Mental world of human concept.

(Bild: chombosan – AdobeStock)

  • Die digitale Transformation des Engineerings wird zum Katalysator für Innovationen.
  • Betreiber und Planer müssen weg von einem dokumentenzentrischen und hin zu einem datenzentrischen Ansatz.
  • Sobald die technischen Anlagendaten konsolidiert sind und in hoher Qualität zur Verfügung stehen, können noch weitere, intelligente Softwarelösungen eingesetzt werden.

Das Marktforschungsunternehmen Construction Intelligence Center schätzt, das die chemische Industrie im kommenden Jahr Projekte im Milliardenbereich in Angriff nehmen wird. Daher ist es für die gesamte Branche wichtiger denn je, neue Technologien einzuführen. Die nächste Generation der Ingenieurtechnik kann dazu beitragen, die Herausforderungen zu bewältigen.Zwei der großen Herausforderungen für Chemieunternehmen sind die Übernahme und die Fusion von Unternehmen. Immer mehr Unternehmen versuchen, ihre Rentabilität zu verbessern und ihr Geschäft zu diversifizieren, indem sie sich mit anderen führenden Unternehmen ihrer Branche zusammenschließen. Diese Eigentümerwechsel beinhalten aber auch die Übergabe und Konsolidierung von großen Mengen an Anlagendaten und Dokumentation. Hinzu kommt, dass der Umfang und die Komplexität von Projekten ständig zunehmen. Eine effiziente Zusammenarbeit der zum Teil an unterschiedlichen Standorten weltweit angesiedelten Stakeholder wird dadurch immer wichtiger. Dabei gilt es, diese Komplexität in den Projekten beherrschbar zu gestalten. Das kann dadurch erfolgen, indem Anlageninformationen aus verschiedenen Datenquellen konsolidiert und Arbeitsabläufe über die gesamte Wertschöpfungskette optimiert werden.

Dazu kommen komplexere behördliche Anforderungen und höhere Auflagen. Das hat direkte Auswirkung für das Personal und dessen tägliche Arbeit in einer chemischen Anlage. Für Betriebsingenieure, die ihre Arbeit sicher und gesetzeskonform ausführen müssen, wird der Zugriff auf digitale Anlageninformationen daher immer wichtiger.

Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, setzen immer mehr Unternehmen auf die Konzepte der Industrie 4.0. Durch den Einsatz von Technologie wollen sie eine digitale Transformation durchlaufen, mit dem Ziel, intelligente Produktionsanlagen zu schaffen und allen Mitarbeitern Zugriff auf digitale Anlageninformationen zu geben – auch auf die Bestandsdaten.

Hindernisse auf dem Weg zur Industrie 4.0

Dem Digital Transformation Monitor der Europäischen Kommission zufolge soll in Deutschland bis 2020 über eine Milliarde Euro für Digitalisierungsprojekte aufgewendet werden. Laut der 2016 Global Industry 4.0 Survey von PwC erwarten die mehr als zweitausend an der Befragung beteiligten Unternehmen einen signifikanten Anstieg ihrer digitalen Reife. Während derzeit nur 33 % der Befragten ihr Unternehmen als in dieser Hinsicht fortgeschritten bezeichneten, gehen über 70 % davon aus, dass dies im Jahr 2020 der Fall sein wird. Da die Digitalisierung von Engineering-Prozessen und der Industrie-4.0-Ansatz für das Fortbestehen jedes Unternehmens immer wichtiger wird, ist es sinnvoll, zu ergründen, was Industrieunternehmen davon abhält, die Prinzipien der Industrie 4.0 zu übernehmen.

Eines der Hauptprobleme besteht darin, dass viele Unternehmen immer noch in dokumentenzentrischen Prozessen arbeiten, in vielen Fällen sind Anlageninformationen sogar nur in Papierform vorhanden. Die Daten stehen oft in den unterschiedlichsten Quellen zur Verfügung: in Papierarchiven, lokalen Datenbanken, Microsoft-Excel-Listen, Legacy-Systemen, 3D-Modellen, Punktwolken usw. Jede Abteilung pflegt ihren eigenen Datenbestand, dieser wird in der Organisation häufig nicht geteilt.

