Lidar-Sensor für die Tankwagen-Abfüllung im Ex-Bereich Pepperl+Fuchs

Lidar-Sensor für die Tankwagen-Abfüllung im Ex-Bereich. (Bild: Pepperl+Fuchs)

  • Lasersensorik ermöglicht es, Verladevorgänge effizient abzusichern.
  • In einem Kooperationsprojekt haben Pepperl+Fuchs und Voortmann eine Lösung für den Ex-Bereich entwickelt.
  • Die Abschaltautomatik sorgt dafür, dass Abstürze und Beschädigungen vermieden werden.

Um die bei der Abfüllung chemischer Stoffe entstehenden Risiken weiß Dirk Bubenzer, Verladetechnikspezialist bei der im nordrhein-­westfälischen Issum ansässigen Voortmann Steuerungstechnik, einem Anbieter für Steuerungs-, Druckluft-, Verlade- und Sprühsysteme: „Die Befüllung von Straßentankwagen und Kesselwagen erfolgt üblicherweise nicht vollautomatisch, sondern unter Personeneinsatz von einer Bühne aus. Eine individuelle Fehlentscheidung durch einen Mitarbeiter kann dementsprechend katastrophale Folgen für Mensch und Umwelt haben. Da die Fahrzeuge bis zu vier Meter hoch sein können, bewegen sich die Mitarbeiter auf den Verladebühnen in entsprechender Höhe, was ein weiteres Schadensrisiko darstellt.“

Zudem wird in diesen Umgebungen persönliche Schutzausrüstung getragen, die gelegentlich sogar Atemschutzgeräte mit einschließt. Die Fehlerwahrscheinlichkeit erhöht sich durch die eingeschränkte Bewegungsfreiheit und ein verkleinertes Sichtfeld also noch weiter. Hier setzen die Experten des Steuerungsspezialisten mit ihren Lösungen an, zu denen vielfältige, auf spezielle Verladezwecke zugeschnittene Absturzsicherungen zählen. Seit einigen Jahren verbauen sie in diesen Konstruktionen bereits Lichtschranken und Kontaktschaltleisten. Besonderes Potenzial wurde jedoch im Bereich der Lasersensorik entdeckt. Diese Technologie bietet dem Hersteller die Möglichkeit, Verladungen noch sicherer und effizienter zu machen.

Mehr Automation – mehr Sicherheit

Die Idee dahinter: Der Schutzkorb einer Bühne verfährt nicht nur mittels Knopfdruck, sondern kann dank eines unterhalb der Konstruktion installierten 2-D-Lidar-Sensors auch erkennen, wenn sich Objekte wie Teile des Tankwagens oder auch Fremdkörper im Weg befinden. In diesem Falle gibt der Scanner ein Signal aus, über das eine Hupe oder ein Warnlicht aktiviert werden und die Hebebühne gestoppt wird. Eventuelle Beschädigungen und Abstürze gehören dank dieser Abschaltautomatik der Vergangenheit an. Zur Umsetzung solcher Applikationen setzt das Unternehmen auf den 2-D-Lidar-Sensor R2000, der gemeinhin in Anwendungen im Bereich Automobilfertigung und Lagerhaltung oder an fahrerlosen Transportsystemen (FTS) verwendet wird.

Doch auch abseits der ihm vertrauten Innenbereiche von Fabrikhallen und Warenlagern kommt der Sensor zum Einsatz, berichtet Julian Krato, Produktspezialist für komplexe Systeme bei Pepperl+Fuchs: „Mit Hilfe einer Mehrfachauswertung einzelner Scans und einer einstellbaren zu detektierenden Objektgröße werden Störkörper wie Regentropfen oder Schneeflocken zuverlässig als solche erkannt und herausgefiltert. Zudem ist der R2000 in Schutzart IP67 ausgeführt und somit prinzipiell auch für Außenbereiche geeignet.“

