2 Festo Motion Terminal

Beim Festo Motion Terminal ist es möglich, Leckagen per App zu orten und somit die Energieeffizienz zu erhöhen. (Bild: Festo)

  • Elektrische und hydraulische Antriebe sind in der Anschaffung und Instandhaltung teuer und die Positionserkennung durch Sensorik im Feld birgt ein hohes Ausfallrisiko. Eine Alternative dazu sind pneumatische Ventile.
  • Neue Möglichkeiten eröffnet die Digitalisierung der Pneumatik. Das Motion Terminal VTEM ist das erste Vorsteuerventil, das von Apps gesteuert wird.
  • Software in Form von Motion Apps in Kombination mit flexibler Ventiltechnik können alle Funktionen einer konventionellen Ventilinsel und die Aufgaben anderer Komponenten entlang der pneumat. Steuerkette übernehmen.

Weitere Aspekte sind Einsparungen im Engineering und Inbetriebnahme. Eine erste Pilotanwendung, die Industrie 4.0 in bestehenden Systemen umsetzt, ist die Steuerung und Überwachung von sogenannten „Fingerboards“ auf Bohrinseln.

Das Motion Terminal VTEM eröffnet der Automatisierung eine neue Dimension: Denn es ist das weltweit erste Vorsteuerventil, das von Apps gesteuert wird. Damit ersetzt zukünftig eine einzige Hardware eine Vielzahl von Funktionen, für die heute noch mehr als 50 Komponenten benötigt werden. Software in Form von Motion Apps in Kombination mit neuer, flexibler Ventiltechnik – beides im Motion Terminal enthalten – können alle Funktionen einer konventionellen Ventilinsel sowie die Aufgaben anderer Komponenten entlang der Druckluftleitung zum pneumatischen Antrieb übernehmen.

Motion Apps sorgen in der Öl- und Gasindustrie für höhere Verfügbarkeit

Zu den Eigenschaften des Motion Terminals zählen seine integrierten, intelligenten Sensoren. Dieser spezielle Aspekt steht im Mittelpunkt der Pilotanwendung für die Verwendung des VTEM im Öl- und Gasbereich. Dort werden Motion Apps zur Ansteuerung und Überwachung von pneumatisch angetriebenen Arretierungen am Fingerboard einer Ölbohrinsel eingesetzt. Das Ziel: Im Vergleich mit bestehenden Lösungen sollen eine höhere Verfügbarkeit, geringere Investitions- und Installationskosten bei gleichzeitig höherer Arbeitssicherheit erreicht werden.

Auf Bohrinseln kommt weltweit Pneumatik bei der Aufbewahrung von Bohrrohren zum Einsatz. Die Arretierung der nicht im Einsatz befindlichen Rohre wird von sogenannten „Fingern“ übernommen. Diese Finger werden durch pneumatische Zylinder im Bedarfsfall geöffnet, um Rohre für den Einsatz am Bohrloch freizugeben. Je nach Größe der Bohrinsel kann es einige Hundert solcher Arretierungen für die Fixierung der Rohre am Fingerboard geben.

Pneumatik stellt alle Alternativen in den Schatten

Elektrische und hydraulische Antriebe sind bei der Installation und Instandhaltung teurer. Das große Drehmoment, das ein hydraulischer Antrieb bietet, wird dabei zum Öffnen der Verriegelung überhaupt nicht benötigt, sondern treibt nur die Kosten nach oben. Ein elektrischer Antrieb in einer solchen Umgebung bedeutet hohe Ausgaben für ex-zertifizierte Komponenten und Verdrahtungen. Daher ist Pneumatik die zuverlässigste und kosteneffizienteste Lösung. Der Pneumatikzylinder an der Verriegelung stellt keine Zündgefahr dar – und vereinfacht so die Einhaltung des Explosionsschutzes.

Stand heute kommen meist Standardzylinder ohne extern angebaute Positionssensoren zum Einsatz. In einigen Fällen kommen Zylinder mit externen Näherungsschaltern zwar zum Einsatz, jedoch sind diese aufgrund der Umgebungsbedingungen sehr anfällig und die Ausfallwahrscheinlichkeit hoch. Der Zylindermantel besteht aufgrund der rauen und aggressiven Umgebungsbedingungen aus Edelstahl und verfügt im Innern über eine speziell beschichtete Feder und individuell angepasste Endkappen für eine einfachere Montage an der Verriegelung. Die Überwachung der Fingerposition findet oftmals über Kamerasysteme statt.

Ungeachtet der automatischen Entriegelungstechnologie entscheiden sich viele Bohrinselbetreiber für einen „Blindflug“ – ohne Sensor oder sonstige Anzeige, die ihnen mitteilt, ob sich eine Verriegelung auf einen Befehl hin geöffnet oder geschlossen hat – und falls nicht, wieso. Bei fälschlicherweise nicht geöffnetem Finger kann es zu Beschädigungen am Fingerboard bis hin zum Stillstand der Förderung kommen. Schließt ein Finger trotz Befehl nicht, kann zudem durch nicht arretierte Bohrrohre ein Sicherheitsrisiko entstehen. Die Umgebungsbedingungen für eine Problembeseitigung sind außerdem in der Regel mehr als ungünstig: Ein Arbeiter muss bis zu 26 m zum Fingerboard hinaufsteigen, um die beschädigten Verriegelungen zu suchen und das Problem zu erkennen und zu beheben. Und dies bei jeder Witterung.

