt es inzwischen eine ganze Bandbreite an Radargeräten, die sich vor allem in der verwendeten Messfrequenz unterscheiden.
  • Welche Messfrequenz für eine Anwendung optimal ist, hängt von verschiedenen Parametern ab.
  • Weil sich Einsatzbereiche überschneiden und die Kosten unterschiedlich sind, ist keine pauschale Empfehlung möglich.
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PEEK-Linsenantenne des 80-GHz-Radars: Die kleine Antenne ermöglicht die extrem kompakte Bauform. Bild: Krohne

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Für die Messung von Schüttgütern in Silos eignen sich insbesondere hochfrequente Geräte. Hier ein 80-GHz-Radar mit Linsenantenne. Bild: Krohne

Um diese Frage zu beantworten und um generell die Möglichkeiten zu verstehen, reicht ein wenig Hintergrundwissen über die Radar-Technologie. In der Entfernungsmessung mit Radar unterscheidet man zwischen Pulsradar und FMCW-Radar, wobei FMCW die von den großen Messgereäteanbietern favorisierte Technologie ist. Krohne hat dabei Pionierarbeit geleistet und 1989 als erster Hersteller diese Technologie in industrielle Füllstandmessgeräte integriert. FMCW steht als Abkürzung für „Frequency Modulated Continuous Wave“: ein FMCW-Radar sendet kontinuierlich Radarwellen aus, deren Frequenz über eine Bandbreite moduliert wird, und empfängt ihre Reflektionen. Aus der Frequenzänderung zwischen gesendeter und empfangener Welle über die Zeit ergibt sich der Abstand zur Oberfläche, an der die Welle reflektiert wurde. Damit ist die Füllstandmessung mittels Radar primär eine berührungslose Abstandsmessung vom (meist im Behälterdach montierten) Messgerät zur Oberfläche eines zu messenden Mediums.

Sind Behältergeometrie und Mediumeigenschaften wie z. B. Dichte bekannt, kann das Gerät daraus einen Füllstand, ein Volumen oder eine Masse errechnen. Radar misst berührungslos und ist im Gegensatz zu Ultraschall unabhängig von Druck und Temperatur; auch Viskosität, Dichte und Farbe beeinflussen die Messung nicht. Trotz dieser Unempfindlichkeit gibt es auch der FMCW-Messung einige wenige Einflussfaktoren, die im Folgenden kurz charakterisiert werden. Für eine ausführliche Betrachtung kann das Whitepaper „FMCW-Radar-Füllstandmesssysteme“ über den Link am Ende des Artikels abgerufen werden.

Signaldynamik und Bandbreite sorgen für klare Unterscheidung der erfassten Ziele

Da jede ausgesendete Frequenz reflektiert wird, empfängt der Sensor ein großes Spektrum. Jedoch reflektiert nicht nur das Medium alleine, sondern alle Oberflächen in einem Behälter, zum Beispiel auch Einbauten. Die genaue Unterscheidung aller vom Radar erfassten Ziele erfordert eine hohe Signaldynamik, man spricht auch von einer hohen Messempfindlichkeit: Je mehr reflektierte Signale vom Gerät empfangen werden können, umso klarer bzw. höher erhebt sich dieser Punkt im Spektrum über das Grundrauschen und kann dadurch identifiziert werden. Diese hohe Dynamik ist bei den am Markt verfügbaren FMCW-Geräten gegeben.

Mit größerer Bandbreite des Radars erhöht sich die Auflösung des Spektrums. Die einzelnen Ziele werden durch schmalere, exakte Peaks angezeig, denn die Bandbreite, über die die Frequenz moduliert wird, bestimmt die Anzahl der unterschiedlichen Signale, die von einem beliebigen Ziel reflektiert werden. Ein 24-GHz-Radar moduliert typischerweise zwischen 24 und
26 GHz und hat damit eine Bandbreite von 2 GHz; ein 80-GHz-Gerät moduliert typischerweise im Bereich zwischen 78 und 82 GHz und hat damit eine Bandbreite von 4 GHz. Mit 4 GHz können heute beispielsweise Ziele unterschieden werden, die einen Abstand von nur 10 cm zueinander haben. Diese können bei gleichen Bedingungen mit 2 GHz nicht unterschieden werden.

