Dezember 2015

Schwierige Suche nach Investoren
Nach ersten erfolgreichen Projekten geht es den Mitgliedern des Clusters jetzt darum, Betreiber zu finden, die die Technologie mittels Großanlage kommerzialisieren. Anlagen mit einem jährlichen Output von 500.000 t sind laut Horst Mosler, Geschäftsführer des Bioeconomy-Cluster Managements (BCM), kein Problem: „Die Konzepte für solche Anlagen liegen bei den einschlägigen Betreibern im Grunde bereits in der Schublade. Was fehlt, ist der Mut, als erster Neuland zu betreten – die Prozesstechnik ist ja von Haus aus eine eher konservative Branche.“ Ein Hindernis ist laut ihm derzeit auch nicht zuletzt die Finanzierung eines solchen Projektes, das im Großmaßstab rund 700 Mio. Euro kosten könnte: „Hier sind Regierung und EU gefordert, ein investitionsfreundliches Klima zu schaffen, beispielsweise durch die Subventionierung solcher Technologien. Durch den aktuell niedrigen Ölpreis wird es sonst schwierig, ein Unternehmen zu finden, das das finanzielle Risiko alleine schultern wird. Es ist unser festes Ziel, hier nicht nur die Prozesse zu entwickeln und dann Lizenzen ins Ausland zu verkaufen, sondern die Produktion nach Sachsen-Anhalt zu holen.“ Im Schulterschluss mit dem VCI werben Mosler und sein Team darum gerade bei den einschlägigen Ministerien um Unterstützung.

Rohstoffpreise erschweren Durchbruch
Auch der Blick über den sächsischen Tellerrand zeigt: Wenn es um den Bau von Prozessanlagen für Basischemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen geht, kann man derzeit auch auf globaler Ebene noch von keinem Boom sprechen – so die Erfahrung des Anlagenbauers des Clusters, Thyssen Krupp Industrial Solutions. Um das Geschäft anzukurbeln, hat das Unternehmen daher in Leuna für interessierte Betreiber eine Versuchsanlage mit 1.000 Jahrestonnen errichtet: „Hier können Kunden ihr eigenes Produkt mitbringen und testen, ob das Ergebnis ihre Erwartungen erfüllt“, erklärt Matthias von Minden, Head of Sales Department Biotechnologies Division bei Thyssen Krupp. In Louisiana, USA, steht sogar bereits eine von Thyssen Krupp gebaute Großanlage, die jährlich 15.000 t Bernsteinsäure auf Zuckerbasis produziert. Allerdings schränkt von Minden ein: „Auch dabei handelt es sich um ein staatlich gefördertes Projekt.“ Denn die Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen steht und fällt mit den Weltmarktpreisen der konkurrierenden Rohstoffe. Hersteller von Kunststoffen könnten beispielsweise derzeit nicht am Markt bestehen, wenn sie mit Grüner Chemie gegen Petrochemie antreten würden. Für solche Betreiber rechnet sich das Geschäft mit nachwachsenden Rohstoffen nach Einschätzung von Mindens erst ab einem Ölpreis von circa 80 US-Dollar. „Mitentscheidend ist hier allerdings natürlich auch immer der Konsument: Er entscheidet, ob er bereit ist, für die Bio-Tüte an der Supermarktkasse einen höheren Preis zu zahlen oder nicht“, so von Minden.

Das goldene Ei im Promillebereich
Dass es sich trotz der eher ungünstigen Rohstoffpreise aber dann doch schnell lohnen kann, in Aufschluss-Verfahren von nachwachsenden Rohstoffen zu investieren, weiß BCM-Geschäftsführer Mosler: „Derzeit laufen innerhalb unseres Clusters sieben Forschungsprojekte rund um die chemische Nutzung unserer Buchenbestände. Hier spielt das kommerzielle Potenzial der Produkte und die Prozessökonomie natürlich eine große Rolle bei der Entscheidung, ob diese weiter verfolgt werden. Bei einem dieser Projekte fand eines unserer Mitgliedsunternehmen am Ende ihres Aufschlussverfahrens eher zufällig ein Nebenprodukt, das in einer Konzentration von gerade 0,1 Prozent vorlag. Aber da es sich dabei um einen für die Agrar- und Pharma-Industrie interessanten Stoff handelt, wurde untersucht, ob man den Syntheseprozess zum Produkt auch gezielt steuern und die Ausbeute steigern kann. Als dies mit hohen Umsetzungsraten gelang, wurde sichtbar, wie sich die Prozessökonomie durch eine erweiterte Mehrproduktstrategie noch deutlich steigern lässt.“ Sollten die Cluster-Mitglieder also künftig noch mehr solcher Funde machen, könnten vielleicht schon bald Chemieprodukte „Made in Mitteldeutschland“ den Weltmarkt betreten.

Baum statt Bohrloch
Das Bioeconomy Cluster im Detail

Im Bioeconomy Cluster arbeiten Partner aus Industrie und Forschung an den Grundlagen der stofflichen und energetischen Nutzung von Non-Food-Biomasse. Als eng vernetzte Kompetenzregion für die Bioökonomie werden relevante Branchen wie Holz- und Forstwirtschaft, chemische Industrie, Kunststoffindustrie und Anlagenbau verknüpft. Seit 2012 ist der Bioeconomy Cluster Spitzencluster des Bundesministeriums für Bildung und Forschung BMBF.

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