- Der Einsatz von maßgeschneiderten Prototypen in der Trenntechnik verursacht nicht nur hohe Kosten, sondern bedeutet auch ein Investitionsrisiko.
- Durch einen modularen Aufbau kann eine neue Baureihe an Dekantierzentrifugen an spezifische Anforderungen angepasst werden.
- Eine flexible Steuerung ermöglicht es, die Maschinen später auch nachzurüsten.
Die neuen Dekantierzentrifugen von Andritz sind für Industrie-, Chemie-, Lebensmittel-, und Umweltanwendungen geeignet und sollen die bestehenden Dekanterserien des Herstellers ergänzen. Durch ihren modularen Aufbau können sie an die Anforderungen des Prozesses angepasst werden. Dadurch erübrigen sich die mit dem Einsatz eines maßgeschneiderten Prototyps verbundenen Risiken und Kosten. Die neuen Dekanterzentrifugen basieren auf einer einheitlichen Design-Plattform, die flexibel erweitert und mit verschiedenen Modulen entsprechend den Anforderungen konfiguriert werden kann. Mit den aus Modulen „maßgeschneidert“ aufgebauten Maschinen ist es möglich, Kosten und Lieferzeiten zu reduzieren und den Service zu vereinfachen.
Breites Einsatzsspektrum
Durch das breite Spektrum an angebotenen Parametern können Anwender zwischen niedrigen und hohen Kapazitäten, Temperaturen von -80 bis 180 °C und pH-Werten von 1 bis 10 wählen. Die Dekanterzentrifugen können für Suspensionen bzw. Schlamm im Zulauf – von niedrigen Feststoffkonzentrationen bis hin zu Materialströmen mit einem hohen Feststoffanteil – verwendet werden und sind in der Lage, viele verschiedene Arten von Suspensionen aufzubereiten: von Lebensmitteln bis hin zu abrasiven Mineralien, klebrig bis staubig, oder von niedriger bis hoher Dichte. Die Dekanter sind auch für eine große Anzahl an unterschiedlichen Einsatzbedingungen – von harmlos bis gefährlich – geeignet. Zu den individuellen Lösungen gehört beispielsweise der Einsatz eines Zentrifugengehäuses aus speziellem Kunststoff für höchstkorrosive Anwendungen, dessen Widerstandskraft gegen Schlagbelastungen, die bei Dekantern im Betrieb auftreten können, auf einem Schießstand nachgewiesen wurde.
Der erste A12-Dekanter mit Eigenschaften aus der neuen Dekanterserie wurde an einen Anwender in der chemischen Industrie verkauft; er ist der weltweit größte Dekanter, der für die Polymerproduktion eingesetzt wird. Im Bereich der Industrieabwasserreinigung wurde eine mittelgroße Version der neuen A-Serien-Dekanter für die Eindickung von Salzwasserschlamm verkauft.
Zentrifugensteuerung sorgt für höhere Verfügbarkeit
Ergänzt werden die Dekanterzentrifugen durch das Steuerungssystem Centritune, das langjährige Erfahrungen mit Zentrifugen und verschiedenen Verfahren in einer leicht bedienbaren Maschinenschnittstelle bündelt. Die Steuerung kann einfach in eine bestehende Anlage oder eine Neuanlage integriert werden. Mit umfassenden Werkstests vor der eigentlichen Inbetriebnahme wird eine rasche Inbetriebnahme sichergestellt.
Das modulare PLC-System und die langfristige Verfügbarkeit von Ersatzteilen ermöglichen es, das Steuerungssystem auch beim zukünftigen Ausbau einer Anlage anzupassen. Wird das geprüfte Steuerungspaket für alle zentrifugenbezogenen Funktionen eingesetzt, kann eine höhere Maschinenverfügbarkeit und Leistung erreicht werden. Die Steuerung ermöglicht zudem eine vorbeugende Wartung und ein Sicherheitskonzept, mit dem sich Stillstandszeiten reduzieren lassen. Centritune kann bei bestehenden Dekantern – unabhängig vom ursprünglichen Hersteller – installiert werden.
Interview mit Johann Grossalber, Andritz Separation
„Besserer Investitionsschutz durch modularen Aufbau“
CT: Welche Elemente zeichnen den modularen Aufbau aus?
Grossalber: Die Modularität der Dekanter umfasst eine ganze Bandbreite an Elementen, die je nach Anwendung konfiguriert werden können. Ein Beispiel ist die Lagerungs- und Schmierungstechnologie: von Fettschmierung über Ölluftschmierung bis Ölumlaufschmierung oder auch Öldauerschmierung, vorzugsweise für die Schneckenlager, bieten wir verschiedene Optionen an. Außerdem kann eine Bandbreite an Dichtungs- und Gehäusevarianten konfiguriert werden: im Standard mit Labyrinth oder auch als brüdendichte, gasdichte oder druckfeste bis hin zu hygienischen Ausführungen, entsprechend der Prozessanforderung. Darüber hinaus wird der entsprechende Verschleißschutz gewählt, um die Standzeit zu optimieren. Dies alles vor dem Hintergrund der jeweiligen Anwendung und Maschinenumgebung. Denn der bestmögliche Verschleißschutz, im Sinne von Performancelevel, muss nicht immer der wirtschaftlichste sein. Nicht zuletzt ist die Instrumentierung zur Überwachung des Maschinenzustands und Regelung des Maschinenbetriebs ein wichtiges Element des modularen Aufbaus.