Ein dokumentenzentrischer, aber verteilter Ansatz für die Verwaltung von Anlageninformationen bringt viele Herausforderungen mit sich: mangelnde Transparenz, schlechte Datenqualität, Mehrfach-Versionen von Informationen und Schwierigkeiten für das Anlagenpersonal, auf die richtigen Informationen zeitnah zuzugreifen. Wenn kein digitales Abbild der Prozessanlage vorhanden ist, oder aber vorhandene Informationen schlecht verwaltet sind, wird es sehr schwierig bis unmöglich Schritte in Richtung Industrie 4.0 und einer intelligenten Prozessanlage umzusetzen.

Digitaler Zwilling aus der Laserscan-Punktwolke

Welche Schritte muss ein Unternehmen tätigen, um die digitale Transformation in Gang zu setzen? Mit anderen Worten: Was ist erforderlich, um die Umsetzung in Richtung Industrie 4.0, also zur digitalen Anlage, vorzubereiten? Der erste Schritt ist denkbar einfach – zunächst gilt es, die dokumentenzentrische Arbeitsweise abzulegen und eine datenzentrische Umgebung für technische Anlagendaten und Informationen zu schaffen. Im ersten Schritt müssen dafür alle vorliegenden technischen Daten und Dokumente in einem zentralen System konsolidiert werden und somit ein vollständiges, digitales Abbild der Prozessanlage – den sogenannten digitalen Zwilling – zu erstellen. Laser Scanning Technologien, die mittlerweile von vielen Anlagenbetreibern eingesetzt werden, sind das Werkzeug der Wahl, um die Bestandsinformationen ihrer Anlagen zu erfassen, zu verfeinern und zu vervollständigen.

Dabei wird die Anlage durch einen Laserscanner aufgenommen. Jeder Scanvorgang dauert nur etwa fünf Minuten – dies genügt, um Millionen von Datenpunkten zu erfassen und gleichzeitig hochauflösende Fotos des gescannten Bereichs zu erstellen. Die Ausrüstung ist sehr flexibel einsetzbar und kann schnell zwischen den Scanstationen hin- und hertransportiert werden, um so die gesamte Anlage rasch zu erfassen. Die hohe Reichweite des Laserscanners ermöglicht es, Arbeiten in gefährlichen Anlagenbereichen weitgehend zu vermeiden. Mit der kostenlosen Leica-Truview-Software werden die Scandaten als Punktwolke dargestellt, diese kann für Messungen und Vergleiche mit bestehenden CAD-Modellen der Anlage herangezogen werden, selbst dann, wenn kein neues 3D-Modell erzeugt wird.

3 Die Digitale Transformation der Engineering-Prozesse kann als Katalysator fungieren, um Chemieunternehmen neue Innovationen zu ermöglichen

Die digitale Transformation der Engineering-Prozesse kann als Katalysator fungieren, um Chemieunternehmen neue Innovationen zu ermöglichen. Bild: Hexagon / shutterstock

Virtueller Rundgang im digitalen Zwilling

Durch die gemeinsame Nutzung der Bildaufnahmen, der erfassten Brownfield-Daten und der Daten aus der Punktwolke wird ein virtueller Rundgang durch die Anlage möglich und kann diese vermessen werden. Die Informationen können für eine virtuelle Darstellung der Prozessanlage genutzt und mit den vorhandenen Anlagendaten und -dokumenten verknüpft werden: So entsteht ein digitaler Zwilling.

Diese Art der datenzentrierten Umgebung basiert auf dem Konzept einer einzigen Instanz eines Objekts und der Möglichkeit, intelligente, dynamische Beziehungen – sogenannte Relationen – zu anderen Objekten aufzubauen, beispielsweise von einer Anlagenkomponente zu einem Dokument. Diese Relationen ermöglichen Anlagenbetreibern, ein granulares Abbild der Anlagen zu erstellen, ohne dass Daten mehrfach eingegeben werden müssen. Dadurch können Änderungen der Anlage verfolgt und verwaltet werden. Und zu guter Letzt ermöglichen Relationen dem Benutzer, Informationen einfach aufzufinden – „Search what you need by what you know“.

