Schon das 6. Umweltaktionsprogramm der EU verfolgte das Ziel, den Bürgern leicht zugängliche Informationen über den Zustand der Umwelt zur Verfügung zu stellen, was zu einer generellen Steigerung des Umweltbewusstseins beitragen soll. Dem entsprechend haben schon das Aarhus-Übereinkommen und die zu dessen Umsetzung von der EU erlassene Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie und die Umweltinformationsrichtlinie, die inzwischen in deutsches Rest umgesetzt worden sind, die Beteiligungsmöglichkeiten der Öffentlichkeit im Genehmigungsverfahren und die Zugangsmöglichkeiten zu den Gerichten erweitert. Nun soll die Öffentlichkeit auch inhaltlich noch munitioniert werden, indem ein Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister – „PRTR“3 genannt – geschaffen wird. Dieses wird die Form einer frei zugänglichen Datenbank haben.

Dazu werden die Betreiber von Betriebseinrichtungen verpflichtet, jährlich Daten zu Freisetzungen bestimmter Schadstoffe in die Luft, in das Wasser und in den Boden sowie zur Verbringung von gefährlichen Abfällen außerhalb des Standortes sowie zur Verbringung von Schadstoffen in das Abwasser außerhalb des Standortes zu liefern.

Wer ist betroffen?

In der Pflicht sind die Betreiber von „Betriebseinrichtungen“. Als Betriebseinrichtung definiert die PRTR-Verordnung eine oder mehrere Anlagen am gleichen Standort, die von der gleichen Person betrieben werden. Im Industriepark, das einen „gleichen Standort“ in diesem Sinne darstellt, ist folglich jeder einzelne Industrieparknutzer zu einer eigenständigen Meldung verpflichtet. Er darf sich dabei durchaus vom Industrieparkbetreiber helfen lassen, der die Meldung gegebenenfalls im Namen seines jeweiligen Auftraggebers, dem Industrieparknutzers, abgibt. Es gibt indes keine zusammengefasste Meldung aller relevanten Freisetzungen und Verbringungen des gesamten Industrieparks, die der Industrieparkbetreiber alleine im eigenen Namen abgeben könnte.

Auf der anderen Seite führt die segmentierte Betrachtung der einzelnen Freisetzungen der verschiedenen Industrieparknutzer auch dazu, dass bestimmte Freisetzungen nicht zu melden sind. Das betrifft nämlich alle Schadstofffreisetzungen, die die Schwellenwerte nach Anhang II der PRTR-Verordnung unterschreiten. Dieser Anhang bestimmt für 91 verschiedene Schadstoffe bis zu drei unterschiedliche Schwellenwerte, und zwar getrennt für Freisetzungen in die Luft, für Freisetzungen in Gewässer und für Freisetzungen in den Boden.
Weitere Voraussetzung der Meldepflicht ist, dass der Betreiber eine oder mehrere der in Anhang I beschriebenen Tätigkeiten durchführt. Anhang I enthält alle wesentlichen Industriezweige, bei denen typischerweise Schadstofffreisetzungen und Schadstoffverbringungen in Form von Abwässern oder gefährlichen Abfällen auftreten. So sind etwa betroffen der Energiesektor, wo Mineralöl- und Gasraffinerien, Vergasungs- und Verflüssigungsanlagen, Wärmekraftwerke, Verbrennungsanlagen und Kokereien genannt werden, ferner die Metallherstellung und -verarbeitung, die mineralverarbeitende Industrie sowie die chemische Industrie, wo beispielsweise die industrielle Herstellung zahlreicher organischer und anorganischer Grundchemikalien sowie von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln bis hin zu Explosivstoffen erfasst sind. Meldepflichtig sind darüber hinaus Anlagen der Abfall- und Abwasserbehandlung und -beseitigung, bei Letzteren auch die kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen. Bei manchen Tätigkeiten beginnt die Meldepflicht erst dann, wenn bestimmte Kapazitätsschwellenwerte erreicht werden, so bei Industrieabwasserbehandlungsanlagen erst ab 10000m3 pro Tag. In jedem Einzelfall bedarf es also einer genauen Prüfung, wobei mehrere Anlagen, die ein Betreiber innerhalb des Industrieparks für dieselbe Tätigkeit betreibt, gemeinsam zu betrachten sind.

