Oktober 2014
  • Bei der Füllstandmessung von Kunststoffgranulaten und Schüttgütern kommt es häufig zu Störsignalen, welche die Messung beeinträchtigen.
  • Um die Energie des Radarsensors zu fokussieren und den Anteil der Störsignale zu verringern, wurde bei bislang üblichen 26-GHz-Geräten eine Parabolantenne („Schüssel") eingesetzt.
  • Mit einem neu entwickelten 79-GHz-Radar ist diese nicht mehr notwendig. Der Einbau in enge Silos sowie die Installation und Inbetriebnahme wird dadurch wesentlich vereinfacht.

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Das Prinzip ist eigentlich ganz einfach: Ein Radarsensor kann nur den richtigen Füllstand messen, wenn auch ein richtiges Füllstandecho vorhanden ist. Speziell bei Schüttgütern gilt: Weisen die Störsignale die gleiche Größe wie das Füllstandecho auf, ist eine zuverlässige Messung nicht möglich. Unglücklicherweise tritt diese Situation bei vielen Kunststoffpulvern und -granulaten auf. Ihre sehr niedrige Dielektrizitätszahl liefert nur kleine Reflexionen, da ein großer Teil der Radarsignale vom Medium absorbiert wird. Hinzu kommen häufig Störsignale durch den mechanischen Aufbau der Silos.

So wird Kunststoffpulver in der Regel in etwa 20 bis 30 m hohen, sehr schlanken Behältern gelagert. Umlaufende Schweißnähte, selbst wenn diese nur wenige Millimeter groß sind, führen in Silos immer wieder zu Störreflexionen. Im schlechtesten Fall gibt es alle 50 cm eine solche Schweißnaht, die das eigentliche Nutzsignal überdecken kann. Gerade bei Kunststoffpulvern mit kleiner Dielektrizitätszahl ist es äußerst schwierig, das richtige Signal herauszufiltern.
Ebenfalls anspruchsvoll ist die Situation in Mischsilos: Kunststoffgranulate werden vielfach im Silo mit Hilfe von Mischrohren durchmischt, damit auch über einen sehr langen Zeitraum garantiert wird, dass sich die Eigenschaften,
z. B. die Farbe, innerhalb einer Charge nicht verändert. Allerdings verursachen die Öffnungen für den Materialaustrag oder Streben, an denen die Mischrohre am Silo befestigt sind, erhebliche Störsignale. Nur mit einer intelligenten Software und mit sehr viel Erfahrung seitens des Technikers ist eine zuverlässige Füllstandmessung machbar.

Messsignal vom Störsignal trennen
Um den Anteil der Störsignale zu verringern, hilft es, die Energie des Radarsensors zu fokussieren. Bei den bislang üblichen 26-GHz-Geräten geschieht dies durch eine Parabolantenne. Eine andere Möglichkeit besteht in der Wahl einer höheren Frequenz der Mikrowelle: Je höher die Frequenz, desto enger der Fokus und desto kleiner kann die Antenne sein. Beim neuen Radargerät Vegapuls 69, das zur diesjährigen Messe Powtech vorgestellt wurde, wird ein Sensor mit einer Frequenz von 79 GHz verwendet.

Vor allem bei Behältern mit vielen Einbauten hilft die gute Fokussierung, das eigentliche Messsignal von Störsignalen besser zu trennen. Mit neuen Mikrowellenkomponenten können selbst kleinste Reflexionssignale noch erfasst werden. Damit lassen sich auch bis dahin schwierig zu messende Produkte mit schlechten Reflexionseigenschaften, also sehr niedriger Dielektrizitätszahl, z. B. Kunststoffpulver, zuverlässig messen.

Der Öffnungswinkel der abgestrahlten Radarenergie und damit auch die Fokussierung hängt von zwei Faktoren ab: der Sendefrequenz und der wirksamen Antennenfläche. Das bedeutet, dass mit einer höheren Frequenz bei gleicher Antennengröße eine deutlich bessere Fokussierung erreicht wird. Dies erlaubt es, Antennen mit lediglich 75 mm Durchmesser zu verwenden. Dadurch wird ein Öffnungswinkel von nur 4° erreicht. Bei einem Radarsensor mit 26 GHz Sendefrequenz beträgt der Öffnungswinkel bei gleicher Antennengröße etwa 10°. Dagegen geht der 79 GHz-Strahl an Einbauten oder Anhaftungen der Behälterwand vorbei, das macht die Messung sicherer und zuverlässiger.