Die Bandbreite wurde früher durch die Leistungsfähigkeit der verfügbaren Mikrochips limitiert, heute eher durch die Antennen bzw. deren Bauformen, die das Frequenzspektrum übertragen sollen. Um unabhängig von den Chipherstellern zu sein, die Bauteile primär für andere Anwendungen wie das Abstandsradar an PKW entwickeln, hat Krohne einen eigenen Mikrochip spezifisch für Anwendungen in der Prozessindustrie entwickelt.

Frequenz bestimmt Fokussierung  und Antennengröße

Radarwellen breiten sich nicht punktuell wie ein Lasersignal aus, sondern eher in Form einer Keule. Um den Öffnungswinkel bzw. die Fokussierung der Keule zu beeinflussen, gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen die verwendete Frequenz: Je höher die Frequenz, umso kleiner wird der Öffnungswinkel aufgrund der kürzeren Wellenlänge. Die Keule eines 80-GHz-Radars mit 4 GHz Bandbreite ist bei 10 m Abstand nur ca. 30 % so groß wie die des 24-GHz-Geräts mit 2 GHz Bandbreite (0,53 m zu 1,76 m). Die zweite Möglichkeit ist der Antennendurchmesser: Je größer der Durchmesser, umso stärker wird die Radarkeule fokussiert.

Für die Prozessindustrie lässt sich das gut in die möglichen Anwendungsbereiche übertragen: In hohen, schmalen Silos sollte die Radarwelle nicht mit der Silowand oder Einbauten in Kontakt kommen, da beides nicht gemessen werden soll. Daher macht es hier Sinn, die Radarkeule so stark wie möglich zu fokussieren und so schmal wie möglich zu halten. Einfach gesagt, setzt man ein 80-GHz-Radar-Gerät mit einer großen Antenne ein. In Tanks mit bewegten Oberflächen oder wenn das Sendesignal nicht senkrecht auf eine ebene Flüssigkeitsoberfläche trifft, weil der Geräteflansch nicht im rechten Winkel zur Oberfläche steht, macht die starke Fokussierung hingegen keinen Sinn. In diesen Fällen würden die an der Produkt­oberfläche reflektierten Radarwellen bei sehr kleinem Öffnungswinkel im Extremfall nicht zur Antenne zurückgelangen. Hier ist das 24-GHz-Gerät mit einer kleinen Antenne die bessere Wahl.

Reflektivität und Frequenz bei Flüssigkeiten und Schüttgütern

Neben dem Winkel sind auch die Eigenschaften der Produktoberfläche entscheidend dafür, wie viele Radarsignale reflektiert und wie sie empfangen werden: Je höher die Reflektivität bzw. die Dielektrizitätszahl Er, umso höher die Amplitude der reflektierten Signale. Wasser mit einem Er-Wert von 80 ist eines der am stärksten reflektierenden Produkte – hier kommen etwa 65 % der ausgesendeten Energie zurück. Säuren und Laugen mit einem Er-Wert von 20 bis 30 reflektieren ca. 40 % der Signale. Flüssige Kohlenwasserstoffe mit Er-Wert zwischen 1,6 und 3 reflektieren selbst bei einer Radar-Frequenz von 10 GHz noch 5 % der ausgesendeten Energie, was für eine Messung ausreichend ist. Ein 80-GHz-Radar würde in dieser Anwendung ebenfalls gut funktionieren, wäre aber aus messtechnischer Sicht überdimensioniert.

Im Gegensatz zu Flüssigkeiten reflektieren Schüttgüter allgemein sehr schlecht: Die Radar-Geräte der Optiwave-Reihe messen bis zu einem Er-Wert von ca. 1,4 zuverlässig und sicher. Während sich der Reflexionskoeffizient einer ebenen Flüssigkeitsoberfläche über der Frequenz nicht ändert, nimmt die Rückstreuung an feinkörnigen Schüttgütern wie Granulaten oder Pulvern mit steigender Frequenz deutlich zu. Das 80-GHz-Radar ist hier also die erste Wahl. Aufgrund der hohen Dynamik ist es sogar bei starker Staubentwicklung (z. B. bei Befüllvorgängen) in der Lage, die Füllstandlinie klar anzuzeigen. Die bessere Auflösung seiner 4-GHz-Bandbreite hilft zudem, die Signale von Störung und Medium zu unterscheiden, auch wenn diese dicht beieinanderliegen.