Form und Zeitpunkt der Berichte

Die Berichte sind jeweils bis 31. Mai des Folgejahres für die Freisetzungen und Verbringungen des Vorjahres an die nach Landesrecht zuständige Behörde abzugeben. Für das erste Berichtsjahr 2007 sieht das Ausführungsgesetz die Abgabe der Daten bis 15. Juni 2008 vor; die Frist kann auf Antrag von der Behörde bis 31.Juli 2008 verlängert werden. Die Bundesländer und der Bund haben 2007 beschlossen, eine bundeseinheitliche Software für die Meldungen zur Verfügung zu stellen. Hierzu wurde das Erfassungssystem BUBE (Betriebliche Umweltdatenberichterstattung) geschaffen; der Zugang ist kostenfrei über die Webseite bund.de möglich. Der Betreiber kann hier seine Daten online eingeben. Alternativ kann der Betreiber die BUBE-Software auch auf seinen Rechner oder in sein Firmennetzwerk übernehmen, dort die Daten eingeben und sie bequem über eine XML-Datei in BUBE online einlesen.

Die BUBE-Software umfasst neben den PRTR-Berichtspflichten auch die Berichtspflichten nach der 11.BImSchV (Emissionserklärung) und der 13.BImSchV (Feuerungsanlagen) und sie ist so ausgelegt, dass künftig weitere Berichtspflichten einbezogen werden können.
Die Berichtsdaten gelangen so zunächst zur zuständigen Landesbehörde, wo sie einer Plausibilitätsprüfung unterzogen werden. Die zuständige Landesbehörde fasst die Daten aller Betriebe des Landes zu einem Datensatz zusammen und übermittelt diesen an das Umweltbundesamt (UBA). Das UBA erstellt dazu die frei zugängliche nationale Präsentation der Datei ins Internet und vermeldet die summierten Daten an die EU. Die EU wiederum präsentiert die PRTR-Daten aller Mitgliedsstaaten im Internet.

Merkwürdigkeiten im Industriepark

Die PRTR-Verordnung und die nationalen Ausführungsvorschriften zeigen, dass die Vorschriftengeber an die besondere Situation von Industrieparks nicht gedacht haben. Sinn und Zweck der Regelungen ist es, der Öffentlichkeit einen besseren Zugang zu Umweltinformationen, speziell zu Schadstofffreisetzungen in die Umwelt, zu geben. Dieses Ziel wird im Industriepark allerdings nur unvollkommen erreicht.

Da jeder einzelne Betreiber verpflichtet ist, seine Freisetzungen und Verbringungen zu vermelden, ist jeder einzelne Industrieparknutzer verpflichtet, mitzuteilen, welche Schadstoffe er beispielsweise mit seinem Rohwasser in die Kanalisation des Industrieparks abgibt. Auch wenn es sich hierbei nicht um eine Freisetzung in die Umwelt handelt, so ist dieser Vorgang dennoch meldepflichtig, da gemäß Artikel1 Ziffer11 PRTR-Verordnung auch die im Abwasser enthaltenen Schadstoffe zu melden sind, die die Grenze der Betriebseinrichtung verlassen. Da unter Betriebseinrichtung die von der jeweiligen juristischen Person genutzten Anlagen und Grundstücke gemeint sind, entsteht die Meldepflicht bereits in dem Augenblick, in dem die Schadstoffe mit dem Abwasser den vom jeweiligen Industrieparknutzer gepachteten Teilbereich des Industrieparks verlassen. In diesem Fall findet aber noch gar kein Kontakt der Schadstoffe mit der Umwelt statt, da die Abwässer durch das Kanalsystem in die Kläranlage geleitet werden, die typischerweise vom Industrieparkbetreiber betrieben wird. Dort wird das Abwasser gereinigt. Erst der Betreiber der Kläranlage gibt dann gegebenenfalls Schadstoffe an die Umwelt ab, indem er mit dem gereinigten Abwasser Restverschmutzungen in ein öffentliches Gewässer einleitet. Als Betreiber der Kläranlage – einer weiteren Betriebseinrichtung im Sinne der PRTR-Verordnung – ist er dann verpflichtet, die am Ablauf der Kläranlage freigesetzten Schadstoffe zu melden, vorausgesetzt die Kläranlage überschreitet die Kapazität von 10000m3 pro Tag, denn nur dann unterliegt sie den Meldepflichten. Es ist unverständlich, dass eine im Jahr 2002 noch vorgesehene Sonderregelung für Industrieparks schlussendlich nicht in die Verordnung aufgenommen wurde. In der Situation von Industrieparks erfüllen die Meldepflichten also nicht in jedem Fall das Ziel, das der Verordnungsgeber mit der PRTR-Verordnung eigentlich verfolgt. Hier geben die Meldungen eher ein verzerrtes Bild der Realität wider.

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