Leichter Einbau und schnelle Inbetriebnahme
Das neue Radargerät steht in zwei Ausführungen zur Verfügung, einer einfachen Variante mit leichter Kunststoffantenne aus PP oder einer Ausführung mit im Montageflansch integrierter Linsenantenne. Die Antennen sind unempfindlich gegen Ablagerungen und dadurch auch bei rauen Einsätzen wartungsfrei. Die Flanschausführung ist mit einer Schwenkhalterung aus Edelstahl ausgestattet, mit der sich die Antenne bequem einstellen lässt. Dadurch kann der Sensor in einem Bereich von ±10° ausgerichtet werden.

Gegenüber der 26-GHz-Ausführung mit großer Parabolantenne wird der Einbau deutlich vereinfacht. War es bisher nötig, das Messgerät auf zusätzlichen Stutzen oder am Mannloch zu befestigen, genügt nun eine Öffnung mit 80 mm Durchmesser. Gleichzeitig ist die Inbetriebnahme um ein Vielfaches einfacher, weil die Störsignale nicht mehr herausgefiltert werden müssen. Für die Installation wurde zudem eine Smartphone-App entwickelt, bei der das Telefon als Wasserwaage fungiert und vor Ort auf das Gerät gelegt wird. Anhand der zuvor eingegebenen Eckdaten des Behälters und des Montageorts kann der Sensor so mit Hilfe einer grafischen Anzeige ausrichten.

In der Messanwendung selbst zeichnet sich das Gerät durch einen großen Dynamikbereich aus. Die Dynamik beschreibt den Unterschied zwischen dem kleinsten noch messbaren und dem größten Signal. Eine Dynamik von 120 dB ermöglicht es, selbst kleinste Reflexionen, beispielsweise bei Medien mit schlechten Reflexionseigenschaften, zu messen. Beispiele dafür sind Polystyrol-Kügelchen oder Aerosile.

Der 2-Leiter-Sensor liefert direkt ein füllstandproportionales 4…20-mA-Ausgangssignal, das in bestehende Auswertsysteme eingebunden werden kann. Die Sensoren sind sowohl für den Einsatz im staubexplosionsgefährdeten Bereichen als auch für den Gas-Ex-Bereich zugelassen.
Bei komplexen Behälterformen kann die Behältergeometrie im Sensor hinterlegt und direkt ein volumen- oder gewichtsproportionales Ausgangssignal gewonnen werden.

Mit dem neuen Radargerät können nun weitere Anwendungen abgedeckt werden – von kleinen Schüttgutcontainern bis zu großen Lagerhallen, von Kunststoffen mit kleiner Dielektrizitätszahl bis hin zu Füllgütern mit sehr guten Reflexionseigenschaften, wie zum Beispiel Ruß. Um den unterschiedlichen Anforderungen zu entsprechen, mussten bisher unterschiedliche Ausführungen eingesetzt werden.

Fazit: Dank der hohen Dynamik des Gerätes erfasst das neue Radargerät unter allen Betriebsbedingungen zuverlässig den Füllstand. Die bessere Fokussierung reduziert Störeinflüsse und bündelt das Sendesignal noch besser auf die Schüttgutoberfläche. Dadurch können mit einem Gerät sehr unterschiedliche Anwendungen realisiert werden. Bislang mussten je nach Behältergeometrie und zu messendem Schüttgut unterschiedliche Ausführungen eingesetzt werden. Das 79-GHz-Radar wird so zum Allroundgerät für die Standmessung von Schüttgütern.

Zur Technik
Hochfrequenz-Radar

Vor ca. vier Jahren wurden die Frequenzen für Füllstandsensoren neu festgelegt. Dabei wurden neben den bisher schon verwendeten Frequenzbereichen von ca. 6 und 26 GHz auch der Frequenzbereich von ca. 79 GHz mit aufgenommen. Sie wurden für LPR (Level Probing Radar) europaweit festgelegt. Besonders in den letzten zwei bis drei Jahren konnte die Empfindlichkeit der Mikrowellenkomponenten deutlich verbessert werden, dadurch können heute selbst kleinste Reflexionssignale noch erfasst werden. Andere Frequenzbereiche, wie die früher teilweise verwendeten 10-GHz-Sensoren machen heute wenig Sinn, da sie ausschließlich in geschlossenen, und abgeschirmten Behältern verwendet werden dürfen.

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