Mit der Crispr-Cas9-Technologie lassen sich beliebige Gensequenzen effizient bearbeiten. Für die Entwicklung dieser Methode erhalten Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna den Chemie-Nobelpreis 2020.

Mit der Crispr-Cas9-Technologie lassen sich beliebige Gensequenzen effizient bearbeiten. Für die Entwicklung dieser Methode erhalten Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna den Chemie-Nobelpreis 2020. (Bild: Johan Jarnestad/The Royal Swedish Academy of Sciences)

Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften gab die Vergabe am 7. Oktober 2020 bekannt. Prof. Dr. Emmanuelle Charpentier stammt aus Frankreich und ist Direktorin der Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene in Berlin. Die Amerikanerin Jennifer Doudna forscht als Molekularbiologin an der University of California, Berkeley. „Ich bin überwältigt und fühle mich zutiefst geehrt, eine Auszeichnung von derartiger Bedeutung zu erhalten. Ich freue mich schon, diese Auszeichnung nun mit meinem Team, mit Familie und Freunden per Video zu feiern“, so Charpentier. „Ich denke gerade besonders an meine früheren Teammitglieder – insbesondere Elitza Deltcheva und Krzysztof Chylinski, die wesentlich dazu beigetragen haben, den Mechanismus von Crispr-Cas9 in Bakterien zu entschlüsseln, und an meine Kollegen auf dem Gebiet der Crispr-Forschung. Die Auszeichnung unterstreicht die Bedeutung der Grundlagenforschung im Bereich der Mikrobiologie.“

Beliebige Gensequenzen effizient verändern

Die Crispr-Cas9-Technologie ist ein leistungsfähiges und vielseitiges Werkzeug, um jede beliebige Gensequenz in den Zellen lebender Organismen effizient zu verändern. Crispr-Cas ist in den 2000er Jahren ursprünglich als ein adaptives Immunsystem von Bakterien und Archäen entdeckt worden, um Angriffe von Viren abzuwehren. Im Jahr 2011 veröffentlichte Charpentier, die damals an der Universität Wien und der Umeå Universität forschte, und ihr Team eine entscheidende Studie im Fachmagazin Nature, in der sie die tracrRNA – zusammen mit Crispr RNA und Cas9 – als zentrale Komponente der Aktivierung von Crispr-Cas9 im Bakterium Streptococcus pyogenes und anderen Bakterien beschrieben. Ein Jahr später konnten die Forschenden zeigen, dass Crispr-Cas9 ein Enzym ist, das aus tracrRNA und Crispr-RNA besteht und DNA sequenzspezifisch schneiden kann. Das System wurde dann zu einem präzisen Genwerkzeug entwickelt, das fehlerhafte DNA korrigieren kann, ähnlich einer Textbearbeitungssoftware, die Tippfehler in einem Dokument bearbeitet oder korrigiert. Wie genau das Crispr-Cas9-System die DNA gezielt ansteuert, sowie ein Leitfaden, wie es als vielseitiges genetisches Werkzeug zur Veränderung des Erbguts verwendet werden kann, hat Emmanuelle Charpentier 2012 zusammen mit Jennifer Doudna an der University of California, Berkeley in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

Das Gentechnikwerkzeug Crispr-Cas9 lässt sich in vielen unterschiedlichen Bereichen anwenden, darunter in der Human- und Veterinärmedizin, der Landwirtschaft sowie der Biotechnologie. Aufgrund der Vielseitigkeit und Einfachheit in der Anwendung wurde die Technologie in kürzester Zeit von der wissenschaftlichen Gemeinschaft angenommen. In der Landwirtschaft steht sie bereits in den Startlöchern zur Vermarktung. Im medizinischen Bereich wird es in den nächsten Jahren darum gehen, die Crispr-Cas9-Technologie in sichere und effektive Therapien für schwerwiegende Erkrankungen zu überführen, für die es aktuell keine Behandlungsmöglichkeiten gibt. „Ich bin wirklich verblüfft darüber, mit welcher Geschwindigkeit sich die Forschung an Crispr und möglichen Anwendungen in den letzten Jahren entwickelt hat“, erklärt Emmanuelle Charpentier. „Ich freue mich auf viele weitere Entwicklungen, besonders solche, mit denen sich schwere Erkrankungen behandeln lassen.“

Weitere Informationen zur Genschere Crispr-Cas9 und ihrer Entwicklung stellt die in der Popular Information sowie der ausführlichen Erklärung zum wissenschaftlichen Hintergrund bereit. (ak)

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