- Pumpenhersteller Grundfos entwickelt und fördert seine digitalen Maßnahmen in einer eigens eingerichteten Abteilung, dem „Digital Transformation Office“.
- Neben industrie-4.0-fähigen Produkten gehören zu den Neuerungen auch der zunehmende Einsatz digitaler Methoden in der eigenen Produktion sowie neue, digitale Geschäftsmodelle.
- Die Digitalisierung erfasst alle Bereiche eines Unternehmens. Die Kernkompetenz muss darunter jedoch nicht leiden, wenn digitale Lösungen stattdessen das Geschäftsfeld erweitern.
Koordiniert wird die digitale Weiterentwicklung des dänischen Konzerns seit Mitte 2017 von einem eigenen „Digital Transformation Office“ In dieser Abteilung arbeiten rund 150 Mitarbeiter in einer Start-up-Atmosphäre, die eher an ein Software-Unternehmen erinnert als an einen Pumpenhersteller. Der Leiter des Digital Transformation Office, Christian Rasmussen, bestätigt diesen Eindruck: „Es ist eine Menge Software-Entwicklung im Spiel.“
Nach dem Motto „start small, think big“ verteilen sich die Mitarbeiter auf einzelne Arbeitsgruppen, die sich jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten der Entwicklung und Umsetzung digitaler Lösungen widmen. Besondere Aufmerksamkeit gilt etwa der „Fabrik der Zukunft“, in der digitale Technologien verstärkt in der Produktion zum Einsatz kommen sollen. Im Digital Transformation Office beschäftigt sich eine eigene Arbeitsgruppe mit der Implementierung solcher Technologien. Dazu gehört zum Beispiel der Einsatz von Augmented-Reality-Methoden. Im Bereich Automatisierung setzt der Konzern auf „Collaborative Automation“. Roboter übernehmen zahlreiche Arbeitsschritte, arbeiten dabei aber mit Menschen zusammen. Vollvernetzte Fertigungsketten und digitale Auftragsverarbeitung sollen die Flexibilität steigern und im Geiste der Industrie 4.0 auch die Erfüllung individueller Aufträge in Losgröße 1 ermöglichen.
Im Rahmen der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter kommen Virtual Reality und Augmented Reality natürlich ebenfalls zum Einsatz, schließlich sollen die Angestellten mit diesen Methoden vertraut sein. Mittels Training in einer virtuellen Anlage, erklärt Transformations-Officer Christian Rasmussen, lässt sich eine Einweisung in zwei Tagen abschließen. An einer realen Anlage dauere der Trainingsprozess dagegen zwei Wochen.
Smart Data statt Big Data
Anwender bemerken die fortschreitende Digitalisierung bei Betrieb und Service der Pumpen. Das fängt bei der einfachen Bedienung vernetzter Geräte mittels Smartphone, Tablet oder auch sprachgesteuertem persönlichen Assistenten an, geht aber noch deutlich darüber hinaus. So ermöglicht das „iSolutions“-Konzept über Funk- oder Ethernet-Verbindung in die Cloud industrie-4.0-taugliche Pumpen.
Der iSolutions-Monitor, ein Sensor an der Pumpe, zeichnet neben Vibrationen auch die Temperatur auf. Anstatt einfach nur Rohdaten zu sammeln, wertet das System die Informationen auch gleich aus, das Ziel ist „smart data statt big data“. Der Sensor erkennt damit Zustände wie Trockenlauf, Kavitation, Druckschläge oder Unwucht und Probleme im Lager des Motors. Dies vereinfacht die vorrausschauende Wartung, und über den Online-Zugang wird die Hilfe vom Servicetechniker erleichtert und beschleunigt. Techniker können die gesammelten Daten nicht nur für Wartung und Reparatur der Pumpe nutzen, sondern den Betreiber auch beim Optimieren des Betriebs unterstützen. Zu Wartung und Unterhalt der Pumpe kommt so auf digitalem Wege noch der Dienst eines Beraters hinzu.
In ähnlicher Weise unterstützt die Cloud-Plattform Sysmon den Betreiber. Über die zugehörige Chemicals-App verbindet und organisiert sie intelligente Dosierpumpen. Diese können dadurch nicht nur lernen, wie viel sie fördern, sondern auch welches Medium. Die Flowcontrol-Dosierüberwachung misst nicht nur, wie lange die Pumpe bei einer festgelegten Förderleistung läuft, sondern steuert bei bei Störungen wie schwankendem Druck oder Luftblasen gegen, um den Förderstrom konstant zu halten. Über entsprechende Sensoren, etwa für Chlordioxid oder Wasserstoffperoxid, kann das System selbstständig die Dosierung solcher Zusatzstoffe regeln.
