Walkvorrichtung

Die in die Entleerstation integrierte Walkvorrichtung ermöglicht einen vollständigen Produktaustrag. (Bild: Engelsmann)

  • Hersteller von Kunstharzen stehen vor besonderen Herausforderungen, da die benötigten Ausgangsstoffe sehr unterschiedliche Eigenschaften haben.
  • Der Lösungsanbieter für Schüttguttechnik hat eine schlüsselfertige Anlagenlösung entwickelt, die alle Arbeitsschritte von der Aufgabe bis zur Abfüllung abdeckt.
  • Die größtenteils automatisierte Lösung ermöglicht ein sicheres Arbeiten ohne Staubemissionen und das exakte Befüllen der Gebinde für den Verkauf.
Mischschaufeln

Das T-Schaufelmischwerk mit integriertem Abstreifer ist auch für hochviskose Produkte wie Epoxidharz geeignet. Bild: Engelsmann

Hier ist schon die Herstellung der Komponenten eine Kunst für sich: Kunstharze bestehen aus zwei Komponenten, dem reinen Epoxidharz sowie einer Aminogruppe, den sogenannten Härtern. Erst wenn diese beiden Komponenten in einem bestimmten Mengenverhältnis miteinander vermischt werden, reagieren die Moleküle, und durch das Aushärten entsteht ein unschmelzbarer, duroplastischer Werkstoff.

Entscheidend für Reaktionsfähigkeit von Epoxidharz und Härter ist es jedoch, auch die jeweiligen Vorprodukte im richtigen Mischungsverhältnis zusammenzubringen und mit dem optimalen Mischverfahren zu einem homogenen Endprodukt zu verarbeiten. Wie genau eine solche Anlagenumgebung aussehen kann, zeigt das Beispiel des Lösungsanbieters Engelsmann: Ein Hersteller von Epoxidharz war auf der Suche nach einem Anlagenkonzept, mit dem er nicht nur den Mischvorgang, sondern auch die dosierte Zuführung der Einzelkomponenten in den Produktionsprozess sowie die anschließende Fassabfüllung von Harz und Härter abbilden kann – und zwar in dreifacher Ausführung. Da Produktionsniederlassungen in anderen Teilen der Welt bereits eine gut funktionierende Misch-, Förder-, und Abfüllanlage von Engelsmann einsetzen, war diese Lösung auch die Planungsgrundlage für das anstehende Projekt.

Von der Aufgabe bis zur Abfüllung

In der geplanten Kunstharz-Anlage sollten drei identische Produktionslinien entstehen, eine für die Epoxidharz- und zwei für die Härterherstellung. Der Wunsch des Betreibers war es, einzelne Bestandteile wie Aerosil, Füllstoffe sowie ein spezieller Harz- beziehungsweise Härter-Premix aus ihrem jeweiligen Lagergebinde entleeren zu können und dem Herzstück jeder Produktionslinie, dem Mischer, zuführen zu können. Durch den Mischprozess verbinden sich die einzelnen Stoffe zu einem zähflüssigen Gemisch, und die eigentliche Harz- beziehungsweise Härterkomponente entsteht. Da das Produkt anschließend in den Verkauf geht, sollte die Anlagenlösung auch den dosierten Austrag aus dem Trommelmischer sowie die Fassabfüllung abbilden. Der Prozess an sich klingt einfach, birgt jedoch einige Schwierigkeiten; beispielsweise die unterschiedlichen Stoffeigenschaften der einzelnen Komponenten. Während die eingesetzten Füllstoffe über gute Fließfähigkeit verfügen, neigt Aerosil mit seiner sehr geringen Schüttdichte sowohl zur starken Staubbildung als auch zu Anbackungen und leichter Agglomeration. Die zugeführten Premixes allerdings liegen in flüssiger Form vor. Dass die unterschiedlichen Produkteigenschaften und Aggregatsformen auch unterschiedliche Anforderungen an das Produktionsequipment stellen, zeigt sich bereits bei der Entleerung der Gebinde und Zuführung der Vorprodukte in den Trommelmischer.