Pro und contra der heutigen Lösungen

Jedes automatisierte Arretierungssystem für Verriegelungen kann mittels Sensorik oder Kamerasystem überwacht werden, sodass die Bediener im Kontrollraum sofort wissen, welche Verriegelung defekt ist und möglicherweise auch schon den Grund für diesen Defekt erfahren. Auf diese Weise kann das Personal den Betrieb einstellen, bevor das Fingerboard beschädigt wird oder sogar ein ernsthaftes Risiko für das darunterliegende Deck entsteht. Die Besatzung könnte sogar vor möglichen Problemen gewarnt werden, was es ihr ermöglichen würde, rechtzeitig und vorbeugend zu handeln, ohne die Bohrungen einstellen zu müssen. Die optische Überprüfung durch Überwachungskameras ermöglicht dem Kontrollraum, zu erkennen, ob ein Finger offen oder geschlossen ist, gibt jedoch keine Zustandsmeldung oder einen Alarm bei Fehlfunktion. Einige Betreiber installieren aus Kostengründen kein Überwachungssystem.

Bei der Pneumatik übernimmt ein Sensor auf dem Pneumatikzylinder die Überwachungsfunktion. Die Sensor- und Signalkabel zum Kontrollraum müssen robust ausgeführt sein und die Explosionsschutz-Normen erfüllen. Aufgrund der rauen Umgebungsbedingungen führt jedoch kein Weg am regelmäßigem, risikoreichen Austausch dieser Sensoren vorbei, um die Funktionsfähigkeit sicherzustellen.

Bis zu 400 Finger auf den Fingerboards großer Bohrinseln bedeuten außerdem 400 Sensoren inkl. Spezialverdrahtung, verbunden mit immensem Installationsaufwand und hohen Investitionskosten. In Anbetracht der heutzutage strengeren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Versicherungshaftung sind Lösungen gefragt, mit denen die Verfügbarkeit und Sicherheit gesteigert werden.

In einer Pilotanwendung wird das neue Motion Terminal anstelle der pneumatischen Standardlösung zur Automatisierung der Fingerboards eingesetzt. Die konventionellen Ventilinseln werden hier eins zu eins durch das Motion Terminal ersetzt. Die VTEM-Lösung ist sowohl für Neuanlagen als auch für Nachrüstungen geeignet.

Integrierte Positionserkennungsfunktion

In dieser Pilotanwendung steuert und regelt das VTEM nicht nur den Luftstrom zum Zylinder, es ist auch die Sensor- (und damit die Feedback-) Funktion für jede Arretierung integriert. Dadurch werden die Sensor-Hardware am Zylinder, die Eingangsmodule des Remote-I/O-Systems, die gesamte elektrische Verkabelung und der Aufwand für die Erstmontage eingespart. Des Weiteren entfällt ein Austausch der den Umgebungsbedingungen ausgesetzten externen Sensoren. Da der elektrische Sensor und die Verkabelung entfallen, wird eine potenzielle Zündquelle eliminiert – der Druckluftschlauch ist die einzige Verbindung zwischen der VTEM-Einheit und jedem Zylinder.

Die App zur Endpositionserkennung berechnet das Luftvolumen in jeder Druckluftzufuhr, um die Position des Fingers zu bestimmen, wodurch für jede einzelne Arretierung ein kontinuierlicher Status zurückgemeldet wird. Darüber hinaus bietet das Motion Terminal neue Möglichkeiten für die vorbeugende Wartung unter idealen Bedingungen mit dem Ziel, die Wahrscheinlichkeit einer Fehlfunktion der Arretierung signifikant zu senken. Weniger Wartungsarbeiten am Fingerboard kommen der Arbeitssicherheit und der Anlagenverfügbarkeit zugute. So wird die digitale Ventilpneumatik zu einem wichtigen Bestandteil einer guten Risikomanagement-Strategie.

Zur Technik: Motion Terminal

Beim Festo Motion Terminal sind Hardware und Softwarefunktionen getrennt. Das System nutzt eine einzige Hardware, Motion Apps definieren dabei die Funktionen. Zu den verfügbaren Apps gehören unter anderem die folgenden drei:
Diagnose Leckage: Durch separate Diagnosezyklen und definierte Schwellwerte können Leckagen individuell detektiert und lokalisiert werden.
ECO-Fahrt: Der Aktuator wird lastabhängig mit dem minimal benötigten Druck betrieben. Bei Bewegungsende kommt es also zu keinem weiteren Druckanstieg in der Antriebskammer. So kann bis zu 70 % Energie eingespart werden.
Vorgabe von Öffnungs- und Schließzeiten (Verfahrzeitvorgabe): Der Anwender bestimmt die Verfahrzeit für das Öffnen und Schließen. Die Zeiten werden eingelernt und anschließend beibehalten. Bei Einflüssen wie erhöhter Reibung durch Verschleiß adaptiert das System die Werte selbstständig. Das bedeutet weniger Inbetriebsetzungsaufwand, leichtes Umparametrieren und Stabilität im Betrieb.

www.festo.com/motionterminal

Achema 2018 Hallen 11.0 – E27 und 8.0 – C72

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