Die steigende Nachfrage nach großen Lithium-Ionen-Batterien für den Verkehrs- und Energiesektor führt zu einem sehr schnell ansteigenden Bedarf an Rohstoffen – darunter den von der EU als kritisch eingestuften Kobalt, Lithium und Naturgraphit. Damit künftig bei der Rohstoffversorgung keine Engpässe und Preisrisiken entstehen, prüft das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in dem neuen Projekt „Kathoden- und Anodenmaterialien aus recycelten Lithium-Ionen-Batterien“ (Recyclemat) wie sich Batterieelektroden wiederaufarbeiten lassen, so dass Materialien möglichst vollständig rückgewonnen und direkt als Rohstoff für die Herstellung neuer Elektrodenmassen eingesetzt werden können. Das baden-württembergische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau fördert die Studie über zwei Jahre mit 870.000 Euro.
Batterie-Rohstoffe recyceln reduziert Abhängigkeiten
Als Kathodenmaterial kommen derzeit Übergangsmetall-Schichtoxide zum Einsatz, die mehr als 10 % Kobalt enthalten. Kobalt wird in vielen Fällen unter nicht optimalen Arbeits- und Umweltbedingungen abgebaut. Etwa im Kongo, wo sich rund die Hälfte der weltweiten Vorräte befinden. Große Teile der Lithiumvorkommen, rund 75 %, liegen in Südamerika. Diese Stoffe sowie Naturgraphit für die Anoden der Zellen werden in Deutschland als kritische Rohstoffe mit hohen Liefer- und Preisrisiken eingestuft. Durch die Wiedergewinnung der Elektrodenmaterialien aus ausgedienten Batterien, sogenannten End-of-Life-Zellen, können Abhängigkeiten heimischer Zellhersteller von internationalen Rohstoffketten verringert werden.
Für das Recycling von Wertstoffen aus Lithiumbatterien gibt es unterschiedliche Prozesse und Anlagenkonzepte. Stand der Technik für großtechnische Verfahren ist das Einschmelzen kompletter Batterien oder Zellen mit nachfolgender aufwändiger Aufbereitung der Schmelz- und Schlackenprodukte. Recyclingunternehmen nutzen diese Verfahren kommerziell. Die Hochtemperaturprozesse führen jedoch durch die Schlackenbildung zu Verlusten an Wertmetallen wie Kobalt, Nickel und Kupfer. Ebenso werden Komponenten wie Lithium, Mangan oder Aluminium nicht zurückgewonnen. Auch eine Reihe alternativer Verfahren, die über mehrere Hochtemperaturprozesse laufen oder mit hydrometallurgischen Prozessen gekoppelt sind, liefern nur eine relativ geringe Ausbeute an Wertstoffen.
Auch Lithium wiederaufbereiten
Die geplante Machbarkeitsstudie Recyclemat soll einen effizienteren Recyclingprozess beschreiben, der unter anderem auch Lithium, Nickel, Kobalt und Naturgrafit aus ausgemusterten Batterieelektroden wiederaufbereitet. Mit dem Projekt untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des ZSW in Ulm, wie Komponenten aus Altbatterien herausgelöst und das Elektrodenmaterial so aufbereitet werden kann, dass es direkt in neuen Lithium-Ionen-Batterien oder als Zwischenprodukt für die Batteriematerialsynthese wiederverwendet werden kann. Hierzu sollen die Komponenten mit geringem Energieaufwand aus gebrauchten Batterien oder aus Produktionsabfällen bei der Zellherstellung mechanisch separiert, gereinigt und die Aktivmaterialien thermochemisch nachbehandelt werden.
Mit den gewonnenen Material- und Prozessdaten soll eine belastbare Grundlage für Re-Synthesen der Materialien geschaffen werden. Entstehende Produkte sollen direkt mit Industriepartnern evaluiert werden. Aufgrund der beim ZSW vorhandenen Expertise sowohl in der Batteriematerialentwicklung als auch in der Fertigung von Lithium-Ionen-Zellen vom Pilot- bis zum seriennahen Maßstab sind die Spezifikationsprofile sowie Anforderungen an Material und Verarbeitung bekannt.
„Der künftige Bedarf an Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge und zur kurzzeitigen Ökostromspeicherung wird enorm sein“, sagt Dr. Margret Wohlfahrt-Mehrens, kommissarische Leiterin der Batterieforschung am ZSW in Ulm. „Die Entwicklung eines Recyclingkonzepts, mit dem Rohstoffe in ausgedienten Batterien möglichst vollständig rückgewonnen werden, kann entscheidend zu einer nachhaltigen Rohstoffversorgung führen und den Material- und Energiebedarf für neue Zellen erheblich reduzieren.“ (jg)
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