
Auch komplexe Gasanalysegeräte liefern nur Informationen über den Prozess und dessen Verfügbarkeit. Welche Rolle diese in der Industrie 4.0 spielen werden, wird neu diskutiert. (Bild: Bühler Technologies)
- Beim Vernetzen von Mess- und Analysengeräten lag der Fokus bislang auf der Funktionsüberwachung und Wartungssteuerung. Inzwischen zeichnet sich ab, dass die Produktionsverfügbarkeit wichtiger werden wird.
- Die Rolle der extraktiven Gasanalytik in der Industrie 4.0 wird deshalb neu definiert.
- Welche Informationen Gasanalysesysteme künftig an welche Systeme liefern werden, muss deshalb diskutiert werden.
Hatte man bisher den Eindruck, dass die Funktionsüberwachung vornehmlich der Wartungssteuerung dient, rückt nun in einer Vielzahl von Applikationen die Berechenbarkeit der Produktionsverfügbarkeit in den Vordergrund. Mittels Verknüpfung und Korrelation einer Vielzahl im System generierter Daten könnte man vorausberechnen, ob sich z. B. ein bestimmtes Produktionslos innerhalb einer gegebenen Zeit unterbrechungsfrei fertigen lässt. Das Wort Produktionslos steht hier synonym für jedweden Produktionsprozess indem nicht nur mechanische Verfahren, sondern insbesondere chemische oder verfahrenstechnisch / physikalische Produktionsstufen beteiligt sind.
In vielen Industriebereichen dient die extraktive Gasanalytik zur Steuerung und Überwachung der Prozessdaten, von Emissionen und der Anlagensicherheit. Dabei wird dem Prozessstrom eine repräsentative Probe entnommen, und in einem Analyseverfahren werden die relevanten Gaskomponenten bestimmt. Die ermittelten Werte dienen dann der Steuerung bzw. Regelung des Prozesses oder dem Nachweis respektive der Einhaltung kritischer Grenzwerte. Je nach Applikation muss das entnommene Messgas aufbereitet werden, bevor es in den Analysator geleitet wird; denn das Gas enthält ja aufgrund der gewünschten Authentizität auch alle sonstigen Komponenten des Prozessstroms wie Feuchte, Partikel und andere Stoffe. Die Grundstruktur des Systems muss der Aufgabenstellung entsprechen. Sicherheitsrelevante Anwendungen verlangen z. B. kurze Reaktionszeiten, Prozessteuerungen nach genauen Analysewerten, und die Emissionsüberwachung will querempfindlichkeitsfreie Ergebnisse.
Auch das aufwendigste Analysensystem ist nur ein großer Sensor
Zur Erfüllung dieser vielschichtigen Anforderungen sind mehr oder weniger komplexe Analysensysteme erforderlich, deren Produkt aber letztlich nur eine Information ist! Aus der Sicht der Gesamtanlage muss man selbst das aufwendigste Analysensystem als nur einen großen Sensor sehen, der einen Informationsbaustein bereitstellt. Wie könnte man nun vor dem Hintergrund von I4.0 diese Sensorsysteme einordnen?
Nach Ansicht des Autors könnte man dies auf zwei Ebenen: Da ist zunächst die traditionelle Ebene des in sich geschlossenen Systems, welches in Bezug auf das Ganze lediglich eine Information zu liefern hat. Alle zum System gehörenden Komponenten, und es können durchaus zahlreiche sein, dienen nur der Generation dieser Information. Eventuelle Laufzeitlimitierungen wie Katalysator- oder Filterkapazitäten oder anderweitige Standzeitlimits werden nur innerhalb des Systems verarbeitet. Die Herausgabe von Servicesignalen erfolgt separat zur Information der Produktionsverfügbarkeit auf jeweils anderen Betriebsebenen. In dieser Form wäre das Analysensystem sicher I4.0-kompatibel, wenngleich die Darstellung eines Gesamtbildes lückenhaft ist und Annahmen erfordert.
Auf der zweiten Ebene wäre man aus der Sicht von I4.0 näher am Idealbild, wenn alle relevanten Komponenten des Analysensystems alle irgendwie wichtig erscheinende Daten, also Big Data herausgäben. Es müsste jede an der Produktion des Analysenergebnisses beteiligte Komponente Signale bzw. Daten liefern.
Wäre das ein zielführender Ansatz? Müsste man da nicht zunächst die Frage nach der Informationsrelevanz solcher Daten stellen? Und muss nicht auch die Frage nach den Kosten pro Information gestellt werden?
Es wird nach Meinung des Autors keine einfachen Antworten auf diese Fragen geben. Man wird sich am Konzept der Gesamtanlage, des zur Auswahl stehenden Verfahrens und anderer Parameter orientieren müssen. So kann es durchaus denkbar sein, für eine Fertigungssektion einer Anlage Algorithmen zur Verarbeitung von Big Data zu entwickeln und in anderen Fällen beim traditionellen Weg zu bleiben.
Online-Anteil wird stark steigen
Möglicherweise ist aber auch der folgende Denkansatz ein Weg: Industrie 4.0 umfasst ja vielfältige Ansätze. Man spricht von Digitalisierung, Konnektivität, Agilisierung und mehr. Als tatsächlich gesetzt kann man wohl annehmen, dass der Online-Anteil an allen Organisationsstufen stark zunehmen wird.
Daraus resultiert, dass künftig viel mehr Komponenten als heute Informationen zu ihrem Zustand liefern müssen. Bei manchen reicht die One-way-Ausgabe, viele werden bidirektional kommunizieren müssen. Aus der Beantwortung der oben gestellten Fragen wird entschieden werden, welche Information davon wie genutzt werden soll. Aus den Bedürfnissen der Applikation und der gewählten Betriebsweise einer Gesamtanlage wird man ableiten müssen, ob Algorithmen Produktions-, Wartungs- oder Beschaffungsentscheidungen treffen sollen oder ob das Analysensystem die Information zur Analyse und auf anderen Wegen seine Wartung oder auf direktem Wege über das ERP-System die Beschaffung seiner Ersatzteile anfordert, oder diese gar vor Ort von einem 3D-Drucker herstellen lässt.
Für den Autor bleibt auch offen, wer die Frage nach der Informationsrelevanz beantworten wird. Werden dies weiterhin vor allem Menschen auf den verschiedenen Entwicklungs- und Leitebenen sein? Werden es applikationsspezifische Softwarepakete sein. Wird bei einer durchdigitalisierten Steuerung möglicherweise künstliche Intelligenz (KI) diese Aufgabe übernehmen?
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