Bakterium mit Blumen

(Bild: CHEMIE TECHNIK; susse_n / Spectral-Design / Natis / Klaus Eppele / dmitry Sunagatov – stock.adobe.com)

  • Mikrobielle Kontaminationen in Tanks können zu Treibstoffverlusten und zu erheblichen Qualitätsproblemen führen.
  • Biozide und mechanische Reinigungen können dabei das bakterielle Wachstum nur verlangsamen, aber nicht
    vollständig verhindern.
  • Mikrobiologische Methoden ermöglichen hier ein Monitoring am Ort des Geschehens.

Das Wachstum vor allem von Bakterien in Tanks kann zu Treibstoffverlusten und zu erheblichen Qualitätsminderungen führen. Diese können bei Nutzung in Motoren und Triebwerken teilweise katastrophale Folgen haben. So kann etwa verunreinigtes Kerosin durch verstopfte Filter zu Schäden oder im schlimmsten Fall zum Ausfall des Triebwerks führen.

Grundsätzlich sind alle Treibstoffklassen anfällig für Verunreinigungen. Auch wenn früher häufig Benzin gegenüber Kerosin und Diesel als weniger anfällig für Kontaminationen betrachtet wurde, so hat dies heutzutage keinen Bestand mehr. Durch den Wegfall von Blei und anderen toxischen Zusätzen wurde das Wachstum von Mikroorganismen im Gegenzug begünstigt. Wie in vielen anderen Fällen auch wurde eine Zunahme der Umweltverträglichkeit von Stoffen mit der Begünstigung von mikrobiellem Wachstum erkauft.

Bakterien sind soziale Wesen

Diese Mikroorganismen sind am häufigsten in Treibstoffen zu finden.
Diese Mikroorganismen sind am häufigsten in Treibstoffen zu finden.

Die Verursacher sind ausnahmslos den Bakterien, Pilzen und Hefen zuzurechnen. Gesamtheitliche Betrachtungen werden hierbei jedoch häufig unterschätzt. Oftmals ist ein Bakterium allein nicht imstande einen Treibstoff abzubauen. Doch Bakterien sind „soziale Lebewesen“, da sie fast immer in Lebensgemeinschaften – sogenannten Biozönosen – organisiert sind. Das hat einen einfachen Grund, der mit menschlichen Gemeinschaften durchaus vergleichbar ist: Ein Bäcker wird alleine nur schwer überleben können. Er benötigt einen Müller, Arzt, Schuster, Metzger usw., die zusammen eine Gruppe bilden und sich gegenseitig mit Leistungen versorgen. Bei einer bakteriellen Biozönose kommt es ebenfalls zu einem fortwährenden Austausch von Leistungen: Einzelne Arten sind in Populationen zusammengefasst, die wiederum mit anderen Populationen zusammenarbeiten.

Dies hat mannigfaltige Vorteile: Erstens sind die Abfallstoffe der einen Art die Nahrung der anderen. Zweitens können mehrere verschiedene Arten kooperieren, um Schleimschichten aufzubauen, die sie vor toxischen Lebensverhältnissen schützen. Und drittens entsteht durch die ausgeschiedenen Metabolite eine Vielfalt, die eine möglichst hohe Diversität unter den Mikroorganismen begünstigt. Denn je diverser eine Biozönose ist, desto höher ist ihre Widerstandsfähigkeit. Die Bakterien sind dabei echte Überlebenskünstler. Sie verstehen es selbst in einer feindseligen Umgebung wie Öl und den daraus entstandenen Treibstoffen sich einen Lebensraum zu schaffen, der ihrer Population einen Vorteil gegenüber anderen mikrobiellen Gemeinschaften oder Lebewesen bringt. Ihr Ziel ist der Urtreiber allen Lebens: Wachstum und Vermehrung.

Bakterien sind Überlebenskünstler

So funktioniert die Gensondentechnologie zur Identifikation der Bakterien.
So funktioniert die Gensondentechnologie zur Identifikation der Bakterien.

Ohne Wasser jedoch könnten die Mikroorganismen nicht überleben. Sie haben also das Dilemma, dass sie auf der einen Seite die wasserabweisenden Kohlenwasserstoffketten des Treibstoffes als Energielieferant verwenden wollen, auf der anderen Seite jedoch Wasser zum Überleben benötigen. Die Lösung ist das Wachstum an der Grenzschicht zwischen Treibstoff und Wasser. Letzteres findet sich in Dampf oder in den Kondensaten an den Wänden der Tanks. Zusätzlich können sie in wässrigen Mikropartikeln überleben, kleine Mikro­universen als Zufluchtsinseln, in denen sie von gewaltigen Mengen an Nährstoffen umgeben sind. Dabei entsteht oftmals der irreführende und falsche Eindruck, dass die Bakterien sich direkt im Treibstoff vermehren können. Bakterien benötigen neben den Nährstoffen nicht viel für ihr Wachstum: Die passende Temperatur, ein geeigneter pH-Wert, Verfügbarkeit von Wasser, Sauerstoff (je nachdem ob sie aerobe, fakultativ anaerobe oder anaerobe Mikroorganismen sind) und die Art der Elektronenakzeptoren entscheiden darüber, ob und welche Populationen sich in einem bestimmten Milieu vermehren können. Bei ausreichendem Wachstum können sich in den Tanks sogenannte Flocken oder gar Schlamm bilden: Aus dem Mikrouniversum hat sich dann ein Makrouniversum gebildet, welches zu Kontaminationen, zu Filterverstopfungen, Korrosionen und letztendlich massiven Störungen in Motoren führen kann.

