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Sicherheitsventile sind das am weitesten verbreitete Konzept zur Überdruckabsicherung. (Bild: Leser)

  • Wenn es um Absicherung gegen Überdruck geht, steht man oft vor der grundsätzlichen Wahl zwischen Sicherheitsventilen und Berstscheiben.
  • In vielen Fällen ist jedoch eine Kombination der beiden Konzepte sinnvoll, welche die Vorzüge der jeweiligen Systeme vereint.
  • Besonders interessant sind die Kombinationen für Anwendungen, in denen Immissionsvorgaben einzuhalten sind oder der Verlust von Medium sehr kritisch ist, sowie für korrosive Medien.

Beide Techniken bieten gewisse Vorzüge: Sicherheitsventile sind das am weitesten verbreitete Konzept zur Überdruckabsicherung. Dabei werden beim Überschreiten des Ansprechdruckes Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten durch Öffnen des Ventils in die Atmosphäre oder in Sammelrohrleitungen abgeleitet, um das System zu schützen und anschließend wieder zu schließen. Bei dem Großteil der weltweit installierten Sicherheitsventile handelt es sich um federbelastete Ausführungen. Der Grund hierfür ist in erster Linie das technisch relativ einfache Konzept sowie die vorhandenen Servicemöglichkeiten durch Werkstätten in nahezu jedem Teil der Welt.

Berstscheiben dagegen reagieren durch eine klar definierte Sollbruchstelle auf Über- oder Unterdruck, indem eine Einmal-Membran – die Berstscheibe – zerbirst. Sie sind im Bereich der nicht wiederverschließbaren Druckentlastungseinrichtungen die am weitesten verbreitete Lösung im Markt. Wie die Kategorisierung „nicht wiederverschließbar“ schon aufzeigt, ist dies einer der Hauptnachteile der Berstscheibe. Im Falle der Druckentlastung entweicht das zu entlastende Medium, bis der Durchfluss durch etwaige Steuerungsmaßnahmen oder vollständige Druckentlastung zum Erliegen kommt, weiter. Ein sofortiges Runterfahren und Warten der Anlage ist somit zwingend erforderlich.

Die Methode bietet jedoch auch einige Vorteile gegenüber Sicherheitsventilen: Solange die Berstscheibe nicht angesprochen hat, ist sie vollständig dicht und weist im Gegensatz zu einem metallisch dichtenden Sicherheitsventil keine definierte Leckagerate auf. Je nach Betriebsbedingungen ist ein Betriebsdruck näher am Ansprechdruck als bei federbelasteten Sicherheitsventilen möglich. Die verhältnismäßig geringe Materialmenge, welche zur Herstellung einer Berstscheibe notwendig ist, kann die Investitionskosten, speziell wenn korrosionsbeständige Materialien benötigt sind, im Gegensatz zu anderen Druckentlastungseinrichtungen deutlich reduzieren.

Einsatz für kritische Anwendungen und korrosive Medien

3 LESER SV_BS_Kombination

So sieht eine Sicherheitsventil-Berstscheiben-Kombination beispielsweise aus.

Die beiden Systeme lassen sich aber auch kombinieren. Insbesondere interessant ist die Sicherheitsventil-Berstscheiben-Kombination (SV-BS-Kombination) für kritische Anwendungen, in denen Immissionsvorgaben einzuhalten sind, oder der Verlust von Medium die Wirtschaftlichkeit gefährden würde. Hier besteht die Notwendigkeit, eine hohe Dichtheit der Druckentlastungs-
einrichtungen zu erreichen, gleichzeitig aber auch für ein Wiederverschließen im Überdruckfall zu sorgen und den Medienverlust zu begrenzen.

SV-BS-Kombinationen sind absolut dicht. Die Anforderungen der TA-Luft, in der das Umweltbundesamt für genehmigungspflichtige industrielle und gewerbliche Anlagen vorschreibt, welche Immissionswerte nicht überschritten werden dürfen, erfüllen sie problemlos. Auch die Absicherung von korrosiven Medien oder Anwendungen mit hohen Wartungsaufwendungen bei Sicherheitsventilen ist für den Einsatz einer Kombination beider Entlastungseinrichtungen interessant. Das Sicherheitsventil ist nicht über die gesamte Betriebsdauer aggressiven Medien ausgesetzt, wodurch sich der Abstand zwischen den Anlagenrevisionen verlängern lässt. Außerdem kann das Sicherheitsventil vor diesem Hintergrund in einer günstigeren Werkstoffvariante ausgeführt werden.

