Die meisten Probenmaterialien lassen sich durch die Wahl des geeigneten Zerkleinerungsgerätes problemlos mahlen. Die Beanspruchungsmechanismen wie Prall, Druck, Scherung, Schneiden, Reibung reichen bei Raumtemperatur aus, um das Material auf die benötigte Partikelgröße zu zerkleinern. Was aber kann man tun, wenn die mechanische Beanspruchung allein nicht ausreicht, um das Probenmaterial in möglichst kleine Partikel zu überführen? Eine Lösung dieser Problematik bietet der Einsatz von Flüssigstickstoff, der das Bruchverhalten solcher Materialien begünstigt. Bei vielen Polymeren (Kunststoffen wie PP, PET, PA, etc.), aber auch bei anderen Materialien, kommt es aufgrund ihres viskoelastischen Verhaltens bei der Vermahlung nur zu einer plastischen Verformung. Statt zu brechen, verbiegen sich die Materialien und bei großer Wäremeentwicklung können manche Kunststoffe sogar schmelzen. Werden solche elastische Kunststoffe in flüssigen Stickstoff getaucht, wird die Glasübergangstemperatur unterschritten und dadurch die Fähigkeit des Materials reduziert, einer hohen mechanischen Beanspruchung durch elastisch-plastisches Verhalten oder viskoses Fließen auszuweichen. Dies führt zu einem spröden Bruchverhalten, das bedeutet die Probe bricht wie Glas.
Kunststoff gekühlt vermahlen
Ein typisches Beispiel für das Vermahlen eines Kunststoffs ist die Zerkleinerung des sehr elastischen Ethylenvinylacetat (EVA). Dieses soll für die nachfolgende Extraktion und IR-Spektroskopie auf eine Partikelgröße von unter 100µm zerkleinert werden. Da der Glaspunkt des Kunststoffs unter der Raumtemperatur liegt, muss das Material zum Mahlen stark gekühlt werden. Die der mit Stickstoff gekühlte Schwingmühle Cryomill zerkleinert den Kunststoff in zwei Schritten. Zunächst wird 3g Probenmaterial, bestehend aus 10x10mm Folienstücken mit einer Dicke von etwa 2mm, in einem 35-ml-Becher aus rostfreiem Stahl gegeben. Mit einer 20mm großen Mahlkugel bei einer Frequenz von 25Hz wird der Kunststoff innerhalb von vier Minuten auf weniger als 1mm vorzerkleinert. Anschließend wir die Probe noch einmal mit neun Mahlkugeln mit einer Größe von 10mm bei einer Frequenz von 25Hz feinzerkleinert. Nach zehn Minuten erhält der Anwender ein feines Pulver mit einer Endfeinheit unter 100µm.
Leder mahlen
Ein anderes schwer zu mahlendes Material ist Leder. Die Schneidmühle wäre die naheliegende Wahl, allerdings ist die erreichbare Endfeinheit dabei auf etwa 1mm begrenzt. Um feinere Ergebnisse zu erzielen, zum Beispiel für die eine Extraktion oder einen Aufschluss für eine nachfolgende chromatographische oder spektroskopische Analytik, wurde die Probe des Lederhandschuhs in der Schwingmühle Cryomill und parallel in einer Standard Kryomühle aufbereitet. Nach fünf Minuten Mahldauer erzielt die Schwingmühle eine Endfeinheit von etwa 250µm während die Standardmühle das Leder fast gar nicht zerkleinert.
Stickstoff zum Kühlen genau und automatisch dosiert
In der Schwingmühle Cryomill wird der Mahlbecher vor und während der Vermahlung durch das integrierte Kühlsystem mit flüssigem Stickstoff kontinuierlich gekühlt. Dadurch wird die Probe versprödet und leichtflüchtige Bestandteile bleiben erhalten. Der Stickstoff befindet sich in einem offenen Kreislauf und muss nicht per Hand nachgefüllt werden. Mit dem Autofill-System wird Stickstoff immer genau in der Menge nachdosiert, die zur Temperaturkonstanz bei -196°C nötig ist. Die automatische Kühlung garantiert, dass mit der Vermahlung erst dann begonnen wird, wenn die Probe vollständig durchgekühlt ist. Das reduziert den Verbrauch und gewährleistet reproduzierbare Mahlergebnisse.
Mit Prall und Reibung zerkleinern
Durch Programmierung der verschiedenen Zerkleinerungsparameter werden Routinevermahlungen vereinfacht. Über Leuchtdioden auf dem Display kann der Anwender jederzeit kontrollieren, welcher Schritt aktuell bearbeitet wird. Mit einer Schwingfrequenz von 25Hz zerkleinert die Mühle innerhalb weniger Minuten auf den eingestellten Zerkleinerungsgrad. Dabei ist der dominierende Zerkleinerungsmechanismus die Prallbeanspruchung. Der Mahlbehälter der Cryomill führt dafür in horizontaler Lage kreisbogenförmige Schwingungen aus. Durch die Trägheit der Kugeln schlagen diese mit hoher Energie auf das an den abgerundeten Stirnflächen befindliche Probengut auf, wodurch dieses zerkleinert wird. Gleichzeitig wird auch durch Reibung das Material zerkleinert. Damit erreicht die Cryomill eine höhere Endfeinheit des Produkts als andere vergleichbare kryogene Mühlen. Die Schwingmühle verfügt über eine Mahlstelle für Mahlbecher mit Volumina von 25, 35 und 50ml. Alternativ kann ein Adapter eingesetzt werden, der bis zu vier Mahlbecher mit 5mm Volumen aufnehmen kann. Die Mühle erlaubt auch den Betrieb ohne Kühlung.
Bei vielen Materialien ist die Kryogenvermahlung die einzige Methode, mit der sich Partikelgrößen unter 500µm erzielen lassen. Das jedoch ist eine wesentliche Voraussetzung für zuverlässige und aussagekräftige Analyseergebnisse. Die Cryomill eignet sich für die Zerkleinerung temperaturempfindlicher Materialien, deren Glaspunkt unter der Raumtemperatur liegt. Die erzielte Endfeinheit liegt über der vergleichbarer Mühlen, auch bei schwierigen Materialien wie Autoreifen oder Leder. Für ein sicheres und einfaches Handling wird der Stickstoff im Kreislauf geführt.