Als technisches Herz kommt im Lidar-Sensor die vom Sensorhersteller entwickelte Pulse Ranging Technology (PRT) zum Einsatz, bei der eine enorme Anzahl einzelner Messungen in kurzer Zeit erfolgt: Mit bis zu 54.000 Impulsen pro Sekunde und einer hohen Winkelauflösung erreicht der Sensor äußerst präzise Mess­ergebnisse und detektiert quasi verzögerungsfrei die von ihm erfassten Fremdkörper. „Aus Sicherheitsaspekten ist das schnelle und genaue PRT-Verfahren die perfekte Wahl für unsere Anwendungen. Durch den 360°-Messwinkel kommen wir zudem mit einem einzigen Sensor aus und sparen so für unsere Endkunden Kosten ein“, umreißt Bubenzer die weiteren Merkmale des Geräts.

Industriesensorik trifft Explosionsschutz

Und diese Endkunden überraschen immer wieder mit kniffligen neuen Anforderungen. So trat kürzlich ein Auftraggeber mit dem Wunsch an den Steuerungsspezialisten heran, eine auf dem Lidar-Sensor basierende Absturzsicherung für Kesselwagen im explosionsgefährdeten Bereich der Atex-Zone 1 einsetzen zu können. Dies stellte eine echte Herausforderung dar, denn sowohl die Betriebsspannung des Sensors als auch die von ihm ausgesendete optische und elektromagnetische Strahlung können potenzielle Zündquellen für explosionsgefährdete Atmosphären sein. Bubenzer und Kollegen entwickelten bei Eingang der Kundenanfrage die Idee, den Sensor in ein Atex-zugelassenes Gehäuse einzubauen.

Prinzip des Laser-Sensors Pepperl+Fuchs
Prinzip des Laser-Sensors. (Bild: Pepperl+Fuchs)

Auf Seiten von Pepperl+Fuchs wurde die Anforderung von Voortmann mit sportlichem Ehrgeiz angenommen, wie Henning Hansen, Vertriebsingenieur Prozessautomation erklärt: „Wir mussten hier ein kleines Paradoxon lösen: Wie kann ich ein optoelektronisches Gerät, das logischerweise eine freie Sichtlinie benötigt, um seinen Dienst zu verrichten, in eine Kompletteinhausung packen?“ Diese zentrale Fragestellung beantwortete man, indem der Sensor per Haltewinkel in ein aus kupferfreiem und korrosionsresistentem Aluminium bestehendes Gehäuse der GUB-Serie von Pepperl+Fuchs montiert wurde. Dieses in der Zündschutzart Ex d (druckfeste Kapselung) ausgeführte Gehäuse verfügt über ein integriertes Sichtfenster, das es dem Sensor ermöglicht, sein Scanfeld unterhalb der Hebebühne aufzuspannen. Hierbei wurden eine Flachscheibe und ein um 15° zur Scheibe gekippter Lidar-Sensor verwendet, wodurch sich eine Lichtbrechung und mögliche Streuung, die zu einem verfälschten Signal führen könnten, umgehen lassen.

Durchgängige Lösung für Ex- und Nicht-Ex-Bereiche

Der Steuerungsspezialist profitiert nun in vielerlei Hinsicht von dieser gemeinsam erarbeiteten Lösung. So wurden in der engen Kooperation mit dem Sensoranbieter wertvolle neue Erkenntnisse zum Thema Verbindung von Lasersensorik und Explosionsschutz gewonnen. Gleichzeitig bietet man den eigenen Kunden zukünftig ein durchgängiges System für nicht explosionsgefährdete und explosionsgefährdete Bereiche – welches die Zonen 1 und 21 sowie 2 und 22 beinhaltet und international eingesetzt werden kann. Somit ist eine sehr hohe Effizienz bei Planung, Montage, Inbetriebnahme, Lagerhaltung und späterem Service gegeben.

Zudem ist die Lösung im Bedarfsfall flexibel ausbaubar, etwa wenn aus klimatischen Bedingungen die Integration einer innenliegenden Heizung oder eines Membranstutzens zur Luftzirkulation gewünscht werden. „Die von uns entwickelte Absturzvorrichtung mit 2-D-Lidar-Sensor ist die erste ihrer Art, die in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden kann“, resümiert Bubenzer.

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