Emissionsfreies Entleeren

Zuerst wird der flüssige Premix über bauseitige Pumpen und Rohrleitungen aus seinem Lagertank entleert und dem Trommelmischer zugeführt. Erst danach erfolgt die Zuführung der Feststoffe. Sowohl Aerosil als auch die Füllstoffe erhält der Anwender in Big-Bags, jedoch muss er diese auf unterschiedliche Weise entleeren: Aufgrund ihrer guten Rieselfähigkeit entleeren die Füllstoffe direkt in den Trommelmischer – ohne Einsatz einer Big-Bag-Entleerstation oder etwaigen Hilfen. Hierfür ist mittig auf dem Trommelmischer eine Entleereinheit angebaut. Den vollen Big-Bag hebt eine Kranbahn an und lässt ihn über der Entleereinheit wieder ab. Der Bediener spannt, auf einer Bühne neben dem Mischer stehend, den Auslaufstutzen des Big-Bags in die Entleertation ein und betätigt den Verschlussmechanismus. Nachdem der Big-Bag-Auslauf geöffnet wird, entleeren sich die Füllstoffe quasi von alleine und ohne den Einsatz eines Förderorgans direkt in den Trommelmischer. Beim Aerosil muss das Personal jedoch mit einer Entleerstation arbeiten, um das feinpudrige und leicht anbackende Produkt trotzdem schnell und ohne Staubemissionen entleeren zu können. Das Beschicken der Station erfolgt über eine integrierte Kranbahn mit Kettenzug. Per Knopfdruck fährt der Anwender den Big-Bag in die Entleerposition, wo die Verbindung mit der Entleereinheit stattfindet. Um Bediener und Anlagenumgebung vor einer zu hohen Staubbelastung zu schützen, ist diese Einheit doppelt abgedichtet und so konstruiert, dass selbst beim Lösen des Big-Bags keine Produktreste in die Umgebung entweichen können.

Entleerung mit Aufs und Abs

Damit sich das feine Aerosil nicht in den Falten des Big-Bags absetzt, wurde die Station zusätzlich mit einer Walkvorrichtung ausgestattet, um einen effizienten und vor allem vollständigen Produktaustrag zu ermöglichen. Die Walk­vorrichtung besteht aus zwei Auflagewangen, auf denen die Big-Bag-Unterseite abgelegt wird. Diese bewegen sich beim Entleervorgang abwechselnd nach oben und heben so je eine Seite des Big-Bags an, dadurch verbessert sich der Schüttwinkel, und das Produkt rieselt in den Entleertrichter. Über eine pneumatische Membranpumpe wird das Aerosil nun abgesaugt und über Rohrleitungen senkrecht nach oben und direkt in einen Einlauf des Trommelmischers gefördert. Damit diese Produktzuführung gewichtsgenau stattfinden kann, ist die Big-Bag-Entleerstation zusätzlich mit Wiegezellen ausgestattet. Mithilfe der elektrischen Steuerung gibt der Bediener einfach die gewünschte Produktmenge ein, die er dem Mischer zuführen will, und der Entleer- und Förderprozess startet. Sobald die gewünschte Menge erreicht ist, unterbricht das System den Materialeintrag in den Entleertichter durch ein pneumatisches Quetschventil und schaltet die Pumpe ab.