Welche Frequenz für welche Anwendung?

Mit den oben dargestellten Zusammenhängen sind die wichtigsten Parameter der FMCW-Radarfüllstandmessung beschrieben. Die Antennenbauform sowie ihre Position und Ausrichtung wurden nur kurz angerissen, diese hängen stark von der Applikation ab. Anhand der Faktoren wurde bereits klar, dass es kein Universaltalent für alle Applikationen gibt. In der nachfolgenden Zusammenfassung werden die typischen Anwendungsfälle bzw. Anwendungsempfehlungen noch einmal kurz gezeigt.

Ein 6-GHz-Radar ist die erste Wahl für Bezugsgefäße bzw. Bypass-Messungen: Es liefert in einem kleinen Bezugsgefäß oder Schwallrohr ein gutes Signal, die Radarkeule erfährt durch die undurchdringliche Wand des Gefäßes keine weitere Ausdehnung. 6-GHz-Geräte eignen sich nur bedingt für den Einsatz im Freifeld oder in einem normalen Tank.

10 GHz ist eine ideale Frequenz für Anwendungen in einfachen Lager- oder Prozesstanks bis max. 30 m Höhe. Bis etwa 40 bar und 150 °C können günstige Kunststoffantennen mit kleinem Durchmesser eingesetzt werden, die aber aufgrund ihrer Länge relativ weit in den Messbereich hineinragen. Bei höheren Drücken und Temperaturen werden meist große Metallantennen (DN150 bis 200) und entsprechende Flansche benötigt.

24 GHz ist eine gute Allround-Frequenz sowohl für Flüssigkeiten als auch für Schüttgüter. Ihre Anwendungsfelder sind Prozessbehälter in der chemischen Industrie mit Rührwerken, Pumpen, stark bewegten Oberflächen, hohen Drücken und Temperaturen. Die Metall-Hornantennen sind hier mit typischerweise DN50 bis 80 bereits deutlich kleiner als bei den niedrigeren Frequenzen, alternativ sind wiederum Kunststoffantennen in verschiedenen Formen verfügbar, beispielsweise die bekannte Tropfenantenne als geschlossenes Antennensystem für Anwendungen mit starker Staubentwicklung.

80 GHz liefert die größte Fokussierung und vermeidet in hohen und schlanken Behältern Störreflektionen. Zudem wird die kurze Wellenlänge sehr gut reflektiert – dies ist vor allem bei Schüttgütern, Granulaten und Pulvern mit sehr kleinen Korngrößen und/oder hoher Staubentwicklung sinnvoll. Ein weiterer Vorteil ist, dass aufgrund der Fokussierung eigentlich gar keine Antenne mehr benötigt wird: Krohne setzt hier ausnahmslos die Linsenantenne aus Kunststoff (PTFE oder PEEK) ein, die fast frontbündig abschließt. Aufgrund der Größe kann mit Gewindeanschlüssen gearbeitet und teilweise ganz auf den Flansch verzichten werden, was viel Geld einspart. 80 GHz hat eine enorme Messreichweite bei gleichzeitig kleiner Totzone, der Behälter kann nahezu bis zur Antenne befüllt werden.

Fazit: Aufgrund der aufgezeigten Überschneidung der Einsatzbereiche ist keine pauschale Empfehlung möglich. Auch die Kosten für das Messgerät und seine Installation variieren je nach Anforderung und den vorhandenen Einbaumöglichkeiten. Daher ist eine eingehende Beratung durch einen Applikationsingenieur sinnvoll und notwendig, um garantiert die richtige Frequenz zu treffen.

Whitepaper „FMCW-Radar-Füllstandmesssysteme“

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