Nicht zuletzt ist außerdem eine Überprüfung des Sicherheitsventils in der Anlage möglich, indem der Raum zwischen Berstscheibe und Sicherheitsventil an eine externe Druckquelle angeschlossen wird. Mit Hilfe dieser Druckquelle lässt sich das Sicherheitsventil zum Ansprechen bringen und somit der Ansprechdruck überprüfen. Im Falle einer Anwendung, in welcher mit häufigen Druckspitzen oder mit größeren Temperaturschwankungen gerechnet werden muss, ist eine SV-BS Kombination jedoch nicht sinnvoll.

Installation muss verschiedenen Vorgaben entsprechen

Der Nutzen dieser Kombination ist heute aktueller denn je, weil die Anforderungen an die Dichtheit und Verfügbarkeit von Anlagen stetig steigen. Inzwischen sind die Anforderungen an die SV-BS-Kombination umfassend in den nationalen und internationalen Regelwerken beschrieben, so beispielsweise im AD 2000 A1 (Regelwerk der Arbeitsgemeinschaft Druckgeräte), in der ISO
4126-3 (Internationale Organisation für Normung) sowie der ASME BPVC VIII (American Society of Mechanical Engineers).

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten der Anwendung einer Kombination: Zum einen die generelle Anwendung einer Kombination ohne individuelle Zertifizierung, bei der die Reduzierung der Ausflussziffer des Sicherheitsventils um den Faktor 0,9 vorgeschrieben ist. Zum anderen ist es die Verwendung einer zertifizierten Kombination mit validierten Funktions- und Leistungswerten. Die Voraussetzung an die zertifizierte Kombination ist, dass der Einfluss der Berstscheibe auf die Sicherheitsventil-Ausflussziffer kleiner als 3 % sein muss. Der Ansprechdruck des Sicherheitsventils und der Berstdruck der Berstscheibe müssen aufeinander abgestimmt werden: Der Ansprechdruck des Sicherheitsventils muss dem minimalen Berstdruck der Berstscheibe entsprechen. Der Berstdruck ist dabei aufgrund der physikalischen Werkstoffeigenschaften stark abhängig von der Betriebstemperatur.

Außerdem wird eine Zwischenraumüberwachung für den Bereich zwischen Berstscheibe und Sicherheitsventilsitz benötigt. Diese muss zwei Aufgaben erfüllen: Sie muss erstens anzeigen, dass die Berstscheibe angesprochen hat, und zweitens den Raum zwischen Berstscheibe und Sicherheitsventilsitz belüften. Ohne Belüftung könnte sich in diesem abgeschlossenen Raum aufgrund von Temperaturschwankungen ein Über- oder Unterdruck einstellen, der den Berstdruck der Berstscheibe beeinflusst.

Um für Sicherheit im Prozess zu sorgen, gelten klare Anforderungen, wie Sicherheitsventile und Berstscheiben in Kombination zu konstruieren und auszulegen sind: So sollten für die Berstsicherungen vor Sicherheitsventilen nicht fragmentierende Berstelemente zum Einsatz kommen. Der Abstand beziehungsweise das Volumen zwischen Berstsicherung und Sicherheitsventil muss so gewählt werden, dass ein korrektes Öffnen des Berstelementes sichergestellt ist. Dieser Zwischenraum zwischen den beiden Sicherheitseinrichtungen muss belüftet werden. Es ist außerdem eine Einrichtung vorzusehen, die eine Undichtheit der Sicherheitseinrichtungen sowie ein Ansprechen des Berstelementes erkennen lässt. So konstruiert führt dann auch der Einfluss der Berstscheibe zu keinem Strömungsverlust, der sich auf die zuerkannte Ausflussziffer des Sicherheitsventils auswirkt. Dadurch lässt sich die Kombination wie ein normales Sicherheitsventil auslegen.

Wartungsfrei und nachrüstbar

Die in den SV-BS-Kombinationen von Leser verwendeten Berstscheiben sind grundsätzlich wartungsfrei. Um jedoch ein unbeabsichtigtes Bersten beziehungsweise Undichtigkeiten in Folge von Beschädigungen, Verschleiß oder Korrosion zu verhindern, ist mindestens einmal jährlich eine optische Inspektion sinnvoll.

Daneben bieten neue Herstellungsverfahren einiger Berstscheibenhersteller immer engere Toleranzen beim Berstdruck sowie neue Berstgeometrien mit einem präzisen, fragmentationsfreien Öffnen. Die Optimierung der Baulänge der beiden Komponenten auf Basis neuer Berstgeometrien ermöglicht zudem den Austausch des Sicherheitsventils durch eine Kombination ohne Anpassung der Verrohrung, weil sich so gleiche Schenkelmaße realisieren lassen. Somit ist eine nachträgliche Installation in bestehenden Anlagen, die sich erst im laufenden Betrieb als kritisch hinsichtlich Dichtheit, Korrosion oder Wartung erwiesen haben, ohne Änderungen am Rohrleitungssystem möglich.

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