Förderleistung als Service
Die Digitalisierung bringt nicht nur neue Produkte und Produktionsmethoden, sondern auch komplett neue Geschäftsmodelle. „Das größte Hotelunternehmen – Air B&B – hat keine eigenen Hotels, und der größte Taxiunternehmer – Uber – hat keine eigenen Taxis“, erinnert Andre Vennemann, Leiter des Bereichs Industriepumpen für Deutschland und Österreich, und betont: Anwender von Pumpen wollen im eigentlichen Sinn keine Pumpe kaufen, sondern sie wollen Material bewegen. In ähnlicher Weise sieht er darum einen wichtigen zukünftigen Geschäftszweig darin, das Pumpen von Gütern als Dienstleistung anzubieten. Dabei ist die Digitalisierung ein entscheidender Faktor, denn nur mit detaillierten Informationen über Fördermenge und Betriebsbedingungen lässt sich so ein Dienst wirtschaftlich anbieten und abrechnen.
Von seinem ursprünglichen Kerngeschäft will der Konzern jedoch nicht abweichen, denn schließlich sind Pumpen auch für das Geschäftsmodell „Pumpleistung“ nach wie vor erforderlich. Doch zum „Pumping as a service“ sagt Vennemann: „Wenn wir es nicht machen, macht es ein anderer.“ Um seinem eigenen Anspruch als Innovationsführer gerecht zu werden, will der Konzern seine Kernkompetenzen darum im Zuge der Digitalisierung um solche Angebote erweitern.
Ein weiteres, auf dem Online-Weg umgesetztes Angebot, ist die Go-Garantie. In deren Rahmen bietet der Hersteller eine Garantie von fünf Jahren auf bestimmte Pumpen. Voraussetzung ist, dass diese nach dem 1. Mai 2018 in Betrieb genommen wurde, und dass die Inbetriebnahme sowie Funktion und Einstellung der Pumpe digital dokumentiert und registriert wurden. Dieser Schritt erfolgt über die App Grundfos Go. Preislisten und Dokumentationen finden Nutzer mittlerweile vorrangig digital auf dem ePaper-Portal anstatt in gedruckter Form. „Wir brauchen nicht noch mehr Papier“, erklärt Dirk Schmitz, Leiter der Unternehmenskommunikation. Zugriff auf die papierfreien Dokumente ist ebenfalls über die App Go möglich.
Lesen Sie hier das Interview mit Martin Palsa, Geschäftsführer von Grundfos, zur Pumpe 4.0, aus Ausgabe 03/2018.
Unternehmensphilosophie
„Doing well by doing good“
Ein vorrangiges Ziel, das Grundfos mit seinen Maßnahmen zur Digitalisierung verfolgt, ist gesteigerte Energieffizienz. Einerseits soll dies die eigene Produktion effizienter gestalten und zum anderen dem Anwender einen Mehrwert bieten. Unter dem Vorsatz „doing well by doing good“ – frei übersetzt „Wer Gutes tut, dem geht es gut“ – spielen die 2015 von der UNO-Vollversammlung beschlossenen 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) eine große Rolle für das Unternehmen. Insbesondere die Ziele 6, „Wasser und sanitäre Versorgung für alle“, und 13, „Maßnahmen zum Klimaschutz“, fallen in die Expertise des rechtlich als Stiftung geführten Konzerns. Rund 10 % des weltweiten Strombedarfs gehen an elektrisch betriebene Pumpen. Diese Tatsache verdeutlicht, was für extrem wichtige Geräte Pumpen auf der ganzen Welt sind, und bei Weitem nicht nur als „Herz“ industrieller Anlagen. Die Hälfte aller Pumpen auf der Welt fördert Wasser, ein großer Teil davon in der Trinkwasserversorgung und der Abwasseraufbereitung. Gesteigerte Energieeffizienz einer Pumpe kann somit den Energiebedarf und somit die CO2-Emissionen der Weltbevölkerung senken und die Wasserversorgung verbessern. Digitale Lösungen haben in diesem Fall globale Auswirkungen.