Sobald die technischen Anlagendaten konsolidiert und in hoher Qualität zur Verfügung stehen, können noch weitere, intelligente Softwarelösungen eingesetzt werden. Über einen Zero-Footprint-Web-­Client können Chemiebetreiber sicher auf kritische Anlageninformationen zugreifen – dies ist über einen einfachen Link und unabhängig von der verwendeten Plattform und des benutzten Browsers möglich und erfordert keine zusätzliche Software. In Kombination mit Augmented-Reality-Lösungen bieten Zero-Footprint-Web-Clients Chemieunternehmen einen noch nie da gewesenen mobilen Zugang zu den Echtzeitdaten ihrer Produktionsanlagen. Ist der digitale Zwilling einmal vorhanden, können weitere Arbeitsprozesse wie das Änderungsmanagement abgebildet werden. Der digitale Zwilling ist dabei die Basis für technische Daten und Dokumentation und kann als Informationsquelle für weiterführende Systeme dienen. Dazu gehören zum Beispiel Instandhaltungs- oder Inspektionssysteme oder Anwendungen im Bereich der Anlagenverfügbarkeit. Mobile Apps tragen dazu bei, Anlagenwartung und -instandhaltung effizient zu gestalten.

Großer Chemiekonzern setzt datenzentrisches Modell um

Einer der größten deutschen Chemiekonzerne hat kürzlich eine Initiative gestartet und mit der Digitalisierung seiner Produktions- und Engineering-Prozesse begonnen. Die Hauptziele des Projekts bestehen zum einen darin, eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Engineering-, Produktions- und Instandhaltungsabteilungen an den verschiedenen Produktionsstandorten des Unternehmens zu ermöglichen. Zum anderen will man von einem dokumentenzentrischen Ansatz zu einem datenzentrischen Ansatz übergehen und das Unternehmen auf eine digitale Transformation vorbereiten.

Die Strategie besteht darin, in eine einheitliche Plattform zu investieren. Auf dieser Basis kommen standardisierte Anwendungen zum Einsatz, um zusammenfassend Anlageninformationen über den Lebenszyklus hinweg zu verwalten und dem Betriebspersonal zur Verfügung zu stellen. Das Unternehmen hat sich dabei für Technologien von Hexagon PPM zum Aufbau eines vollständig digitalisierten Anlagenbetriebs entschieden.

Der erste Schritt beinhaltet das Aufsetzen einer Umgebung, um anstehende Anlagen-Investitionsprojekte des Unternehmens effizient umzusetzen. Das erfolgt auf Basis von Informationsmanagement-Lösungen von Hexagon PPM und der Möglichkeit der intelligenten Integration der Engineering- Anwendungen. In einer zweiten Phase soll diese Plattform erweitert werden, um Betriebs- und Instandhaltungsprozesse zu unterstützen und als maßgebliche Quelle für sämtliche Anlageninformationen zu dienen. Diese Phase beinhaltet zudem ein Konzept, um sämtliche vorhandene Bestandsdaten und Dokumentationen in die neue Umgebung zu übertragen. Das Ziel des Projektes ist es, die Effizienz der Anlage über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu steigern und für das digitale Zeitalter der Industrie 4.0 gerüstet zu sein.

Neue Werkzeuge für die Industrie 4.0

Die Umstellung auf Industrie 4.0 wird neue Trends für die chemische Industrie mit sich bringen. Virtuelle und Augmented-Reality-Lösungen werden zu einem zentralen Bestandteil von Schulung des Betriebspersonals werden. So können Anlagenbegehungen in gefährlichen Anlagenbereichen minimiert werden. Außerdem ermöglichen mobile Lösungen dem Betriebs- und Instandhaltungspersonal, Anlageninformationen via Tablet oder Smartphone vor Ort zu nutzen und überall in der Produktionsstätte auf die aktuellsten Informationen zuzu­greifen.
Darüber hinaus kann durch Vernetzung und Weiterentwicklung von Technologie- Instandhaltungskonzepten, wie z. B. „condition-based advanced maintenance“, chemischen Betrieben automatisierte Fehlererkennung und -vermeidung von Apparaten ermöglicht werden.

Der digitale Zwilling und der Zugriff auf Anlageninformationen sind grundlegende Voraussetzungen für weitere Schritte in Richtung Industrie 4.0 und der intelligenten, digitalen Produktionsanlage. Auch der Planungsprozess von chemischen Anlagen wird dabei positiv profitieren. Wenn Planungsingenieure jederzeit und überall auf alle relevanten und aktuellen Daten zugreifen können, verbessert dies den Entscheidungsprozess und steigert deren Effizienz.

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