Doch wie gelangen die Bakterien in den Treibstoff? Mikroorganismen haben einen großen Vorteil: Sie sind überall verbreitet. Dementsprechend können sie über feinste Wassertropfen oder über die Luft in den Tank eindringen. Besonders bei der Entnahme des Treibstoffs muss zur Verhinderung eines Vakuums Luft gezogen werden, mit dem automatisch auch Mikroorganismen in den Tank gelangen können. Entsprechende Filter können die Anzahl der Eindringlinge reduzieren, aber kaum nachhaltig verhindern.

Sterilität ist eine Utopie

Nachweis von Mikroorganismen in einer Benzinprobe
Nachweis von Mikroorganismen in einer Benzinprobe: li.: Nachweis der bakteriellen Biozönose (lebend), Mitte: Nachweis von Schimmelpilzen (lebend), re.: Nachweis aller Mikroorganismen (lebend und tot). (Bild: Vermicon)

Auf diese Weise entsteht ein ungleicher Kampf zwischen Menschen und Mikroben. Wie in so vielen anderen Bereichen des Lebens auch, bei denen mikrobielles Wachstum möglichst verhindert werden soll, sind auch hier die Waffen ungleich verteilt. Biozide und mechanische Reinigungen können das bakterielle Wachstum nur verlangsamen, aber nicht vollständig verhindern. Sterilität ist eine Illusion. In dem Moment, in dem ein Tank mechanisch vollständig gereinigt wurde, haben sich schon unbemerkt erste Mikroorganismen festgesetzt. Ihre enorme Anpassungsfähigkeit an sich immer weiter verändernde Biozide gibt ihnen einen Vorsprung vor den Sterilisationsanstrengungen des Menschen, der vielleicht reduziert aber niemals vollständig eliminiert werden kann. Natürlich können entsprechende Konstruktionen der Tanks wie tiefliegende Ablassstutzen oder Filtervorrichtungen wie auch spezielle Beschichtungen helfen. Auch regelmäßige Reinigungen sind wichtig. Ganz vermeiden aber lässt sich ein mikrobielles Wachstum nicht. Da also Sterilität eine Utopie ist, wird die Etablierung eines effektiven Monitorings der Mikroorganismen umso wichtiger. Die Standarduntersuchungen basieren im Wesentlichen auf Kultivierungsmethoden, bei denen die Bakterien auf künstlichen Medien aufgezogen und damit identifiziert und quantifiziert werden können. Dies greift aber zu kurz. Da wie oben dargestellt effiziente Biozönosen das „Kriegsschiff“ der Mikroorganismen sind, sollten entsprechende Technologien einen gesamtheitlichen Ansatz verfolgen. Um bei dem Beispiel zu bleiben: Es wäre nicht ausreichend, die Zahl der Marinesoldaten zu bestimmen, um die Gefährlichkeit und Angriffskraft eines Feindes zu bestimmen. Stattdessen müssen wesentliche weitere Faktoren wie Wendigkeit des Bootes und Feuerkraft der Waffen in die Bewertung mit einfließen. Die Fokussierung auf Kolonien ist ein Überbleibsel aus den Anfängen der Mikrobiologie und meist nicht mehr zeitgemäß. Zwar werden auch zunehmend außerhalb der Standards neuere Technologien wie qPCR und NGS (Next Generation Sequencing) eingesetzt. Aber auch diese sind nicht ausreichend, wenn es um die holistische Bewertung von Biozönosen geht. Hierzu eignen sich direkte mikrobiologische Methoden besser, die eine Beurteilung der Mikrobiologie am Ort des Geschehens ermöglichen.

Direktes Monitoring in den Tanks

Die VIT-Gensondentechnologie von Vermicon stellt hier ein geeignetes Werkzeug dar. Mit ihrer Hilfe können Bakterien und ganze Populationen direkt in der Probe identifiziert, quantifiziert und visualisiert werden. Dabei werden sogenannte Gensonden, kleine Stücke an Erbsubstanz, die spezifisch für eine Bakterienart oder -gruppe ist, mit einem Farbstoff gekoppelt und direkt in die vollständig erhaltenen Bakterien eingeführt. Nur in Bakterien, die eine entsprechende Zielstelle vorweisen können, wird die Gensonde und damit auch der Farbstoff gebunden und kann auch nicht mehr abgewaschen werden: Die Bakterien beginnen, spezifisch in der Probe zu leuchten und können somit analysiert werden (siehe Foto). Der gesamte Prozess ist schnell und einfach durchzuführen, erfasst nur lebende Bakterien und ist unabhängig von Enzymen. Dadurch wird der Nachweis äußerst robust, da er nicht gehemmt werden kann. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil in toxischen Materialien wie Kerosin, Diesel und anderen Treibstoffen.

Das Verständnis der individuellen Biozönosen ist dabei von großer Bedeutung und kann zu einer völlig neuen Generation von smarten Bekämpfungsstrategien führen, die nicht nur effektiver das Wachstum der Bakterien, Pilze und Hefen kontrollieren, sondern zusätzlich eine erhöhte Sicherheit bei niedrigeren Kosten schaffen können.

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