Volumen je nach Bedarf

Jetzt kann der wichtigste Prozess, das Durchmischen der einzelnen Kunstharz- bzw. Härterkomponenten, beginnen. Hier fiel die Wahl auf einen Trommelmischer des Schüttgut-Spezialisten: Die zylindrische Trommel der Mischerbaureihe kann der Hersteller je nach Bedarf auslegen, sodass die im Beispielfall geforderten 3.200 l Fassungsvermögen für die Härter- beziehungsweise 6.300 l für die Harzproduktion kein Problem darstellten. Das rotierende T-Schaufelmischwerk im Inneren des Behälters ist speziell an dessen Geometrie angepasst, wodurch es das Mischgut in eine dreidimensionale Bewegung zwingt. Hierdurch vermischen sich die Komponenten intensiv miteinander, auch wenn sie sich stark hinsichtlich Mengenverhältnis, Schüttgewicht und Körnung unterscheiden. Bereits nach wenigen Minuten reagieren Aerosil, Füllstoffe sowie der flüssige Premix miteinander und verbinden sich zu einem hochviskosen Produkt. Die T-Schaufeln sind zwar so ausgerichtet, dass sie das Mischgut zum Auslauf hin transportieren. Durch die hohe Viskosität würden sich jedoch Reste an der Innenwand der Mischkammer festsetzen. Um dem entgegenzuwirken, stattete der Hersteller den Trommelmischer mit zwei Abstreifern aus. Diese rotieren an beiden Seiten des Mischers, wodurch sie Produktanhaftungen von der Oberfläche abschaben und dem Mischprozess wieder zuführen.

Dem Prozess bleibt die Luft weg

Um die einwandfreie Qualität des Endprodukts zu ermöglichen, ist es wichtig, dass sich während des Mischprozesses weder im Harz noch im Härter Luftbläschen ausbilden. Um das zu vermeiden, wurde der Trommelmischer mit Filterkörben ausgestattet, die jeweils mit einer Vakuumpumpe verbunden sind. Sind diese aktiviert, entziehen sie dem Mischbehälter jegliche Luft und beugen so einer Blasenbildung vor. Da der Mischer zusätzlich mit einem Drucksensor sowie einem Temperaturfühler ausgestattet ist, kann der Bediener diese Parameter stets über die integrierte Steuerung verfolgen, um bei Unregelmäßigkeiten gegebenenfalls eingreifen zu können. Nachdem der Mischvorgang beendet ist, öffnet sich die Auslaufklappe und das System fördert die fertige Harz- beziehungsweise Härterkomponente durch die nun langsam rotierenden T-Schaufeln in Richtung Auslauftrichter, wo sie in die darunter angebaute Exzenterschneckenpumpe fließt. Diese fördert das Produkt bis zur letzten Station der Anlage, der Fassabfüllung.

Ein Knopfdruck reicht aus

Da der Betreiber Kunstharz und Härter direkt in die jeweiligen Verkaufsgebinde abfüllt, erfolgt auch dieser letzte Prozessschritt dosiert. Dazu wurde am Auslaufrohr der Schneckenpumpe eine Wiegeplattform platziert, bestehend aus einer quadratischen Bodenwaage mit eingebautem Drehteller. Mithilfe eines Staplers platziert der Bediener jeweils eine Palette mit vier leeren Fässern so auf dem Drehteller, dass eins der Fässer direkt unter dem Schneckenauslauf steht. Das Abfüllen des Produkts startet er dann per Knopfdruck über die elektrische Steuerung. Der Bediener muss lediglich die gewünschte Menge eingeben und der Befüllvorgang läuft so lange, bis die Bodenwaage ein Signal an die elektrische Steuerung übergibt, dass die Füllmenge erreicht wurde. In diesem Moment stoppt die Anlage den Abfüllvorgang automatisch, indem sich die Auslaufklappe des Mischers schließt. Um zu verhindern, dass auch nach dem Stoppen des Materialflusses Produktreste in der Exzenterschnecke in die Fassabfüllung nachlaufen, ist die elektrische Steuerung so eingestellt, dass sich bei Erreichen des Füllgewichts auch die Exzenterschnecke abschaltet. Dies stellt für den Epoxidharz-Hersteller sicher, immer exakt die richtige Menge an Produkt abzufüllen und in den Verkauf zu geben.

Schüttgut 2017 Halle E19 – 4

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