CT: Welcher praktische Nutzen entsteht daraus für die Anwender und für Sie als Hersteller?
Grossalber: Der Anwender profitiert ganz klar von zusätzlicher Flexibilität. Schließlich wird der Dekanter entsprechend seiner individuellen Anforderung konfiguriert. Features, die im jetzigen Prozess nicht benötigt werden, müssen dementsprechend auch nicht finanziert werden. Diese können allerdings im Bedarfsfall modular nachgerüstet werden. Gerade bei geänderten Prozessbedingungen stellt dies einen deutlichen Kostenvorteil für den Kunden dar. Nicht zuletzt profitiert er auch von einer deutlich verbesserten Ersatzteilversorgung. Für uns als Hersteller hat sich das Logistikmanagement vereinfacht, was teilweise auf optimierte Lagerhaltung zurückzuführen ist.
CT: Welche Anwendungsszenarien im Hinblick auf sich über die Betriebszeit ändernde Anforderungen sehen Sie?
Grossalber: Der modulare Aufbau ermöglicht einfache Nachrüstungen oder Umbauten, da Baugruppen einzeln ausgetauscht werden können. Dies ist insofern wichtig, da der Kunde bei sich ändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen flexibel reagieren kann. Letztendlich bedeutet dies natürlich auch einen verbesserten Investitionsschutz.
CT: Welche Möglichkeiten zum Ausbau/der Nachrüstung bestehen?
Grossalber: Bereits erwähnte Elemente wie Lagerungen, Dichtungen und auch der Verschleißschutz können an veränderte Prozessbedingungen angepasst werden, das heißt, ein Upgrade dieser Elemente lässt sich relativ einfach realisieren. Darüber hinaus hat die Integration von Steuerungsmodulen eine ganz besondere Bedeutung und wird von Kunden auch vermehrt nachgefragt.
Mit Centritune bieten wir eine Automatisierungs-Produktlinie an, deren Kern ein Steuerungssystem ist, welches auf einer speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) basiert. Auch unsere Automatisierungs-Produktlinie ist modular aufgebaut. Centritune Core, das Basismodul, ist ein geprüftes Steuerungspaket für alle zentrifugenrelevanten Funktionen. Dieses Basismodul kann durch Zusatzoptionen wie Cleaning in Place, CIP, erweitert werden. Die CIP-Zusatzoption ist eine Hardware-und Software-Erweiterung für Anwendungen, bei der eine höhere Reinigungseffizienz erforderlich ist und eine standardmäßige Maschinenspülung nicht ausreicht. Die Reinigungszyklen können hierdurch automatisch gesteuert werden.
Weitere Zusatzoptionen können sogar eine vorbeugende Wartung ermöglichen, wenn das Steuerungssystem mit Alarmen ausgestattet wird. Diese Alarme werden auf Basis der Maschinenauslastung und der Betriebsstunden errechnet. Sie ermöglichen eine zeitgenaue Interventions- und Ressourcenplanung.
CT: Welche Trends sehen Sie hinsichtlich der Automatisierung und der Integration von Dekantern in die Automatisierungsstruktur eines Unternehmens?
Grossalber: Besondere Bedeutung haben bei der Automatisierungsstruktur eines Unternehmens innovative Softwarelösungen für die Service-, Inspektions- und Wartungsplanung von Maschinen und Anlagen. So können wir mit unserem Smart Service integrierte und universell einsetzbare Software liefern, unabhängig vom Anwendungsgebiet. Hierdurch ist eine automatische Auswertung der ausgeführten Arbeiten und der Übertrag in die Wartungsplanung möglich. Der Kunde hat online Zugang zu Wartungs- und Betriebsanweisungen, Ersatzteillisten und sonstigen Anlagendokumentationen. Außerdem kann eine Trendauswertung für Labor- und Prozessdaten erfolgen. Die Verknüpfung des elektronischen Schicht- bzw. Betriebstagebuchs mit dem Wartungsplanungs-Softwaremodul ermöglicht ein optimiertes Management von Personal, Ersatzteilen und Betriebsmitteln. Die Serviceabwicklung kann sogar über ein Tablet gesteuert werden. Außerdem wird das Thema Ferndiagnose für Anlagenbetreiber immer wichtiger. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Anlagenbetreiber kommt seiner Nachweispflicht (Sicherheits- und Analysedaten) nach und bekommt übersichtliche, auf den individuellen Bedarf zugeschnittene, Wartungspläne an die Hand. Alles mit dem Ziel einer höheren Anlagenverfügbarkeit durch eine optimierte Arbeitsplanung, die schnellere und koordinierte Fehlerbehebung und Reparaturen ermöglicht.
Die Fragen stellte Armin Scheuermann, Chefredakteur CHEMIE TECHNIK.